Wassereis-Suche und Mondgesetze: Wie es mit der Mondfahrt weitergeht

Roboter und dann Menschen sollen bald zurück auf den Erdtrabanten kommen. Diese Projekte sind geplant.

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(Bild: NASA)

Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Jonathan O'Callaghan
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Endlich geht es zurück zum Mond. So ist zumindest die Hoffnung. Es ist mehr als 50 Jahre her, dass Menschen das letzte Mal die Oberfläche des Erdtrabanten betreten haben, aber ab in diesem Jahrzehnt soll eine Reihe von Missionen privater Unternehmen und nationaler Raumfahrtagenturen uns wieder dorthin zu bringen – angefangen bei kleinen Robotersonden bis hin zu vollwertigen Landefahrzeugen, die auch bemannt sein können. Das ultimative Ziel? Menschen sollen auf dem Mond leben und arbeiten und ihn dann später als Zwischenstation für mögliche spätere Missionen in die Tiefen des Weltraums nutzen.

Mehr als ein Dutzend Roboterfahrzeuge sollen in den 2020er Jahren auf dem Erdtrabanten landen. Bereits am 14. Juli startete Indien seine Mission Chandrayaan-3, den zweiten Versuch des Landes, auf die Mondoberfläche zu gelangen, nachdem Chandrayaan-2 im Jahr 2019 noch abgestürzt war. Der Landeversuch wird im August stattfinden.

Dicht auf den Fersen der Inder sind zwei private Unternehmen aus den USA, Astrobotic und Intuitive Machines, die beide teilweise von der NASA finanziert werden und noch in diesem Jahr mit Mondlandungen beginnen wollen. Die Landefähre Peregrine One von Astrobotic könnte noch 2023 eine Reihe von Instrumenten (zum Teil von der NASA) auf die nördliche Hemisphäre des Mondes bringen, um die Oberfläche zu untersuchen. Dabei ist auch ein Sensor zur Suche nach Wassereis und ein kleinen Rover zur weiteren Erkundung.

Parallel dazu soll der Nova-C-Lander von Intuitive Machines erste Versuche auf dem Mond unternehmen. "Unser Hauptziel ist es, sanft auf der Südpolregion des Mondes zu landen, was noch nie zuvor geschafft wurde", erklärte Steve Altemus, CEO des Unternehmens, nachdem die NASA das Unternehmen kürzlich gebeten hatte, den ursprünglich geplanten Landeplatz zu ändern. Die Mission wird ein Teleskop beinhalten, welches das Zentrum der Milchstraße vom Mond aus abbilden soll – eine weitere Premiere. Zudem will man testen, wie Rechenzentren auf dem Mond funktionieren könnten. Der Start mit einer Falcon-9-Rakete von SpaceX ist vorläufig für September vorgesehen.

Beide Unternehmen haben noch größere Ambitionen. Astrobotic hofft, im Jahr 2024 einen NASA-Rover namens VIPER in einige der ständig beschatteten Krater des Mondes zu schicken, um dort nach Wassereis zu suchen. Die zweite Mission von Intuitive Machines wird ein kleines Hüpffahrzeug (Hopper) einsetzen, das in einen dieser pechschwarzen Krater springt und einen Bohrer von der NASA mitbringt.

"Alle sind schon gespannt", sagt Xavier Orr, Chef der australischen Firma Advanced Navigation, die das Lande-Navigationssystem für Nova-C und später den Hopper liefern soll. Die Krater, fügt er hinzu, gelten als "die wahrscheinlichsten Orte, um Eis auf dem Mond zu finden".

Problematisch bleibt die Finanzierung. Die privaten Unternehmen werden meist mit Millionen von US-Dollar an Regierungsgeldern unterstützt, die von dem Wunsch der NASA angetrieben werden, im Rahmen ihres Artemis-Programms in absehbarer Zeit wieder Menschen auf den Mond zurückzubringen. Die US-Regierung möchte die kommerziellen Aktivitäten auf dem Mond in der gleichen Weise vorantreiben, wie sie kommerziellen Aktivitäten bei der Raketentechnik für die Erdumlaufbahn finanziert hat – das gelungenste Beispiel ist die Elon-Musk-Firma SpaceX.

"Das Ziel ist es, zum Mond zurückzukehren, eine Art Wirtschaft auf dem Mond aufzubauen und dann die Erforschung des Mars fortzusetzen", sagt Nujoud Merancy, Leiterin des NASA Exploration Mission Planning Office im Johnson Space Center in Texas. Der ultimative Plan, so Merancy, sei die Förderung einer "permanenten Siedlung auf dem Mond".

