USA lassen Blut-Plasma als Not-Therapie gegen Covid-19 zu – Ärzte zweifeln

Nach Druck von Präsident Trump hat die FDA den Einsatz von Plasma von genesenen Corona-Patienten für Notfälle erlaubt, was für manche Mediziner zu schnell ging.

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USA lassen Blut-Plasma als Not-Therapie gegen Covid-19 zu – Ärzte zweifeln

(Bild: Ahmad Ardity | Pixabay)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Antonio Regalado
Inhaltsverzeichnis

Die USA haben den breiten Einsatz von Blut-Plasma von Überlebenden einer Infektion mit Covid-19 als Notfall-Maßnahme bei Corona-Patienten zugelassen, obwohl es bislang wenige Belege für die Wirksamkeit gibt.

Bei der vom Weißen Haus als „Durchbruch“ bezeichneten Therapie wird Plasma von Überlebenden Personen verabreicht, die aktuell mit dem Coronavirus kämpfen. Seit Anfang des Jahres wurde damit in China und den Niederlanden experimentiert. Auch in den USA wurden nach Angaben der Medikamenten-Behörde FDA schon mehr als 70.000 Patienten im Rahmen von Studien oder fallweisen Ausnahmen damit behandelt.

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Blut-Plasma von Corona-Überlebenden enthält Antikörper, die dazu beitragen können, ein Virus zu blockieren. Laut Studien können solche Transfusionen die Wahrscheinlichkeit von Todesfällen verringern, vor allem wenn sie früh eingesetzt werden. In ihrer Zulassung als Notfall-Maßnahme verweist die FDA auf dieses geringere Todes-Risiko und bezeichnet Plasma von Genesenen als „potenziell viel versprechende“ Therapie. Als neue „Standard-Behandlung“ sei es jedoch noch nicht qualifiziert.

In öffentlichen Gesundheitsnotfällen hat die FDA die Möglichkeit, Medikamente für einen breiteren Einsatz zuzulassen, wenn sie „möglicherweise“ effektiv sind; hieb- und stichfeste Belege dafür sind nicht erforderlich. In diesem März hatte die Behörde eine Not-Zulassung für zwei Malaria-Medikamente ausgesprochen, die Entscheidung im Juni aber wieder rückgängig gemacht. Hydroxychloroquin und Cloroquin seien wahrscheinlich nicht wirksam und würden Nebenwirkungen am Herzen von Patienten verursachen, hieß es zur Begründung.

Einige Mediziner haben den Umgang mit der Therapie in den USA kritisiert. Dass Ärzte zehntausenden Personen außerhalb von Studien mit Plasma behandeln durften, hat ihrer Ansicht nach das Sammeln von deutlicheren Daten erschwert. Für den Beweis der Wirksamkeit sind kontrollierte Studien erforderlich, in denen eine Gruppe die Behandlung erhält und eine andere ein Placebo. Die neue Zulassung hat zur Folge, dass für die Plasma-Therapie bei einzelnen Patienten die seit April vorgeschriebenen Anträge nicht mehr erforderlich sind. Blut-Banken haben bereits aktiv nach Spendern gesucht, die eine Corona-Infektion überlebt haben.

Die New York Times zitierte vergangene Woche staatliche Gesundheitsbeamte mit der Aussage, für eine Zulassung gebe es nicht genügend Informationen. Kurz darauf reagierte Präsident Donald Trump auf Twitter: Die FDA oder „den tiefen Staat oder was auch immer“ beschuldigte er, Heilmittel auszubremsen, um seine Wiederwahl-Chancen im November zu verringern.

Die Plasma-Zulassung könnte ein Vorgeschmack auf den Umgang der US-Regierung mit einem Impfstoff gegen Covid-19 gewesen sein, fürchten manche Wissenschaftler. Laut dem obersten Mediziner zur Koordination von Impfstoff-Studien in den USA wird es genügend Daten dafür frühestens im Januar geben. Die "Financial Times" berichtete jedoch, dass die Regierung eine schnelle Notfall-Zulassung noch vor dem Wahltag erreichen will. Wenn ein unsicherer oder wirkungsloser Impfstoff breit eingesetzt wird, wäre das ein größerer Rückschlag als uneffektives Plasma. Denn dieses bekommen nur Personen, die schon infiziert sind, während Impfungen auch für Gesunde gedacht sind.

(sma)