Schmutzige Bomben als Psycho-Waffe

Seite 2: Schmutzige Bomben als Psycho-Waffe

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Um die Details zu verstehen, muss man sich den Aufbau einer schmutzigen Bombe ansehen, wie sie Padilla bauen wollte. Ich wähle einmal die gleiche Menge radioaktiven Materials wie in Goiania: 1400 Curie Cäsium-137. Strahlenschäden werden in der Einheit Rem gemessen. Wenn man einen Meter von der Strahlenquelle entfernt steht, absorbiert man 450 Rem in weniger als einer Stunde. Das nennt man dann LD50 - was für eine tödliche Dosis (Lethal Dosis) von 50 Prozent steht. Unbehandelt hat man also eine Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent, dass man in den nächsten paar Monaten aufgrund dieser Strahlung stirbt.

Wenn man nun die 1400 Curie über eine größere Fläche verteilt, beispielsweise eine Gegend von einem Quadratkilometer, erhält man 1,4 Millicurie pro Quadratmeter. Das entspricht einer Dosis von 140 Rem pro Jahr und Einwohner. Strahlenkrankheiten verteilen sich allerdings nichtlinear: Wenn man sich länger der Strahlung aussetzt, wächst die lethale Dosis um die vierte Wurzel der Zeit. Das entspricht 1250 Rem für eine einjährige Belastung oder auch 2500 Rem nach 16 Jahren. 140 Rem im Jahr reichen also nicht unbedingt aus, um die Strahlenkrankheit hervorzurufen - nicht einmal, wenn man sich 10 Jahre lang 24 Stunden am Tag in einem belasteten Bereich aufhält.

Radioaktive Verseuchung lässt in diesem Fall also nach, wenn sie gewissermaßen verdünnt wird. Es würde keine Toten am Ort des Geschehens geben - außer jemand stirbt aufgrund der Explosion selbst. Deshalb hat wohl auch die Al Quaida Jose Padilla befohlen, seinen Plan mit der schmutzigen Bombe aufzugeben und stattdessen an einer Gasexplosion zu arbeiten.

Aber selbst eine schmutzige Bombe ohne direkte Opfer könnte zu nuklearer Panik führen - weil die Bevölkerung fürchtet, auf lange Sicht an Krebs zu sterben. Für eine Dosis im 100-Rem-Bereich steigt die Krebswahrscheinlichkeit um 0,04 Prozent pro Rem - das zeigen historische Daten. Die Wahrscheinlichkeit, Krebs zu bekommen, steigt also um 6 Prozent für jedes Jahr, in dem man sich in unserem Beispiel-Quadratkilometer aufhält. Würde sich die Radioaktivität über ein größeres Gebiet verteilen, also beispielsweise ein 10 mal 10 Kilometer großes Quadrat, würde die Dosis noch geringer sein: 12,6 Rem pro Jahr. Das Krebsrisiko sinkt dann auf 0,06 Prozent pro Jahr im verstrahlten Gebiet; dabei habe ich konservativ gerechnet und vorausgesetzt, dass das Risiko proportional zur Dosis ist - sogar bei kleinen Dosen.

Würde ich bei einer solchen Dosis mein Heim verlassen? Nicht, wenn ich nicht muss. Das Durchschnittsrisiko, Krebs zu bekommen, liegt bei 20 Prozent. Ein um 0,06 Prozent höheres Risiko, also 20,06 Prozent, ist nicht signifikant.

Man würde mir allerdings keine Wahl lassen und mich trotzdem evakuieren. 12,6 Rem pro Jahr liegt 126 Mal über dem in den USA zulässigen Grenzwert. Die US-Umweltbehörde entseucht bis hinunter auf 0,025 Rem pro Jahr - 98 Prozent der Radioaktivität müsste also entfernt sein, bevor ich zurück nach Hause dürfte.