Trends der Gamescom für Spiele-Entwickler

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Ein sich seit Jahren abzeichnender Trend wurde auch auf der Gamescom wieder deutlich: Entwicklung für die Spielebranche bedeutet nicht allein die Entwicklung der Spielesoftware. Turtle Entertainments "ESL Wire" ist ein gutes Beispiel dafür. Die nach zwei Jahren Entwicklungszeit veröffentlichte Software ist kein Spiel, unterstützt aber E-Sportler der European Sports League mit VLAN-(Virtual-LAN-) oder Anti-Cheat-Funktionen, Verschlüsslung und der Verwaltung von Spielen. ASUS liefert Mainboards für Hardcore-Gamer in seiner R.O.G.-(Republic of Games-)Reihe mit Software aus, die ein Tunen über ein an das Mainboard angeschlossenes Notebook ermöglicht oder automatisch günstige Settings zum Übertakten ermittelt.

Allgemeine Software für die Durchführung eines Entwicklungsprojekt, zum Beispiel Tech Excels' auf dem Konzept agiler Methoden beruhende DevSuite, findet man auf der Messe ebenso wie genrespezifische Game Engines, zum Beispiel die CryEngine 3. Im Bereich Autorenunterstützung gibt das EU-Projekt "80 Days" einen Ausblick auf zukünftige Werkzeuge. Das an der TU Darmstadt entwickelte Storytec-Framework unterstützt durch einen visuellen Editor das Workflow-orientierte Erstellen etwa der Struktur der Story oder der Interaktion mit den Spielecharakteren.

Die Tool-Entwicklung fällt immer mehr in den Tätigkeitsbereich von Spieleentwicklern. Umgekehrt kommen durch die Weiterentwicklung der stationären Konsolen zur Entertainment- und Kommunikationsplattform immer mehr Entwickler mit Spieleplattformen in Kontakt, die vorher nicht als Spieleentwickler tätig waren. So integriert die Xbox Facebook und Twitter, und es ist demnächst Software erhältlich, die ohne Pufferung Video-on-demand-Dienste realisiert.

Die Präsenz von Entwicklungsstudios und Publishern in der Business Area der Gamescom eröffnet Entwicklern die Chance auf Arbeitgeberkontakte. Nachwuchsentwickler können sich über Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten informieren. Auf der Gamescom sind einige private (und kostenpflichtige) Anbieter wie die Games Academy vertreten. Auch staatliche Hochschulen offerieren verstärkt Ausbildungsmöglichkeiten, die aber in ihrem Umfang nicht an französische oder englische Verhältnisse heranreichen.

Firmen nutzen die Gamescom zudem für das Recruiting. Blizzard sucht beispielsweise aktiv nach Bewerbern, setzt aber Mobilität zu den Entwicklungszentren in Frankreich oder Irland voraus. Zwar beklagt die Spielebranche Mangel an Fachkräften, doch die Wirtschaftskrise hat auch vor der Unterhaltungssoftware nicht Halt gemacht, und einige Studios mussten mussten Entlassungen vornehmen. Trotzdem ist die Stimmung optimistisch, gerade Deutschland kommt im internationalen Vergleich gut weg und kann sogar ein leichtes Wachstum verzeichnen, während die Branche global eher zweistellige rote Zahlen notiert. Doch es gibt in Deutschland große Unterschiede: Während der Markt im Bereich der stationären Spielekonsolen stetig wächst, bricht er bei den mobilen Konsolen ein. Entwicklung von Titeln für den PC ist und bleibt in Deutschland im Vergleich zum Ausland ein starkes Thema. Bei Browser-, Online- und Mobile-Spielen rechnet man mit hohem Potenzial. Inwieweit Entwickler in Deutschland das ausschöpfen können, bleibt fraglich, da gerade Programmierer aus asiatischen Ländern hier erfahren sind. Auf der Gamescom waren beispielsweise Firmen aus Taiwan oder Thailand mit Outsourcing-Angeboten vertreten. Insgesamt vermutet man in der Branche, das Tal durchschritten zu haben, und prophezeit noch für Ende 2009 wieder stärkeres Wachstum.

Ralf Dörner
ist Professor für Computergraphik und Virtuelle Realität an der FH Wiesbaden
(ane)