Sun-to-Liquid: Kerosin direkt aus dem Solarturm

Eine Pilotanlage in Spanien erzeugt aus Wasser, Kohlendioxid und Solarkraft klimaneutrale, flüssige Treibstoffe. Der Wirkungsgrad hat aber noch Luft nach oben.

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(Bild: IMDEA Energy Institute)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Jan Oliver Löfken

Die große Hoffnung der Luftfahrt ist synthetisches, über grünen Wasserstoff erzeugtes Kerosin, um auch in Zukunft möglichst klimafreundlich fliegen zu können. Denn rein elektrische Antriebe werden wegen des hohen Gewichts und mangelnder Energiedichte selbst bester Lithium-Ionen-Batterien höchstens für kleine Sportflieger genügen. Große Passagierjets bleiben dagegen weiterhin auf flüssige Treibstoffe angewiesen. Das begehrte Kerosin erzeugte nun eine europäische Forschergruppe allein aus Wasser, Kohlendioxid und solarer Hitze.

"Wir sind die Ersten, die die gesamte thermochemische Prozesskette von Wasser und CO2 bis zum Kerosin in einem Solarturmsystem demonstrierten“, sagt Aldo Steinfeld von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich. Dazu nutzte er mit seinen Kollegen ein Solarkraftwerk in Móstoles nahe Madrid. 169 Spiegel – so genannte Heliostate mit jeweils drei Quadratmeter Spiegelfläche – lenken dazu einfallendes Sonnenlicht gebündelt auf die Spitze eines Solarturms. Dort befindet sich der Reaktorraum, in dem extrem hohe Temperaturen von bis zu 1.500 Grad Celsius erreicht werden können.

Herzstück des Solarreaktors ist ein gut 18 Kilogramm schwerer Block aus einer hochporösen Ceriumoxid-Keramik. Durch diese Kammer ließen die Forscher Kohlendioxid und Wasserdampf strömen. Dank der hohen Temperatur gab das Ceriumoxid zuerst etwas Sauerstoff ab. Darauf reagierte es sowohl mit Wasser als auch Kohlendioxid und entriss diesen Molekülen wieder Sauerstoff. Das Ergebnis: ein Gasgemisch aus Wasserstoff und Kohlenmonoxid. Dieses Syngas leiteten die Forscher in einen weiteren chemischen Reaktor am Fuße des Solarturms. Dort wurde es über ein Fischer-Tropsch-Verfahren zu flüssigen Treibstoffen wie Kerosin oder Diesel umgewandelt.

Hochporöses Ceriumoxid-Keramik bildet das Kernstück des Solarturms.

(Bild: ETH Zürich)

Noch ist die Effizienz dieser "Sun to Liquid"-Methode gering. Aber immerhin konnten 4,1 Prozent der Energie des Sonnenlichts in das Syngas-Gemisch überführt werden. Dieser Wirkungsgrad nimmt allerdings bis zum Endprodukte Kerosin noch etwas ab. Steinfeld und Kollegen halten es aber für möglich, durch weitere Optimierungen der Prozessschritte und des Keramikblocks einen Wirkungsgrad von bis zu 15 Prozent zu erreichen.

Der Solarreaktor nach Bestrahlung mit der konzentrierten Solarkraft.

(Bild: ETH Zürich)

Schritt für Schritt könnte auf den Erfolgen dieses von der EU geförderten Projekts aufgebaut und größere Solarturmanlagen konzipiert werden, um die noch hohen Kosten für solar erzeugtes Kerosin drastisch zu senken. Und in nicht allzuferner Zukunft wäre es ebenfalls möglich, ausreichende Mengen an Kohlendioxid für diese Treibstoff-Produktion direkt aus der Luft zu entnehmen. Erste Pilotanlagen für dieses "Direct-Air-Capturing" (DAC) installierte das schweizerische Unternehmen Climeworks bereits auf Island.

Verbrennt das Kerosin danach wieder in den Flugzeugtriebwerken, wird das zuvor entnommene Kohlendioxid wieder in die Atmosphäre freigesetzt. "Die Ökobilanz der Produktionskette von solaren Treibstoffen zeigt, dass die Treibhausgasemissionen im Vergleich zu fossilem Kerosin zu 80 Prozent vermieden werden können und dass sie gegen Null gehen, wenn die Materialien für den Bau der Produktionsanlagen wie Glas und Stahl mit erneuerbaren Energien hergestellt werden", sagt Steinfeld. Unterm Strich wäre so ein klimaneutrales Fliegen mit Solarenergie möglich.

(jle)