Schule digital: Die Lösung BelWü – hinter den Kulissen des Fernunterrichts

Seite 2: Bug-Hunter

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Wie lief die Fehlerjagd?

Moodle hat eine große Community, wird schon seit vielen Jahren von Hochschulen in großen Installationen eingesetzt. Es gibt Foren und Mailinglisten. Und auf ganz direkter und technischer Ebene konnten wir uns mit den Kollegen in anderen Bundesländern austauschen. Aus dieser Community gab es sehr schnell Lösungsansätze. Im Fall der langsamen Kalender-Plugins konnten ein paar zusätzliche Indizes in der Datenbank weiterhelfen. In anderen Fällen wurden etwa Probleme im Connection-Handling zur Datenbank oder zu BigBlueButton gepatcht.

Viele ITler schlugen Cloud-Lösungen wie AWS oder Azure vor. Warum wurde es keine solche Lösung?

Für dauerhafte Lösungen sind eigene Server meistens günstiger als ein Cloud-Service.

(Bild: Sebastian Neuner)

Ein Rechenzentrum, Server, Speicher, einen Pool von IP-Adressen und Bandbreite haben wir sowieso. Wir brauchten nur zusätzliche Server und mehr Speicherplatz. Wenn man Cloud-Ressourcen einkauft, zahlt man für diese Dinge mit, die wir schon haben. Besonders kostenintensiv sind in der Cloud auch Dinge, die man zuerst vielleicht nicht auf dem Schirm hat, wie Traffic zwischen den einzelnen Bestandteilen wie Datenbank und Webserver, der in unserer Konstellation ziemlich hoch ist.Cloud ist dann sinnvoll, wenn man ein abgeschlossenes Projekt hat und die Ressourcen nur eine bestimmte Zeit lang braucht, oder für ein paar Stunden oder Tage hochskalieren können muss. Bei einer Plattform, die potentiell jahrelang mit relativ gleichmäßiger Auslastung läuft, greifen die Vorteile von Cloud-Ressourcen nicht. Im Gegenteil werden die höheren Kosten zum Nachteil. Zudem eignet sich nicht jede Art von Software optimal für ein Cloud-Deployment. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass es im März 2020 nicht gerade einfach war, genügend Ressourcen bei den einschlägigen Cloud-Anbietern zu bekommen, zu einem guten Preis schon gar nicht. Wir waren ja nicht die einzigen, die zu diesem Zeitpunkt schnell mal Arbeit und Schule nach zuhause verlagern mussten, und wir waren auch nicht die einzigen, bei denen das Kultusministerium angefragt hat.

Wie viel hat die Aufrüstung gekostet?

Im Jahr 2020 haben ungefähr 2,5 Millionen Euro investiert. Anfang 2021 rüsteten wir noch einmal ordentlich mit Servern, Storage und Systemen für DDoS-Protection auf, für rund 8 Millionen Euro. Engpässe an Hardware gab es zum Glück nie.

Welche Lehren habt ihr aus dem Betrieb bis jetzt gezogen?

Um so ein System zu betreiben, muss man in alle Layer des Stacks reinschauen. Früher haben wir einfaches Webhosting gemacht, um Software haben sich meistens die Kunden gekümmert. Wenn etwas langsam war, wurde das mit mehr Server-Ressourcen erschlagen. In den jetzigen Dimensionen skaliert das nicht mehr. Probleme im Code, in der Hardware-Architektur, in Datenbankparametern und so weiter. Viele Stellen können sich negativ auf das Gesamtsystem auswirken. Für optimale Skalierbarkeit muss man alle beweglichen Teile im Blick haben und gegebenenfalls daran schrauben. Der jeweils nächste Flaschenhals zeigt sich oft erst bei einer Last, die das System umkippen lässt. Dann hat man 30 Minuten Zeit, um herauszufinden, was gerade eigentlich los ist. Mit jedem Ausfall sind wir schlauer und das System ist besser geworden. So etwas aber vorher mit künstlich erzeugter Last zu testen, das ist der heilige Gral. Und bei knapp einer Million äußerst kreativer Nutzer lässt sich unmöglich alles vorhersehen und testen.