Schule digital: Was Digitalität (für die Schule) bedeutet

Seite 2: Eine Form der Kommunikation

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Entscheidend ist, dass die Integration des Digitalen nicht an einer äußerlichen Stelle stattfand, sondern im Zentrum unseres Zusammenlebens: Das Digitale ist eine zusätzliche Art und Weise geworden, wie wir miteinander als Menschen kommunizieren. Digitalität beschreibt also eine Form der Kommunikation, die neben die vorhandenen Formen getreten ist – vor allem die mündliche (Oralität) und schriftliche Sprache (Literalität), welche wiederum in die Digitalität integriert werden.

Das gesamte menschliche Zusammenleben beruht auf Kommunikation. Gesellschaft in allen Bereichen entsteht über kommunikative Prozesse. Alles, was wir als Kultur kennen, ist Ergebnis von kommunikativen Aushandlungsprozessen. Unsere Identität, unser Besitz, unsere Arbeit, selbst unser Intimleben. Kommunikation ist der Grundbegriff von Kultur und damit auch des Menschseins.

Und diese Kommunikation hat sich im Zuge der Digitalisierung verändert. Wie selbstverständlich steht uns heute die digitale Kommunikation via Internet als eine zusätzliche Form zur Verfügung. Vor kurzem war etwa zu lesen, dass sich "die europäischen Gesundheitsminister digital getroffen haben". Man sieht daran, wie die veränderte Lesart längst zum allgemeinen Sprachgebrauch geworden ist. "digital" beschreibt hier nicht eine Technik, sondern die Form der Kommunikation. Die dabei verwendete Technik ist aus dem Blick genommen, sie ist selbstverständlich.

Explizit gemacht wurde dieser begriffliche Wandel von Felix Stalder in seinem Buch "Kultur der Digitalität". Stalder gilt allgemein als Vordenker des Digitalitätsbegriffs. Er ist damit der Initiator einer fruchtbaren und neuen Denkweise des Digitalen. Das sollte sich insbesondere die Schule bei ihrer noch immer anstehenden Digitalisierung zunutze machen.

Für die Schule tut sich mit den Begriffen der Digitalisierung und Digitalität ein Spannungsverhältnis auf. Während weite Teile der Gesellschaft in der Digitalität angekommen sind, steht Schule noch am Anfang der Digitalisierung. In der Breite betrachtet ist die Digitalisierung der Schule gleich zu Beginn stecken geblieben. Das gilt zunächst einmal für die technische Infrastruktur. Vielleicht noch schwerwiegender aber ist, dass auch die Denkweise im Schema der Digitalisierung hängen geblieben ist.

Es ist heute dringend nötig, dass in der Schule die Denkweise der Digitalität aufgenommen wird. Hilfreich ist dabei, dass eine eher irrationale Stimme endlich ihre Bühne verloren zu haben scheint. So gab es bis zur Coronakrise mit dem Hobby-Didaktiker Spitzer einen Vertreter, der sich mit allen Mitteln dafür einsetzte, die Schule auf keinen Fall zu digitalisieren. Er forderte die 0 Promillegrenze für die Digitalisierung an Schulen. Das genaue Gegenteil verkündet derzeit eine ganz andere Stimme: Der Startup-Jäger Frank Thelen sagt prophetisch voraus, dass die Zukunft der Bildung zu 100 Prozent digital sei.

Man sollte sich nicht täuschen lassen und in dieser Gegenüberstellung jeweils Rück- bzw. Fortschrittlichkeit sehen. Denn beides sind Positionen, die fest in der Denkweise von Digitalisierung verankert sind. Es sind Positionen zur Selbstprofilierung. Sie spielen mit Ängsten und instrumentalisieren auf verwandte Weise Vergangenheit und Zukunft.

Die Perspektive der Digitalität ist demgegenüber aufklärend: Sie ist um eine Klärung unseres Selbst- und Weltverständnisses im Zuge der Digitalisierung bemüht. Und sie hat eine vermittelnde Wirkung, wenn das Analoge gegen das Digitale ausgespielt werden soll. Das will ich im Folgenden an einem Begriff erläutern, um den sich Schuldiskurse häufig drehen – den Begriff der Medien.