Schnelltest für Hybrid-Batterien

Vielversprechende neue Akkutechnologien kommen erst nach langwierigen Experimentalphasen auf den Markt. Ein neues Prüfverfahren soll sie abkürzen.

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Von
  • Kevin Bullis

Vielversprechende neue Akkutechnologien kommen erst nach langwierigen Experimentalphasen auf den Markt. Ein neues Prüfverfahren soll sie abkürzen.

Die moderne Akkutechnik ist ein Forschungsfeld, das viel Ausdauer verlangt: Es kann Jahre dauern, bis ein Hersteller eine neue Batteriechemie so weit ausentwickelt hat, dass sie tatsächlich ein Fahrzeugleben lang in einem Hybrid- oder Elektroauto hält. Gefragt sind Akkuzusammensetzungen, die weniger kosten und mehr Energie speichern als ihre jeweiligen Vorgänger.

Eine neue Methode zum Test von Lithium-Ionen-Batterien soll die Entwicklungszeit nun deutlich reduzieren – von Jahren auf Wochen, wie ihr Erfinder meint. Ein zentraler Flaschenhals in der Batterieforschung soll so wegfallen.

Jeff Dahn, Physik- und Chemie-Professor an der Dalhousie University in Kanada, hat dazu ein sehr genaues Prüfverfahren entwickelt, das misst, wie effizient experimentelle Batterien eine elektrische Ladung aufnehmen und wieder abgeben können. Daraus lassen sich dann zwei wichtige Kriterien vorhersagen – die Anzahl möglicher Auflade- und Endladevorgänge (Cycle Life) und die Haltbarkeit der Batterie an sich (Calendar Life). Beide Werte bestimmen, wie praktisch nutzbar eine neue Batteriechemie ist, wie viele Akkupacks für die gewünschte Leistung in ein Auto eingebaut werden müssen und wie lange die Zellen letztendlich überleben.

Dahns Technik stößt bereits auf Interesse der Autohersteller, die derzeit dabei sind, sie zu validieren und auch einzusetzen – besonders zur Vorhersage des Cycle Life. Wichtiger noch ist die Einsetzbarkeit in der universitären Forschung, wo sowieso weniger Ressourcen zur Verfügung stehen als in der Industrie. "Wir halten dieses Verfahren für sehr nützlich", meint etwa Masaki Matsui, Leiter der Abteilung für Materialforschung beim Toyota-Forschungsinstitut für Nordamerika. Der Test erlaube eine schnelle Identifizierung von Problemen bereits früh im Entwicklungsstadium einer neuen Batterie. Geeignete Kombinationen aus Elektroden und Elektrolyten seien so schneller zu finden.

Bei der Batterieentwicklung kann nämlich einiges schief gehen. Die wichtigste Erkenntnis aus Dahns Forschung deshalb: Es ist möglich, mit nur einem einzelnen Test zahlreiche Probleme frühzeitig zu erkennen. Dabei werden die Unterschiede zwischen der Ladungsmenge, die in die Batterie geleitet wird, und der Ladungsmenge, die beim Entladen zur Verfügung steht, untersucht – man nennt dies auch den Ladenutzeffekt. Wenn deutlich weniger Ladung herauskommt, als beim Aufladen eingesetzt wurde, gab es vermutlich unerwünschte chemische Reaktionen in der Batterie, die Energie verbrauchen. Und dieser Energieverlust schaukelt sich hoch: Nach weiteren Lade- und Entladezyklen wird er stärker, bis die Batterie fast ihre gesamte Speicherfähigkeit verliert.

Dahns Erfindung besteht aus einem Ladesystem, das sehr geringe Ladungsverluste ermitteln kann. Damit dauert es nur wenige Wochen, bis die Präsenz lebensverkürzender Reaktionen in der Batteriechemie deutlich wird – zuvor konnte das Jahre dauern. Dahn konnte mit seiner Technik bereits kleine Veränderungen der Batteriechemie erkennen, die das Cycle Life einer Akkuart um das Sechsfache erhöhten.

Solche genauen Prüfverfahren waren nicht notwendig, solange Lithium-Ionen-Batterien fast ausschließlich für tragbare Elektronik eingesetzt wurden, die nur ein paar Jahre halten musste. Heutige Batterien sollen jedoch Elektroautos genauso antreiben wie zur Speicherung von Sonnenstrom dienen – und das 10, 20 oder noch mehr Jahre. Bei solchen Zeiträumen hilft jedes Stückchen Effizienz.

Hinzu kommt, dass Hersteller und Forschung mittlerweile mit einer stetig komplexer werdenden Zusammensetzung an Elektrolyt-Cocktails arbeiten. Jeder neue Bestandteil kann die Batterielebensdauer verändern. "In Elektrolyten stecken heute 10 oder mehr Komponenten. Wenn man da dann noch etwas ergänzt und es testen will, wird das schnell zum Alptraum", sagt Dahn. Konventionelle Messverfahren seien nicht mehr ausreichend. "Es ist schwer zu erkennen, ob eine Veränderung gute oder schlechte Konsequenzen hat, wenn die dafür notwendigen Tests länger dauern als die eigene Karriere." Wer den Ladenutzeffekt akkurat messen könne, habe ein Problem womöglich bereits nach Wochen erkannt.

Mark Mathias, Leiter des elektrochemischen Energieforschungslabors beim Autoriesen General Motors in New York, hat allerdings noch Bedenken. "Was Jeff da tut, ist zwar ein gutes Diagnoseverfahren, das wir auch verwenden sollten. Ein Allheilmittel ist es aber nicht." So könne es Forschern eben nicht sagen, was tatsächlich in einer Zelle schief laufe. Effizienzverluste müssten deshalb noch viel genauer erforscht werden. Dann würden sich Probleme, die Dahns Verfahren offenlegt, auch lösen lassen.

Ob sich mit der Technik auch das Calendar Life bestimmen lässt, sei zudem fraglich. "Die unschöne Wahrheit ist doch, dass wir niemals wissen können, ob unsere Alterungsprüfung wirklich funktioniert. Erst nach zehn Jahren im Dauereinsatz haben wir reale Daten."

Dahn ficht das nicht an. Sein Verfahren sei bereits jetzt genau genug, um Forschern sagen zu können, ob eine bestimmte Veränderung der Batteriechemie dafür sorge, dass man einen Akku 500 Mal laden könne oder aber 1000 Mal. Das wäre bei einem Elektroauto ein Unterschied von mehreren Jahren. Aktuell arbeiten Dahn und sein Team daran, die Genauigkeit bis hoch auf 10.000 Zyklen zu schrauben. (bsc)