Recycelt ins All
Wiederverwendbare Technik könnte die Raumfahrt deutlich kostengünstiger machen. Was beim Space Shuttle nie so richtig klappte, soll nun bei neuartigen Raketen funktionieren.
- Jeff Foust
Wiederverwendbare Technik könnte die Raumfahrt deutlich kostengünstiger machen. Was beim Space Shuttle nie so richtig klappte, soll nun bei neuartigen Raketen funktionieren.
Seit Jahrzehnten schon versuchen Luft- und Raumfahrtfirmen sowie Weltraumbehörden in aller Welt, Trägersysteme wiederverwendbar zu machen. Eine solche Technik, die Dutzende oder gar Hunderte Male eingesetzt werden könnte, würde die Wirtschaftlichkeit des Fliegens in den Orbit revolutionieren, die Kosten pro Startversuch würden deutlich sinken. Die NASA versuchte sich daran bereits mit dem Space Shuttle, scheiterte dabei aber grandios – Kosten sparte die komplexe Technik nie. Nun versuchen sich zwei prominente kommerzielle Weltraum-Unternehmen erneut an der Idee.
Elon Musk, Chef des Raumfahrtunternehmens SpaceX, kündigte an, man werde eine vollständig wiederverwendbare Variante seiner Falcon-9-Rakete bauen. Das erstmals im vergangenen Jahr gestartete Trägersystem hat zwei Stufen und ist dafür gebaut, Satelliten ins All zu bringen – und, in einem zweiten Schritt, Fracht und Crew-Fahrzeuge für die Internationale Raumstation ISS. "Das ist ein sehr schwer zu lösendes technisches Problem, von dem ich lange nicht sicher war, ob wir es bewältigen würden", räumte Musk ein. Allerdings habe sich kurzfristig, in den letzten 12 Monaten, ein Fortschritt ergeben. "Seither weiß ich, dass wir es versuchen können."
Das Space Shuttle der NASA ist bislang das einzige wiederverwendbare Trägersystem, das erfolgreich flog. Doch weder die Startfrequenz noch die Kosten konnten überzeugen. Ursprünglich sollte das Shuttle 50 Missionen im Jahr fliegen – zu Preisen von 10,5 Millionen Dollar pro Flug. Heraus kamen weniger als fünf Einsätze in 12 Monaten bei laufenden Kosten, die das 20-Fache betrugen.
Der Ansatz von SpaceX ist nun, die beiden Stufen der Falcon 9 in unabhängige Raumfahrzeuge zu konvertieren, damit sie zum Startpunkt zurückkehren können. Die erste Stufe soll nach der Trennung ihre Motoren neuerlich anwerfen, um sie dann zum Boden zurück zu steuern. Ausfahrbare Beine helfen bei der vertikalen Landung. Die obere Stufe, die den von SpaceX für sein Raumfahrzeug Dragon entwickelten Hitzeschild enthält, soll nach Aussetzen ihrer Ladung wieder in die Erdatmosphäre eintreten. Auch hier soll der Raketenmotor eine vertikale Landung ermöglichen.
Musk kann auf entsprechende Entwicklungsarbeit verweisen. Ein Experimentalflugkörper namens "Grasshopper" wurde entwickelt, um die Landetechnik zu testen. Er besteht aus der ersten Stufe einer Falcon 9 mit einem einzelnen Raketenmotor und Beinen, die vertikale Landemanöver und Starts erlauben. Details zu Grasshopper wurden bekannt, nachdem SpaceX im September das System bei der US-Luftfahrtbehörde FAA anmeldete.
"Mit Grasshopper setzen wir unseren Weg hin zur Wiederverwendbarkeit fort", sagt SpaceX-Präsidentin Gwynne Shotwell. Erste Testflüge in geringen Höhen sollen bereits Anfang 2012 starten, eine Experimentallizenz sei beantragt.
SpaceX ist nicht die einzige Firma, die an wiederverwendbaren Trägersystemen arbeitet. Blue Origin, ein Raumfahrt-Start-up, das von Amazon-Chef Jeff Bezos gegründet wurde, bekam Geld von der NASA, um ein Raumfahrzeug zu entwickeln, das mit bestehenden Raketen ins All geschossen werden kann, etwa mit der Atlas V.
Später soll diese Technik dann durch ein eigenes, wiederverwendbares System ersetzt werden. Ein Teil der 22 Millionen Dollar, die Blue Origin im Rahmen des "Commercial Crew Development"-Programms der NASA erhalten ist, ist dafür vorgesehen.
"Wir beabsichtigen, unsere eigenen, wiederverwendbaren Trägersysteme zu nutzen, um unser Raumfahrzeug ins All zu befördern. Das sollte alles viel günstiger machen", meint Rob Meyerson, Programmmanager bei Blue Origin. Entwicklungstermine und technische Details stehen derzeit noch aus, doch die Finanzierung der NASA und die Unterstützung von Jeff Bezos lassen den Plan zumindest denkbar erscheinen.
Es ist allerdings nicht das erste Mal, das Firmen sich für wiederverwendbare Trägersysteme interessieren. In den späten 90er Jahren versuchten sich Unternehmen wie Kistler Aerospace und die Rotary Rocket Company an ähnlichen Projekten, scheiterten aber.
Doch diesmal scheint die Sache anders. Raumfahrtberater Charles Lurio glaubt, die heutigen Firmen seien weiter als ihre Vorgänger. Das gelte auch für die Flugtechnik. "Es gibt diesmal eine vernünftige Chance. Aber natürlich existiert dafür keine Garantie." (bsc)