Times are changing: Der Macintosh wird 40

Seite 5: Irrwege und der Wechsel auf Apple Silicon

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Zum Absatzerfolg des Macs trugen auch Maschinen wie das MacBook Pro mit Retina-Display (2012) bei – der erste Macintosh-Laptop mit einem hochauflösenden Display – und die verschiedenen Tower-Modelle des 2006 eingeführten Mac Pro. Beim röhrenförmigen Nachfolge-Modell des Mac Pro, das 2013 vorgestellt wurde, engte dagegen das Design die Funktion erheblich ein. Benutzer kritisierten den Mangel an internen Steckplätzen, die in früheren Modellen verfügbar waren, was es schwieriger machte, Hardware zu aktualisieren oder zu reparieren. Im April 2017 räumte Apple in einem seltenen Eingeständnis das Scheitern des Konzeptes ein. Es dauerte dann nochmal über zwei Jahre, bis der Nachfolger auf den Markt kam, der konzeptionell an das Tower-Design aus dem Jahr 2006 anknüpfte.

2013: Der Mac Pro im Röhren-Design war der erste Flop in der Ära von Tim Cook.

Die Fehlkonstruktion beim Mac Pro (2013) war aber nur ein Indiz dafür, dass sich Apple in dieser Phase nicht mehr so stark an den Anforderungen der professionellen Kunden orientierte. Stellvertretend für diesen Trend steht das MacBook Pro, das im Oktober 2016 veröffentlicht wurde. Die dünne "Butterfly"-Tastatur zeigte sich den Anforderungen von Vielschreibern nicht gewachsen. Das Keyboard war außerdem nicht gut gegen Staubkörner geschützt, sodass leicht einzelne Tasten klemmten. Und nicht nur Programmierer vermissten die haptischen Funktionstasten, da die Touch Bar kein taktiles Feedback bot. Etliche Nutzer waren auch frustriert über die Notwendigkeit, Adapter zu verwenden, wenn man herkömmliche USB-A-Geräte, SD-Karten und HDMI für die Videoausgabe nutzen wollte.

2016: Die Touch Bar beim MacBook Pro wurde zwar von Apple-Programmen wie Final Cut Pro unterstützt. Trotzdem vermissten viele Anwender die haptischen Funktionstasten.

In Verbindung mit der misslungenen Modellpolitik beim Mac Pro von 2013 führten die Fehlgriffe in den Jahren 2017 und 2018 zu der weit verbreiteten Meinung, dass Apple sich nicht mehr an den Bedürfnissen professioneller Nutzer orientiert. Doch die Zeiten sollten sich wieder ändern, weil Apple-CEO Tim Cook die Unzufriedenheit erkannte und eine Kurskorrektur veranlasste.

Für die jüngste Wende in der Geschichte des Macs gibt es mehrere Gründe. Zum einen kehrte Design-Chef Jony Ive Apple im Juni 2019 den Rücken und gründete eine eigene Firma. Damit endete auch die Ära, in der die Vorstellungen der Design-Abteilung auch dann kompromisslos umgesetzt wurden, wenn die Ingenieure gravierende Bedenken wie bei der Funktionsweise der Butterfly-Tastatur vorgetragen hatten. Ive verabschiedete sich mit seiner Firma LoveForm nicht komplett aus dem Apple-Universum und hat beispielsweise den iMac mit M1 (2021) mitgestaltet. Die jüngste Variante erinnert mit ihrer Farbpalette an den G3-iMac, den Ive 1998 entworfen hat. Die Zeiten, in denen stets dünnere Geräte zum Wegfall von wichtigen Schnittstellen führten, sind aber vermutlich vorbei.

2019: Der damalige US-Präsident Donald Trump lässt sich in der texanischen Apple-Fabrik den neuen Mac Pro zeigen. Apple produziert die Masse der Mac-Modelle aber in Asien.

