Dauerhaft vegetarisch: Studie untersucht Bedeutung von Genen

Wer fleischlos lebt, entscheidet sich dafür zumeist bewusst. Aber nicht nur: Auch in der DNA finden sich dafür Hinweise, so US-Forscher.

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Wochenmarkt, Gemüse

Gemüse und Obst auf dem Wochenmarkt.

(Bild: Brigitte Wagner, gemeinfrei (Creative Commons CC0))

Lesezeit: 4 Min.
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Laut aktuellen Zahlen des Allensbacher Instituts lebten in Deutschland im Jahr 2023 etwas mehr als acht Millionen Menschen, die sich als Vegetarier bezeichnen. Üblicherweise gilt der Vegetarismus als persönliche Entscheidung – manche Menschen tun es aus gesundheitlichen Gründen, manche aus politischen.

Doch offenbar hat das dauerhafte Leben ohne Fisch und Fleisch auch erbliche Hintergründe. Das zumindest legt eine neue Studie der Feinberg School of Medicine an der Northwestern University in Chicago nahe, die insgesamt 34 Einzelgene entdeckt hat, die mit dem vegetarischen Leben in Verbindung zu stehen scheinen.

Studienleiter Nabeel R. Yaseen, emeritierter Professor am Institut für Pathologie der Feinberg School of Medicine, kam aus persönlichen Gründen auf die Idee hinter der Studie. "Etwa die Hälfte der sich selbst als Vegetarier bezeichnenden Personen gibt in detaillierten Fragebögen an, Fleischprodukte zu essen. Dies deutet darauf hin, dass viele Menschen, die gerne Vegetarier wären, nicht in der Lage sind, eine strenge vegetarische Ernährung einzuhalten."

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Er selbst habe einige Male versucht, sich vegetarisch zu ernähren, fühlte sich aber geistig und körperlich erschöpft und konnte diese Diät nicht länger als etwa eine Woche durchhalten. "Aus zahlreichen Veröffentlichungen geht hervor, dass die Genetik bei der Wahl der Lebensmittel eine wichtige Rolle spielt. Diese Überlegungen veranlassten mich, die Rolle der Genetik bei der Einhaltung einer strengen vegetarischen Ernährung zu untersuchen."

Um potenziell relevante Gene zu identifizieren, untersuchten Yaseen und sein Team das Genom von etwas mehr als 5300 "strikten" Vegetariern und verglichen diese mit knapp 330.000 Fleisch- und Fischessern. Die Informationen kamen aus der britischen Gendatenbank U.K. Biobank. Bei der Untersuchung der Unterschiede wurden besagte 34 Gene entdeckt, wobei insbesondere eine Stelle im Genom (Einzelnukleotid-Polymorphismus, SNP) mit fleischloser Ernährung in Verbindung stand: der SNP "rs72884519". "Unsere Daten zeigen, dass die Genetik beim Vegetarismus eine wichtige Rolle spielt. Wir haben drei Gene identifiziert, die statistisch signifikant mit dem Vegetarismus in Verbindung stehen, und weitere 31 Gene, die möglicherweise eine Rolle beim Vegetarismus spielen", so Yaseen.

Unklar sei aktuell noch, welche und wie viele genetische Varianten eine entscheidende Rolle für den vegetarischen Phänotyp spielen. "Es ist also noch nicht möglich, das Muster der Vererbung zu bestimmen." Eine Unterscheidung zwischen Veganern und Vegetariern wurde nicht vorgenommen, es gab also unter den Vegetariern eine ungenannte Zahl an reinen Pflanzenessern. Ob es hier Differenzen gibt, sei unklar, so Yaseen. "Das wäre eine interessante Frage für künftige Studien." Bei der Untersuchung handelt es sich um eine genomweite Assoziationsstudie, die Korrelationen aufzeigt, aber keine Kausalitäten.

In einem weiteren Schritt wollen Yaseen und seine Kollegen nun untersuchen, warum manche Menschen keine Probleme mit dem Vegetarismus haben. "Aufgrund der Funktionen einiger der von uns identifizierten Gene spekulieren wir, dass die Rolle der Genetik beim Vegetarismus mit dem Fettstoffwechsel und seinen Auswirkungen auf das Gehirn zu tun haben könnte. Aber das ist zum jetzigen Zeitpunkt reine Spekulation."

Das Team möchte nun herausfinden, welche der identifizierten Gene und welche Varianten dieser Gene für die Fähigkeit, sich vegetarisch zu ernähren, verantwortlich sind. "Wir hoffen, dass künftige Studien uns in die Lage versetzen werden, bessere personalisierte Ernährungsempfehlungen zu geben, die vielleicht zur Entwicklung besserer Fleischersatzprodukte führen werden."

(bsc)