Satellit zum Sparpreis

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Seinen ersten Testlauf unter Weltraumbedingungen wird das Gerät an Bord des Kleinsatelliten TechnoSat absolvieren – darin noch als einzelne Komponente. Er soll 2015 ins All starten. Ist der Test erfolgreich, wollen die Forscher das Gerät in eine Satelliten-Außenwand integrieren. "Einen FDA kann man sehr flach bauen und daher auch gut in einer dünnen Wand unterbringen", sagt Noack. "Das schafft im Satelliteninnern mehr Platz für Nutzlast, und das ist bei Kleinsatelliten besonders wichtig."

Aber auch dieser Schritt ist noch lange nicht das Ende der Entwicklung. Die Berliner wollen nicht nur möglichst viele Sensoren in ihren Wunderwerken unterbringen. Sie wollen darüber hinaus viele dieser Winzlinge zu einem Schwarm zusammenschalten. So könnten funktionelle Einheiten entstehen, die die Fähigkeiten einzelner Großsatelliten noch übertreffen. S-Net heißt das Projekt, geleitet von Zizung Yoon. Der 32-jährige Raumfahrttechniker arbeitet in einem verwinkelten Eckzimmer an der TU Berlin. Gerade beugt er sich über einen schwarzen Kasten in der Größe eines kleinen Koffers. Er steckt Ethernetkabel in Schnittstellen, schließt ein Strommessgerät an und schaltet Desktop-Rechner ein. Nun kann Yoon die Kommunikation eines Netzwerks aus Satelliten untereinander und mit einer Bodenstation simulieren.

Bei S-Net geht es darum, für einen Schwarm von Kleinsatelliten ein intelligentes Kommunikationsnetzwerk aufzubauen, innerhalb dessen die einzelnen Satelliten autonom entscheiden, welches der beste Weg ist, Daten untereinander sowie von und zu Bodenstationen zu übertragen. "So etwas funktioniert bisher nur im Bereich von größeren Satelliten-Netzwerken", sagt Zizung Yoon. "Für den Bereich von Satelliten bis zehn Kilogramm ist das völlig neu."

Um das zu bewerkstelligen, entwickelten die Raumfahrttechniker zusammen mit der Berliner Firma IQ wireless ein komplett neues Kommunikationsterminal. Der Mini-Funktransceiver – also das Sende- und Empfangsgerät – ist nur wenig größer ist als eine Zigarettenschachtel. "Es ging darum, ein Terminal mit einem sehr sparsamen Stromverbrauch zu bauen, das trotz geringer Sendeleistung die Kommunikation in einem Netzwerk von sich bewegenden Satelliten über eine gewisse Entfernung gewährleistet", sagt Yoon. Voraussichtlich Mitte 2016 sollen vier oder fünf S-Net-Satelliten zu Testzwecken ins All starten.

Funktioniert die Schwarmbildung mit den Nanosatelliten, sind viele Anwendungen denkbar. "Sie könnten zur Erd- und Atmosphärenbeobachtung eingesetzt werden, zum Katastrophenschutz, zum Beispiel zur Tsunami-Früherkennung, oder zum Austausch von Textbotschaften wie E-Mails, und das auch noch sehr kosteneffektiv, denn ein Schwarm Kleinsatelliten kostet unter Umständen weniger als ein einziger großer Satellit."

Was dann noch fehlt, ist die Kommerzialisierung. Um die Lücke zu schließen, fördert das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt die meisten Raumfahrtprojekte an der TU Berlin. "Wenn Firmen neuartige kommerzielle Raumfahrtkomponenten bestellen, dann wollen sie meistens, dass die schon mal geflogen sind", erläutert Christian Nitzschke von der DLR-Abteilung Raumfahrttechniksysteme. "Für diese On-Orbit-Verifikation eignen sich Kleinsatelliten sehr gut." Nach Ansicht von Robert Twiggs, dem Erfinder des CubeSat-Standards, schöpfen die Berliner dieses Potenzial noch lange nicht aus.

"Manche ihrer Technologien sind unglaublich fortschrittlich im Vergleich zu dem, was andere mit Kleinsatelliten machen", sagt der Raumfahrttechniker, der gegenwärtig an der Morehead State University in Kentucky lehrt. "Warum vermarkten sie das nicht besser? Hätten sie das vor zehn, fünfzehn Jahren konsequenter gemacht, dann wäre die gesamte Raumfahrtindustrie jetzt viel weiter." (bsc)