Unterschiedliche Festplatten mit derselben Typenbezeichnung
Die Typenbezeichnungen vieler IT-Geräte sind kryptisch. Western Digital schafft es sogar, unterschiedliche Geräte unter der gleichen Bezeichnung zu verkaufen.
c’t-Leser Matthias S. ist ein gewissenhafter Mensch: Vor der Entsorgung von IT-Equipment löscht er Daten so gründlich, dass sie garantiert nicht mehr wiederherstellbar sind. Festplatten schraubt er auf, um die Magnetscheiben zu verbiegen, erst dann kommen sie zum Recyclinghof.
Aber er staunte nicht schlecht, nachdem er zwei vermeintlich gleiche Laufwerke von Western Digital (WD) geöffnet hatte. Trotz identischer Typenbezeichnung hatten sie unterschiedlichen Inhalt: Eine hatte drei Scheiben, die andere nur zwei.
Beide Laufwerke mit jeweils 2 TByte Kapazität trugen die Bezeichnung WD20EZRZ-00Z5HB0, doch eines war laut Aufkleber am 3.10.2015 in Thailand produziert worden, das andere nur wenige Tage später, am 12.10.2015, in Malaysia.
Eine Festplatte mit drei Scheiben dürfte etwas mehr Strom benötigen als eine mit zwei Scheiben. Wir hätten daher gerne ein paar Messungen durchgeführt, um Unterschiede zwischen diesen beiden "gleichen" Festplatten zu finden. Die Exemplare von S. konnten wir dafür jedoch nicht mehr nutzen. Suchen auf eBay & Co. brachten einige gebrauchte WD20EZRZ aus Thailand zum Vorschein, aber nicht eine einzige aus Malaysia. Eine neue, die mit einem Malaysia-Foto beworben wurde, entpuppte sich nach dem Kauf ebenfalls als eine Thailand-Platte.
Von Western Digital kam auf unsere Anfrage nur, dass "beide Produkte die angegebenen technischen Spezifikationen gleichermaßen erfüllen. Es können bei Festplatten mit gleicher Modellnummer unterschiedliche Komponenten verbaut werden." Das Unternehmen konnte immerhin bestätigen, dass es sich in beiden Fällen um legitime WD-Laufwerke handelt.
Interne Informationen
Details erhielten wir nur über Umwege von Branchenkennern. Der Standard-Produktionsort für die Massenfertigung ist demnach Thailand, in Malaysia werden eher Spezialaufträge abgewickelt – etwa, wenn man von einem bestimmten Festplattentyp mal eben ein paar hunderttausend Stück benötigt. Aber Festplatten werden auch auf Halde produziert und später per Firmware je nach dann aktuellem Bedarf eingestellt. Im preissensiblen Markt der Desktop-PCs kommt es nur darauf an, dass die Kapazität stimmt.
So konnte es also passieren, dass ein mindestens zwei Jahre älteres Festplattendesign mit drei Scheiben den gleichen Aufkleber erhielt wie ein damals aktuelles mit zwei Scheiben. Das Produktionsdatum auf dem Aufkleber hat mit dem tatsächlichen Zeitpunkt der Hardwarefertigung nur wenig zu tun; es ist das Datum, an dem diese Hardware mittels passender Firmware zu diesem Modell finalisiert wurde.
Das jüngere Zweischeibendesign sollte laut unseren Informationen bereits mit Glasscheiben (Platters) arbeiten, nach Angaben unseres Lesers aber konnte er alle fünf Scheiben verbiegen – Glas wäre gesplittert. Möglicherweise kam also ein anderes Design zum Einsatz. Sofern die WD Blue mit 2 TByte in einigen Jahren noch mit der gleichen Typenbezeichnung erhältlich ist, könnte der Inhalt erneut verändert sein: 2 TByte passen mittlerweile auf eine einzige Scheibe.
Kosten sparen durch Massenfertigung
Ähnliches passiert aktuell mit den größten lieferbaren Festplatten von Seagate, wenn auch anders herum: In den 16-TByte-NAS-Festplatten soll die gleiche Hardware wie im 18-TByte-Modell stecken, also neun Scheiben à 2 TByte und 18 Schreib-Lese-Köpfe. Im 16-TByte-Modell aber seien zwei der Köpfe deaktiviert.
Den Angaben zufolge spart dies durch die höheren Stückzahlen für die gleichen Teile ein paar Prozent der Herstellungskosten ein. Unsere Messungen mit diesen beiden Ironwolf-Festplatten zeigen einen leicht höheren Energiebedarf beim größeren Modell, auch dessen Geschwindigkeit liegt ein paar Prozent höher. Das war zu erwarten, verwerflich ist diese Art der Kostenoptimierung in unseren Augen nicht. Ob auch andere Hersteller solche Wege gehen, ist uns nicht bekannt; Hinweise dazu nehmen wir gerne auch anonym über unseren sicheren Briefkasten entgegen.
In c’t 6/2021 möchten wir Ihnen den Einstieg ins Smart Home erleichtern: Wir liefern Praxistipps und Kaufberatung für mehr Sicherheit, Komfort und Effizienz im intelligenten Zuhause. Wer seine Finanzen im Griff haben und dafür Homebanking nutzen möchte, sollte Ausgabe 6 zu Rate ziehen: Darin haben wir sechs Programme fürs Homebanking getestet und dabei besonders auf den Datenschutz geschaut. Außerdem zeigen wir, wie Sie im Homeoffice Ihre persönlichen Telefonate und Daten sauber von den beruflichen trennen können. Wir testen GPS-Tracker für E-Bikes, kompakte Dokumentenscanner für mehr Ordnung im Büro und das erste E-Auto mit Android. Die Schul-Cloud des Hasso-Plattner-Instituts (HPI) offenbarte kürzlich ein gewaltiges Sicherheitsleck. Zum Glück wurde das Loch der Plattform nach unseren Hinweisen geschlossen. Dies und noch viel mehr lesen Sie in Ausgabe 6/2021, die ab dem 26. Februar im Heise-Shop und am gut sortierten Zeitschriftenkiosk erhältlich ist.
(ll)