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Revolution nach der Elektroauto-Revolution

Jamie Condliffe

Elektroautos und autonom gelenkte Fahrzeuge bedeuten eine Revolution in der Automobilindustrie. Doch als Folge davon dĂŒrfte sich auch die Gesellschaft grundlegend verĂ€ndern.

Elektroautos werden gut fĂŒr den Planeten sein und autonome Autos die Zahl der UnfĂ€lle auf den Straßen verringern. So viel scheint sicher. Aber was fĂŒr Folgen wird die kommende Automobil-Revolution noch mit sich bringen?

Zuerst zwei kleine EinschrĂ€nkungen: Ohne staatliche Anreize dĂŒrfte die Verbreitung von Elektroautos in den USA nur langsam vorankommen, und die erste Welle von autonomen Autos könnte sich als wenig ĂŒberzeugend erweisen [1]. FrĂŒher oder spĂ€ter aber dĂŒrften sich diese Technologien durchsetzen, denn Autohersteller und Technologieunternehmen arbeiten mit Hochdruck daran [2].

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Weniger sicher ist, wie sie die Welt verĂ€ndern werden. Benedict Evans, Partner bei der Wagniskapitalfirma Andreesen Horowitz und erfahren in der Analyse von Technologietrends, hat jetzt einige Überlegungen dazu veröffentlicht. In einem Blog-Beitrag [6] beschreibt er Auswirkungen zweiter und dritter Ordnung der Disruption, die sich auf unseren Straßen ereignen wird. Demnach wĂŒrden die neuen Auto-Technologien zu einer grundlegend anderen Zukunft fĂŒhren.

Nehmen wir die Elektrifizierung. Bekannt ist, dass der Verzicht auf Verbrennungsmotoren [7] positiv fĂŒr die Umwelt wĂ€re. Doch wie Evans erklĂ€rt, wird sich darĂŒber hinaus viel verĂ€ndern, wenn die Infrastruktur fĂŒr Spritschlucker verschwindet: Viele WerkstĂ€tten werden nicht mehr gebraucht, weil sie bislang vor allem mit Motoren zu tun haben. Auch Tankstellen verlieren zum Teil ihre Existenzberechtigung – und was wird dann aus den SupermĂ€rkten, die in ihnen zu finden sind, und aus den 50 Prozent der Zigaretten-VerkĂ€ufe, die in den USA bislang an Tankstellen erfolgen? Welche Elektroautos diesem Markt gefĂ€hrlich werden könnten, zeigt die Bilderstrecke.

Elektroautos fĂŒr den Massenmarkt (0 Bilder) [8]

[9]

Bei autonomen Autos wiederum erklĂ€rt jedes Unternehmen in dieser jungen Branche bereitwillig, dass es mit ihnen weniger UnfĂ€lle geben wird als mit von Menschen gelenkten [10]. Doch selbstfahrende Autos haben noch mehr Vorteile, als nur Personen von A nach B zu bringen: Sie können anschließend an Orten parken, die fĂŒr menschliche Passagiere zu unbequem wĂ€ren, und kommen zum Abholen, wenn sie wieder gebraucht werden. Das bedeutet: Riesige FlĂ€chen in InnenstĂ€dten, die derzeit als ParkplĂ€tze dienen, könnten eine neue Verwendung bekommen. Der Immobilienmarkt wird dadurch möglicherweise auf den Kopf gestellt.

Dies sind nur einige der von Evans angefĂŒhrten Beispiele, und es gibt noch viele weitere. Auch auf die Strombranche könnten bedeutende Änderungen zukommen, wenn Haus-Solarsysteme zum Aufladen von Elektroautos das Problem der Nachfragespitzen lösen helfen. Außerdem wĂŒrden autonome Autos, die schneller und mit weniger Abstand zueinander fahren, lĂ€ngere Entfernungen fĂŒr das Pendeln zur Arbeit realistisch machen. Und auch beim Nahverkehr ist mit enormen Verschiebungen zu rechnen, wenn bei Bedarf verfĂŒgbare autonome Fahrzeuge die Grenzen zwischen Autos, Taxis und Bussen verschwinden lassen.

Wirklich interessant aber ist die Kombination aus all diesen Entwicklungen. In LĂ€ndern ohne Tankstellen und Innenstadt-ParkhĂ€user, in denen on-demand-Fahrdienste [11] dem öffentlichen Nahverkehr Konkurrenz machen und es keine UnfĂ€lle mehr gibt, wird die urbane Landschaft neu definiert. In Europa sind die meisten StĂ€dte Jahrhunderte Ă€lter als Autos, so dass sie so gebaut wurden, dass sie sich fĂŒr FußgĂ€nger eignen. Dieses Prinzip könnte zurĂŒckkehren. Amerikanische StĂ€dte wiederum wurden um Autos herum entworfen [12]. Das bedeutet, dass sie sich in Zukunft stark verĂ€ndern könnten.

Letztlich könnte die Revolution bei Auto-Technologie, wenn sich Evans' Szenarien bewahrheiten, also nicht die Autos grundlegend verÀndern, in denen wir fahren, sondern auch unser ganzes Umfeld.

[11.4.2017, 11.30 Uhr: Update der Bilderstrecke um des Model 3 von Tesla. (jle)]

(sma [13])


URL dieses Artikels:
https://www.heise.de/-3675648

Links in diesem Artikel:
[1] https://www.technologyreview.com/s/602210/prepare-to-be-underwhelmed-by-2021s-autonomous-cars/
[2] https://www.technologyreview.com/s/538446/rebooting-the-automobile/
[3] https://www.heise.de/hintergrund/USA-E-Autos-auf-der-Kriechspur-3654330.html
[4] https://www.heise.de/hintergrund/Post-aus-Japan-Eine-zuendende-Idee-3593587.html
[5] https://www.heise.de/hintergrund/Akku-vs-Brennstoffzelle-Studie-berechnet-Kosten-und-Emissionsbilanz-3490829.html
[6] http://ben-evans.com/benedictevans/2017/3/20/cars-and-second-order-consequences?utm_source=MIT+Technology+Review&utm_campaign=152aff0c09-The_Download_2017-03-30&utm_medium=email&utm_term=0_997ed6f472-152aff0c09-153925993
[7] https://www.heise.de/hintergrund/Der-grosse-Diesel-Boykott-3568870.html
[8] https://www.heise.de/bilderstrecke/1912957.html?back=3675648;back=3675648
[9] https://www.heise.de/bilderstrecke/1912957.html?back=3675648;back=3675648
[10] https://www.heise.de/hintergrund/Undurchschaubare-Autopiloten-3264689.html
[11] https://www.heise.de/hintergrund/Fahrdienste-Treffpunkt-Auto-3223516.html
[12] https://www.heise.de/hintergrund/01-3629603.html
[13] mailto:s.mattke@gmail.com