Robert Lemke im Interview zu FLOW3

Seite 2: Pilotprojekte & weitere Entwicklung

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heise Developer: Du hattest in deiner Session ein paar Pilotprojekte angedeutet, die FLOW3 bereits einsetzen würden. Welche Art Projekte sind das?

Robert Lemke: Das eine ist ein großer Konzern in Deutschland, dessen Kundendatenbank über verschiedene Endpunkte (Webseiten, Web Services) bedient wird. FLOW3 ist hier der zentrale Punkt der Kundendatenbank und versorgt als Middleware die ganzen Systeme mit den nötigen Informationen. Es soll auch für einen anderen bekannten Konzern ein Projekt auf Basis von FLOW3 geben – das ist eigentlich auch das, was ich erwartet habe, dass es eher die großen Projekte sind, die FLOW3 als erste nutzen, da sie ohnehin viel eigenen Code brauchen und wenig Content-Management am Anfang.

heise Developer: Auch weil sie Themen wie Dependency Injection noch aus ihrem Java-Umfeld kennen?

Robert Lemke: Ja. Es gibt tatsächlich viele Java-Entwickler, die jetzt in Firmen arbeiten, in denen im PHP programmiert wird – weil sie einfach mal etwas Cooles machen wollten. Und andererseits suchen sie nach etwas, von dem sie spüren, das es Hand und Fuß hat, was Architektur und dergleichen angeht. Die finden das besonders schick, klar.


"Für die Zukunft planen wir schon, auch Änderungen am API vorzunehmen. Die Möglichkeit muss man haben."


heise Developer: Was auch interessant ist, da man gerade bei Archtitekturthemen oft genug hört, PHP sei etwas gruselig, lasst uns doch lieber auf Java oder C# zurückgreifen.

Robert Lemke: Ich glaube schon. Ich hatte in San Francisco diese Erfahrung mit Jez Humble von ThoughtWorks – er arbeitet mit vielen meiner Idole zusammen, wie Martin Fowler und anderen, die diese ganze Agile-Geschichte mit geprägt haben. Er hatte sich FLOW3 angeguckt und meinte, es sei tatsächlich durchschaubarer Code, der da herauskommt – und trotzdem PHP.

heise Developer: Nun ist FLOW3 ja noch in der Entwicklung – wie reagieren die Projekte, die es bereits verwenden, auf Veränderungen an der Codebasis?

Robert Lemke: Ich würde sagen, wir haben bestimmt vier, fünf Mal den kompletten Code umgeschrieben, und das API hat sich erstaunlich wenig geändert. Gerade dadurch, dass es so wenig Kontaktpunkte zum eigentlichen Code gibt, den man entwickelt – zum Beispiel die Domain Models, da gibt es null Abhängigkeiten zum System; vielleicht ein paar Kommentare, aber keine Klassen aus dem System, die direkt verwendet werden – konnten wir die grundlegenden Konventionen immer beibehalten, sodass die Anpassungen gar nicht so schlimm waren.

Für die Zukunft planen wir schon, auch Änderungen am API vorzunehmen. Die Möglichkeit muss man haben. Wir wollen das dann aber gut kommunizieren und die passenden Migrationstools immer beilegen, die deinen Code analysieren und das API kontrolliert anpassen.

heise Developer: Ist schon absehbar, was ihr später noch nachreichen wollt, nachdem ihr FLOW3 1.0 veröffentlicht habt?

Robert Lemke: Klar, eine ganze Menge. Schwerpunkte für die Versionen 1.1 und 1.2, das steht schon fest, sind einmal allgemein die Performance und als Zweites das Package Repository – so etwas wie das Extension Repository für TYPO3, unserem Marktplatz für Extensions. Es ist ganz wichtig, dass es das für FLOW3 auch gibt. Die Localization haben wir zu etwa 90 Prozent schon fertig, aber uns fehlt noch das Gesamtkonzept, da Lokalisierung in so viel Aspekte reingeht – man will Objekte übersetzen, Labels, aber auch URLs und so weiter – da wollen wir, dass das Konzept erst steht, bevor wir damit herauskommen.

heise Developer: Wo kommen die Ideen, wo kommt die Entwicklung bei euch her?

Robert Lemke: Die grundlegenden Ideen kommen eigentlich nicht aus der gemeinen Agentur, eher die Anforderungen. Hier war es wichtig, ein paar Leute zu finden, mit denen man sich gut darüber unterhalten kann. Die das Gefühl teilen, man müsste die Architektur noch einen Tick professioneller aufbauen und bestimmte Muster umsetzen.


"Ich bin aber auch froh, wenn es zwar gemächlich, und dafür dann gut losgeht. Was wir wahrscheinlich nicht bewältigen könnten, wäre ein riesiger Hype."


heise Developer: Wie viele Leute seit ihr etwa?

Robert Lemke: Im TYPO3-Phoenix-Team sind wir etwa 14 Personen, bei FLOW3 sind es rund elf Entwickler, die wirklich aktiv am Framework arbeiten, und dann gibt es noch den Dunstkreis der Early Adaptors.

heise Developer: Wen sollte man unter anderem im Auge behalten, um FLOW3-technisch auf dem Laufenden zu bleiben?

Robert Lemke: Wir haben uns jeweils etwas im Team spezialisiert, einer ist für die Security, einer für das Routing etc. verantwortlich. Zum Launch der Version 1.0 werden wir die Webseite noch einmal neu machen, da sind die Core Team Member mit Twitter-Account und mehr zu finden. Ansonsten – klar, man muss den allen folgen. Prinzipiell gibt es einen FLOW3-IRC-Channel (#flow3 auf irc.freenode.net), wo wir alle mit drinnen sind und bei Fragen weiterhelfen, eine Mailingliste und so weiter.

heise Developer: FLOW3 dürfte für viel Rummel sorgen, am Anfang ...

Robert Lemke: Glaube ich auch. Ich bin aber auch froh, wenn es zwar gemächlich, und dafür dann gut losgeht. Was wir wahrscheinlich nicht bewältigen könnten, wäre ein riesiger Hype. Nimm zum Beispiel Symfony 2, die haben im letzten Monat um die 50 Committer gehabt – ich weiß nicht, ob das hilft. Es ist toll, eine ganze Menge Leute zu haben, aber das wünsche ich mir jetzt am Anfang gar nicht. Zur Not hätten wir mit TYPO3 natürlich schon die Erfahrung, wie das funktionieren wird mit ganz vielen Entwicklern, wenn es sein muss, ginge das schon.