Strom aus dem All: Superleichte Solarkachel bereit für den Orbit

Kalifornische Arbeitsgruppen haben Photovoltaik-Module entwickelt, die Strom aus dem All auf die Erde beamen sollen. Auch Europa arbeitet an der Vision.

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Eine Reihe kleiner Solarpaneele: Sie sind Teil des "Space Solar Power Project" und fassen Photovoltaik, Stromübertragungsschaltungen und eine Strahlsteuerung zusammen.

(Bild: Caltech)

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Solarenergie vom All auf die Erde zu beamen klingt nach einer technikverliebten Utopie. Dort oben gibt es zwar keine Wolken und (je nach Umlaufbahn) auch keine Nachtphasen. Entsprechend höher und gleichmäßiger ist die Stromausbeute. Dafür ist der Installationsaufwand aber auch, nun ja, astronomisch.

Drei Forschungsgruppen am California Institute of Technology lassen sich davon aber nicht beirren und arbeiten Stück für Stück Detaillösungen ab, finanziert von zwei Großspenden in Millionenhöhe. Im Dezember wollen sie nun die ersten Ergebnisse ihrer zehnjährigen Arbeit in den Orbit schießen: zehn mal zehn Zentimeter große "Solarkacheln". Jede Kachel wiegt weniger als drei Gramm und soll 50 bis 100 mal so effizient sein wie derzeit im All verwendete Panels. Die Leistungselektronik, um die gewonnene Energie mittels Mikrowellen an die Erde zu übertragen, ist in den Kacheln bereits integriert.

Diese Kacheln lassen sich zu 60 mal 60 Meter großen Modulen zusammenfügen, und diese wiederum zu neun Quadratkilometer großen Solarfeldern. Um sie möglichst platzsparend in einer Rakete unterzubringen, haben sich die Forschenden von den japanischen Falttechniken Origami und Kirigami inspirieren lassen. Die können praktisch völlig ohne verschenkten Platz verpackt werden und sollen sich im All automatisch ausfalten.

Wie die gewaltigen Solarkraftwerke zur Sonne ausgerichtet werden und in welchem Orbit sie kreisen sollen, ist noch offen. Ein hoher, geostationärer Orbit würde weniger Module erfordern, aber höhere Transportkosten verursachen. Bei niedrigeren Umlaufbahnen wäre es umgekehrt. Nach Berechnungen des Caltechs würde die erdnahe Variante zwar 39 statt 13 Raketenstarts erfordern, wäre unter dem Strich aber trotzdem günstiger. Die Kosten pro Kilowattstunde beziffern die Forschenden auf ein bis zwei Dollar. Das ist ungefähr das 20- bis 40-zigfache von Photovoltaik-Freiflächenanlagen in Deutschland.

Der Mikrowellenstrahl soll nicht mechanisch zu den Empfangsantennen auf der Erde ausgerichtet werden, sondern elektronisch, so Caltech-Forscher Ali Hajimiri. Die Erde sei dabei nicht das alleinige Ziel, ergänzt sein Kollege Sergio Pellegrin: "Die Diskussion, die implizit immer auf die Energieversorgung der Erde begrenzt war, erstreckt sich auch auf die Erforschung des Weltalls." Soll wohl heißen: Solaranlagen im All wären auch eine gute Ladestation für was auch immer dort künftig unterwegs sein wird.

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Parallel dazu arbeitet auch Europa am Thema Solarstrom aus dem All. Die Raumfahrt-Analystin Karen Jones hält Europa sogar für führend: "Es gibt dort ein Commitment, das man in den USA nicht sieht", sagte sie gegenüber Science.

Im September demonstrierten Airbus und die European Space Agency (ESA) die Übertragung von Solarstrom mit Mikrowellen – allerdings nur auf der Erde, über eine Strecke von 36 Metern, einer Leistung von zwei Kilowatt und einem Wirkungsgrad von fünf Prozent. Ein Team U.S. Naval Research Laboratory (NRL) erreichte 1,6 Kilowatt, aber immerhin über eine Strecke von einem Kilometer. Auch Großbritannien, Südkorea, China und Japan verfolgen laut Science ähnliche Ansätze. Was den jahrzehntealten Traum auf einmal wieder realistisch erscheinen lässt, seien die Fortschritte bei Photovoltaik und Robotik – und vor allem die gesunkenen Startkosten der Raketen.

Zur Übertragung der Energie arbeiten die meisten Designs, so Science, mit einem kilometerbreiten Mikrowellenstrahl, sodass jedes Lebewesen immer nur einen kleinen Teil der Leistung abbekommt. Diese nicht-ionisierende Strahlung sei für Lebewesen deutlich weniger schädlich als normales Sonnenlicht, versichert Caltech-Forscher Hajimiri. Die Empfangsantennen seien einfach zu bauen, bräuchten aber "eine Menge Platz", meint Jones. Aber man könne ja auch Nahrungsmittel unter diesen Antennen anpflanzen.

(grh)