Warum Videokonferenzen bei Teams & Co. so ermüdend sind

Ein finnisches Forscherteam hat untersucht, warum virtuelle Meetings User zum Gähnen bringen. Demnach fehlen Stimuli und es hat weniger mit Überlastung zu tun.

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(Bild: insta_photos/Shutterstock.com)

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Seit der Corona-Zeit hat die Anzahl virtueller Meetings kaum nachgelassen. Es gibt Büroarbeiter, die täglich in vier oder mehr Teams-, Zoom- oder Webex-Videokonferenzen sitzen. Doch was macht das mit uns und wie geht unser Körper damit um? Oftmals ist man danach erschöpft. Bisherige Studien sahen die Gründe dafür in mentaler Überlastung. Eine Forschergruppe der Aalto Universität in Finnland kommt nun zu einem gegensätzlichen Ergebnis.

Dazu hatte Studienleiterin Niina Nurmi, deren Studie im "Journal of Occupational Health Psychology" veröffentlicht wurde, exemplarisch eine Gruppe von 44 Wissensarbeitern über 382 virtuelle Meetings hinweg beobachtet. Dabei wurden sowohl körperliche Messwerte erfasst (Herzfrequenzvariabilität, HRV) als auch direkte Fragen gestellt. Dabei zeigte sich: Die Menschen, die ihre Zeit in Videokonferenzen verbringen, sind eher unter- als überbeansprucht.

"Unsere Ergebnisse zeigen, dass Wissensarbeiter während virtueller Meetings eher Schläfrigkeit und Untererregung als hohe Stresserregung empfinden. Diese Ergebnisse stellen die weitverbreitete Annahme infrage, dass sich die Ermüdung bei virtuellen Meetings als Erschöpfung aufgrund von Überlastung manifestiert", sagt Nurmi, Assistant Professor of Organizational Design and Leadership. Das heißt: Videokonferenzen sind oft zu langweilig, um die Nutzer bei der Stange zu halten. Die Konzentration leidet.

Und auch wenn Videokonferenzen nicht zu direktem Stress führen: Die Ergebnisse der Studie deuten darauf hin, dass eine hohe Anzahl von Besprechungen, insbesondere virtuelle, die Mitarbeiter während des Arbeitstages auslaugen kann. "Daher sollten Führungskräfte ihre Mitarbeiter dazu anhalten, die Zahl der Besprechungen auf das unbedingt Notwendige zu beschränken und persönlichen Besprechungen nach Möglichkeit den Vorzug zu geben", sagt Nurmi. Das gilt trotz der Tatsache, dass viele Mitarbeiter – im Gegensatz zu immer mehr Unternehmen – das Home Office lieben. "Auf der Grundlage unserer früheren Forschung haben wir festgestellt, dass die Arbeit von zu Hause aus (d. h. Telearbeit) ein hohes Maß an Autonomie und Flexibilität in Bezug auf Arbeitszeiten und -ort bietet, was mit einem höheren Wohlbefinden einhergeht", so die Forscherin.

Die Ermüdung vieler Nutzer bei Videokonferenzen hat auch technische Gründe. Apps wie Teams, Zoom oder Webex sind nicht darauf ausgelegt, wirklich unterhaltsam zu sein. Schon das Starren in die Augen des Präsentators kann ein Problem sein. "Das Umschalten der Kamera durch Hervorheben des Sprechers hilft dabei, zu verfolgen, wer gerade spricht. Aber auch der Redner muss die Reaktionen der anderen sehen, um zu verstehen, ob seine Botschaft ankommt", so Nurmi. Könnten Mixed-Reality-Verfahren, wie sie sich in den kommenden Jahren zunehmend durchsetzen sollen, helfen? Sie habe die zwar noch nicht für Meetings untersucht, sagt die Expertin. "Aber sie könnte das Potenzial haben, die Sitzungsmüdigkeit zu verringern. Da die Mixed-Reality-Technik die Schaffung von immersiven Besprechungsräumen ermöglicht, die eine Brücke zwischen der physischen und der digitalen Welt schlagen, kann sie den Teilnehmern das Gefühl vermitteln, sich im selben Raum zu befinden, auch wenn sie physisch getrennt sind."

(bsc)