Virtuelle Freunde können bei Angststörungen helfen

Eine deutsch-chinesische Forschergruppe hat untersucht, ob sich soziale Ängste mit Avatarhilfe überwinden lassen.

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Es muss nicht gleich ein Roboter sein.

(Bild: Photo by Andy Kelly on Unsplash)

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Potenziell angsterregende Situationen lassen sich üblicherweise leichter überstehen, wenn man von einer anderen, vertrauenswürdigen Person begleitet wird. In der Verhaltenstherapie wird dieser Ansatz schon seit Jahrzehnten verwendet, etwa bei Konfrontationen mit angstauslösenden Faktoren.

Wer jedoch unter einer sozialen Angststörung leidet, reagiert womöglich anders – und noch gestresster, als ohne helfenden Menschen. Könnten in solchen Fällen virtuelle Assistenten ("Virtual Companions") helfen, weil dadurch die Furcht vor sozialem Fehlverhalten – also in der Praxis die Angst vor einer Bewertung durch den Helfenden – wegfällt? Ein internationales Forscherteam, das aus Wissenschaftlern der Universität Würzburg, der Uniklinik Würzburg sowie der Zhengzhou University in China bestand, hat dies nun in einer Studie mit über 200 Probanden untersucht. Dabei wurde die Angstreaktion physisch über den Hautwiderstand erfasst – und nicht nur durch eine Befragung nach dem Experiment.

Die Untersuchung, die von Grit Hein, Professorin für Translationale Soziale Neurowissenschaften am Institut für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie geleitet wurde, teilte die Probanden zunächst in Gruppen ein. Frauen wurden von Frauen begleitet, Männer von Männern. Alle wurden mit üblicherweise angsterregenden Geräuschen konfrontiert, die sich mit neutralen Klängen abwechselten.

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Die jeweilige Stressreaktion wurde gemessen. Die Gruppen unterschieden sich jeweils in einem zentralen Aspekt: Die einen Probanden hatten jeweils eine reale Person an ihrer Seite, die anderen absolvierten den Test in virtueller Realität, wobei sie ein Avatar als Abbildung einer echten Person begleitete.

Dass die zweite Person das Angstniveau senkte, zeigte sich auch hier. Besonders bei Frauen ohne soziale Angststörung half der echte Mitmensch, bei Frauen mit sozialer Angststörung jedoch weniger. Erstaunlicherweise ergab sich dieser Effekt nicht in vritueller Begleitung: Hier nahm der Stress gleichmäßig statistisch signifikant ab. "Ein virtueller Begleiter könnte das Sicherheitsgefühl bei Frauen mit sozialer Angststörung erhöhen", so die Untersuchung, die in "Translational Psychiatry" erschienen ist.

Der Effekt einer sozialen Angststörung bei den männlichen Testpersonen war allerdings nicht vergleichbar groß. Ob dies an der Sozialdynamik zwischen Männern lag oder andere Gründe hat, konnten die Forscher zunächst nicht ermitteln. In einem nächsten Schritt erwägen sie nun, den Geschlechtereffekt auf die Angstreaktion zu überprüfen. Dabei sollen auch gemischtgeschlechtliche Paare untersucht werden – also etwa, ob ein virtueller Mann oder eine virtuelle Frau an der Seite einer echten Frau oder eines echten Mannes einen Unterschied macht.

(jle)