(Bild: Evan Vucci/AP/dpa)

Der zweite Grund, warum (nicht nur) Profi-Anwender wieder zufriedener mit der Palette der Mac-Modelle sind, hat mit dem Hauptchip zu tun. Im November 2020 war es Zeit für einen erneuten Systemwechsel: Nach 68000, PowerPC und Intel setzt Apple nun auf eine hauseigene Entwicklung ("Apple Silicon"), die auf der seit Jahren im iPhone und iPad verwendeten Technik beruht. Als Apple noch auf die Chips von Intel setzte, mussten die Mac-Entwickler etliche Kompromisse eingehen: "Beim MacBook Air beispielsweise mussten wir zugunsten der Leistung Eingeständnisse bei der Batterielaufzeit machen", sagte Johny Srouji, Leiter der Apple-Chipentwicklung, im Juni 2022 in einem Interview. "Beim MacBook Pro bestand der Kompromiss darin, dass man entweder einen lauten Lüfter hinnehmen oder die Leistung drosseln musste."

Apple Silicon für den Mac gibt es bereits in der 3. Generation (M1, M2, M3) und in verschiedenen Leistungsstufen. Neben der Standard-Version sind das die Varianten Pro, Max und Ultra, die sich vor allem durch die Anzahl von Prozessor- und Grafikkernen sowie den adressierbaren Arbeitsspeicher unterscheiden. Apple war mit ihnen plötzlich der Konkurrenz um Jahre voraus. Inzwischen haben AMD und Intel zwar bei der Leistung aufgeholt, die Energieeffizienz allerdings noch lange nicht erreicht.

Mit den eigenen Chips konnte Apple auch Modellreihen zu neuem Leben erwecken, die sich nicht vorrangig an Profi-Anwender richten: Das beste Beispiel dafür ist der Mac mini. Bevor dieser im Jahr 2018 ein Update erhielt, galt er als todgeweiht. Das Gerät war davor vier lange Jahre nicht mehr aktualisiert worden. Langjährige Nutzer verloren das Vertrauen in die Modellreihe. Dank Apple Silicon hat der kleinste Mac nun wieder beste Zukunftsaussichten. Mit M2-Pro-Chip genügt er inzwischen auch anspruchsvolleren Nutzern.

2021: Mit den bunten Farben der jüngsten iMac-Generation knüpft Apple an die Farbgebung der frühen iMac-Modelle an.

2022: Der Mac Studio überzeugt nicht nur mit der Leistung des Apple Silicon. Er bietet auch jede Menge Schnittstellen.

Mit den neuen Chips konnte Apple im vergangenen Juni seinen beliebtesten Mac, das MacBook Air, um eine 15-Zoll-Variante erweitern. Das ist etwas, das das Unternehmen schon lange auf den Markt bringen wollte. Ohne Apple Silicon wäre ein 15-Zoll-MacBook Air vermutlich zu dick und zu schwer geworden.

Die Integration von Hard- und Software fällt bei den jüngsten Mac-Modellen tiefer aus denn je, weil alles aus einer Hand kommt. Mit der erstaunlichen Steigerung von Leistung und Ausdauer ist Apple gut für die Zukunft gerüstet. Nach einer dreijährigen Übergangsphase ist Apple inzwischen in der Lage, sich von seinen etablierten Designs wie dem iMac zu lösen und neue Formen auszuprobieren. Drei der vier Desktop-Modelle von Apple benötigen ein eigenständiges Display, einen größeren iMac gibt es nicht mehr. Die Einführung des Mac Studio (2022) bietet einen Vorgeschmack auf das, was da kommen wird. Der im Design kaum veränderte Mac Pro mit Apple Silicon gilt bei Experten nur als Übergangslösung, denn im Grunde ist sein Kühlsystem überdimensioniert. Es bleibt also spannend bei der Entwicklung des Mac und es gilt weiterhin: "The Times They Are A-Changin’'". (bsc)