Schwangerschaftstest positiv: Synthetische Embryonen in Affen eingesetzt

Embryonen aus Stammzellen statt aus befruchteten Eizellen scheinen bei Affen eine schwangerschaftsähnliche Reaktion hervorzurufen – kurzzeitig.

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Affe in einem Käfig

Affe in einem Käfig.

(Bild: Maria lobakina / Shutterstock)

Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Jessica Hamzelou
Inhaltsverzeichnis

Forschern ist es gelungen, bei Affen neue Embryonen aus Stammzellen zu genieren – und nicht mehr aus Spermien und Eizellen. Diese "synthetischen Embryonen" ließen sich dann in die Gebärmutter erwachsener Tiere einsetzen, die dann tatsächlich erste Anzeichen einer Schwangerschaft zeigten – zumindest bei einigen von ihnen. Dies wäre der weiteste Weg, den Wissenschaftler bisher mit im Labor gezüchteten Affenembryonen gekommen sind. Die Studie deutet darauf hin, dass es eines Tages möglich sein könnte, auf diese Weise Föten zu erzeugen – und nicht mehr nur durch die Vereinigung von Spermium und Eizelle.

"Das ist ganz erstaunlich", meint Susana Chuva de Sousa Lopes, Entwicklungsbiologin an der Universität Leiden in den Niederlanden, die die Studie kennt. "Man konnte zum ersten Mal sehen, dass sich [synthetische Embryonen] so weit entwickeln können – und das in so guter Qualität." Es ist zudem das erste Mal, dass die embryoähnlichen Strukturen bei Affen implantiert wurden.

Das Forschungsteam um Zhen Liu von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Shanghai begann zunächst mit embryonalen Stammzellen, die ursprünglich selbst aus Makaken-Embryonen gewonnen wurden. Diese Zellen werden dann über mehrere Generationen im Labor gezüchtet und haben unter den richtigen Bedingungen das Potenzial, sich zu so ziemlich jeder Art von Körperzelle zu entwickeln – einschließlich derjenigen, die Organe, Blut und das Nervensystem bilden.

Das Team nutzte eine Reihe von Labormethoden, die sie verfeinerten und verbesserten, um die embryonalen Stammzellen zur Weiterentwicklung zu bringen. Im Laufe mehrerer Tage begannen die Zellen, sich ähnlich wie Embryonen zu entwickeln. Die entstandenen Zellklumpen werden Blastoide genannt, weil sie wie frühe Embryonen, sogenannte Blastozysten, aussehen.

Nachdem die Blastoide sieben Tage lang in einer Petrischale gewachsen waren, unterzogen die Forscher sie einer Reihe von Tests, um herauszufinden, wie ähnlich sie typischen Embryonen waren. In einem Test trennte das Team die einzelnen Zellen in den Blastoiden und überprüfte, welche Gene in jeder Zelle exprimiert wurden. Auf diese Weise analysierte das Team über 6000 einzelne Zellen. Diese Tests ergaben große Ähnlichkeiten zwischen den aus Stammzellen gewonnenen Embryonen und herkömmlichen Affenembryonen. "Die Analyse hat uns umgehauen", sagt Entwicklungsbiologin Chuva de Sousa Lopes. "Die Blastoide scheinen sich in etwas zu verwandeln, das wirklich wie ein Embryo aussieht. Und das ist wirklich erstaunlich."

Einige der Blastoide wurden länger herangezüchtet – bis zu 17 Tage. Diese Strukturen sahen typischen Embryonen sehr ähnlich, sagen die Forscher. Andere Wissenschaftler fordern hier aber noch mehr Beweise. Die einzige Möglichkeit, herauszufinden, wie embryoähnlich diese Blastoide wirklich sind, besteht darin, zu testen, ob sie sich in der Gebärmutter eines Affen entwickeln können. Daher setzte das Team acht bis zehn von diesen sieben Tage alten Blastoide in die Gebärmutter von jeweils acht erwachsenen Affen ein. Anschließend beobachteten die Forscher die Blastoide drei Wochen lang.

Die Forscher sind der Überzeugung, dass sich die Blastoide bei drei dieser Affen erfolgreich in der Gebärmutter einnisteten und einen Dottersack zu bilden schienen – eines der allerersten Anzeichen einer Schwangerschaft. Die betroffenen Affen hatten auch einen erhöhten Spiegel an Schwangerschaftshormonen. Mit anderen Worten: Sie hätten einen positiven Schwangerschaftstest gehabt.

Das Vorhandensein dieser Hormone ist nicht überraschend, sagt Nicolas Rivron von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien, der ähnliche Forschungen an Mäusen durchgeführt hat. Es sei eine Reihe von Zellen im sich entwickelnden Embryo, die diese Hormone produzieren, unabhängig davon, ob sich der Embryo weiter entwickelt oder nicht, sagt er. Im Rahmen seiner eigenen Forschung züchteten Rivron und seine Kollegen menschliche Blastoide im Labor. Wenn man einen Schwangerschaftstest in die Petrischale taucht, war auch hier das Ergebnis positiv.

Allerdings: Innerhalb von 20 Tagen nach dem Transfer hörten die Affenblastoide auf, sich zu entwickeln, und schienen sich aufzulösen, so Liu und Kollegen, die ihre Ergebnisse in der Zeitschrift "Cell Stem Cell" veröffentlichten. Dies deutet darauf hin, dass die Blastoide noch immer keine perfekten Nachbildungen normaler Embryonen sind, sagt Alfonso Martinez Arias, Entwicklungsbiologe an der Universität Pompeu Fabra in Barcelona, Spanien. Im Moment "funktioniert das eindeutig nicht", sagt er.

Das könnte daran liegen, dass ein typischer Embryo aus einer Eizelle entsteht, die dann von Spermien befruchtet wird. Ein aus Stammzellen hergestellter Blastoid könnte Gene auf die gleiche Weise exprimieren wie ein normaler Embryo, aber es könnte ihm "etwas Entscheidendes" fehlen, das normalerweise aus einer Eizelle stammt, sagt Martinez Arias.

Es besteht auch die Möglichkeit, dass das Team mehr Fortschritte erzielt hätte, wenn das Experiment an mehr Affen durchgeführt worden wäre. Immerhin überlebten von den 484 Blastoiden, die sich am siebten Tag entwickelten, nur fünf bis zum siebzehnten Tag. Und die Einnistung eines Embryos in der Gebärmutter ist eine schwierige Angelegenheit, sagt Chuva de Sousa Lopes. "Selbst bei der In-vitro-Fertilisation (IVF) beim Menschen ist das ein Engpass, um schwanger zu werden", sagt die Entwicklungsbiologin. "Wenn man das mit 100 Affen machen würde, gäbe es vielleicht zwei, die weiter schwanger sein würden."

Das Leben von Affen ist jedoch wertvoll, sagt Martinez Arias, und solch groß angelegte Experimente würden wahrscheinlich nicht als ethisch vertretbar angesehen werden. All dies bedeutet nicht, dass die Blastoid-Experimente unnütz sind. Sie sind bereits jetzt ein gutes Modell dafür, was in den frühesten Stadien der Embryonalentwicklung bei Affen – und möglicherweise auch beim Menschen – passiert.

Die Forscher hoffen, dass die Affenblastoide der Wissenschaft helfen werden, mehr über menschliche Embryonen zu erfahren. Wir wissen bislang nur sehr wenig darüber, wie die Vereinigung von Spermien und Eizellen schließlich zur Entwicklung unserer Organe und unseres Nervensystems führt – und warum das manchmal schiefgehen kann. Die Forschung darf menschliche Embryonen in der Regel nicht länger als 14 Tage nach der Befruchtung im Labor untersuchen. In kürzlich veröffentlichten internationalen Leitlinien wird zudem betont, dass menschliche Blastoide niemals in einen Menschen oder ein anderes Tier eingepflanzt werden dürfen.

"Wir wollen die menschliche Entwicklung verstehen, und es ist medizinisch nicht sicher, menschliche Blastoide [in Menschen] zu übertragen", sagt Rivron. "Wir müssen eine Alternative finden. Und nichtmenschliche Primaten sind die nächsten Verwandten des Menschen."

Die Experten hoffen, dass diese Art der Forschung uns mehr über die menschliche Schwangerschaft verraten wird – auch darüber, warum manche Frauen Schwierigkeiten haben, schwanger zu werden und warum es zu Fehlgeburten kommt. Da Wissenschaftler eine unbegrenzte Anzahl von Blastoiden erzeugen könnten, wären sie nicht auf Tiere als Embryonenspender angewiesen. Und sie wären in der Lage, Medikamente an Hunderten oder gar Tausenden von Blastoiden zu testen – beispielsweise in der Hoffnung, Wege zur Verbesserung der IVF zu finden, sagt Naomi Moris, die am Crick Institute in London über die Entwicklung von Embryonen forscht.

Mit der Weiterentwicklung der Verfahren werden Forscher wahrscheinlich Wege finden, Stammzellen zur Erzeugung reiferer Embryonen und möglicherweise von Föten und lebendigen Tierbabys zu nutzen. "Es scheint eine Art Wettlauf darum zu geben, wer als Erster etwas aus diesen Blastoiden herausholen wird", sagt Martinez Arias.

Nach dem derzeitigen Stand der Dinge gibt es noch keine Möglichkeit, dass sich eines dieser Blastoide zu einem Fötus oder schließlich zu einem Affenbaby entwickeln könnte. Aber die Technologie wird immer besser. Die Forschung an synthetischen Embryonen ist erst in den letzten fünf bis zehn Jahren richtig in Schwung gekommen – und in dieser Zeit wurden enorme Fortschritte erzielt, sagt Moris vom Crick Institute.

"Wir bewegen uns auf jeden Fall sehr flott. Die Entwicklungen in diesem Bereich gehen sehr, sehr schnell voran", sagt sie. Man müsse dafür sorgen, dass die Gesetze mit den Entwicklungen Schritt halten, "um sicherzustellen, dass wir nicht zu schnell vorpreschen", sagt sie. Eine der Vorstellungen ist es, dass Menschen nicht mehr durch Sex entstehen, sondern aus Stammzellen, was ganz neue Möglichkeiten bei der Fruchtbarkeitsbehandlung bringen würde.

Doch das wird noch dauern, glauben Beobachter. "Wird eines Tages jemand einen Affen aus einem Blastoiden machen? Wahrscheinlich", sagt Entwicklungsbiologe Martinez Arias. "Aber ich glaube nicht, dass das in absehbarer Zeit passieren wird."

(jle)