Nicht alle Beobachter sind davon überzeugt, ob das klappt – vor allem, wenn es um die Frage geht, wie Unternehmen mit Mondmissionen außerhalb der Finanzierung durch die NASA Geld verdienen können. "Wie hoch wird das BIP solcher Mondaktivitäten?", fragt Sinead O'Sullivan, früher leitende Forscherin am Institute for Strategy and Competitiveness der Harvard Business School. "Es könnte sich dort theoretisch ein Privatsektor entwickeln, aber ob das passiert, ist schwer zu sagen."

Wenn dann alles nach Plan läuft, wird die Artemis-II-Mission im November 2024 eine Besatzung von vier Astronauten – drei amerikanische und einen kanadischen Staatsbürger – mit dem Orion-Raumschiff der NASA auf eine zehntägige Mission zum Mond schicken, das von der mächtigen neuen Space-Launch-System-Rakete (SLS) getragen wird – allerdings ohne Landung. Seit Apollo 17 im Jahr 1972 sind keine Menschen mehr zum Mond geflogen. Das Ziel ist jedoch "nicht nur eine Rückkehr, sondern ein längerer Aufenthalt und die Erkundung [des Erdtrabanten]", sagt Merancy. Mit Artemis II werde sichergestellt, dass die Raumfahrzeuge für künftige Missionen mit längerer Dauer bereit sind.

Ebenfalls im November 2024 soll eine Falcon-Heavy-Rakete von SpaceX die ersten Module für eine neue NASA-Raumstation in der Nähe des Mondes, "Lunar Gateway" genannt, ins All bringen. Das Lunar Gateway soll die Artemis-Missionen zum Mond unterstützen, obwohl die genaue Beziehung zwischen den Vorhaben noch recht unklar ist. Die ersten Menschen könnten dann im Jahr 2025 an Bord eines SpaceX-Raumschiffs als Teil von Artemis III wieder auf dem Mond landen. Es bleibt jedoch noch viel zu tun – nicht zuletzt der Nachweis, dass das Starship von der Erde aus starten und im Weltraum aufgetankt werden kann. So gab es letzten April einen verpatzten Testflug.

Dies lässt einige Experten am Zeitrahmen zweifeln. 2025 sei zu früh. "Eine Landung im Jahr 2029 wäre optimistisch", sagt etwa Jonathan McDowell, Astronom am Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics in Massachusetts.

In der Zwischenzeit hat die NASA sowohl SpaceX als auch das konkurrierende Unternehmen Blue Origin von Jeff Bezos mit einer möglichen Landung am Südpol des Mondes beauftragt, um nach Wassereis zu suchen, das sowohl als Trinkwasser als auch als Raketentreibstoff verwendet werden kann, so dass der Mond zu einem Ausgangspunkt für Missionen zu weiter entfernten Zielen im Sonnensystem – insbesondere dem Mars – werden könnte. Aber das Ziel sei "nicht nur der Mars", wie Teasel Muir-Harmony, Kuratorin am National Air and Space Museum in Washington, DC, sagt. "Es geht darum, zu lernen, wie man in der Tiefe des Weltraums leben und arbeiten kann – und eine dauerhafte Präsenz jenseits der Erdumlaufbahn zu schaffen."

Die internationalen Gesetze müssten zudem aktualisiert werden, um dem Aufschwung bei den Mondaktivitäten gerecht zu werden. Gegenwärtig werden solche Projekte weitgehend durch den bereits 1967 unterzeichneten Weltraumvertrag "Outer Space Treaty" geregelt, aber viele der darin enthaltenen Einzelheiten sind vage. "Wir kommen in Bereiche wie private Raumfahrtplattformen und Mondbergbauanlagen, für die es keinen eindeutigen staatlichen Präzedenzfall gibt", sagt Scott Pace, Experte für Raumfahrtpolitik an der George Washington University und ehemaliger Exekutivsekretär des National Space Council der USA. "Wir müssen für die Aktivitäten im Weltraum Verantwortlichkeiten entwickeln."

Chris Johnson, Berater für Weltraumrecht bei der amerikanischen Secure World Foundation, geht davon aus, dass die Vereinten Nationen in den nächsten fünf Jahren einige der Probleme auf den Tisch bringen und ausräumen werden. "Wir werden neue Normen für Funkruhezonen, Mondstraßen zwischen Tälern und Kratern und Landeplätze auf dem Mond brauchen", sagt er. Und wenn ein Notfall mit Astronauten aus verschiedenen Ländern auf dem Mond eintritt, "muss jeder in der nächstgelegenen Unterkunft Schutz suchen dürfen, egal ob es die eigene ist oder die eines anderen Landes", sagt er.

Die NASA hat bereits erste Schritte in diese Richtung unternommen, indem sie andere Länder dazu gebracht hat, ihre eigene Artemis-Vereinbarung zu unterzeichnen, eine Reihe von Leitlinien für Mondaktivitäten. Sie sind jedoch nicht rechtsverbindlich. "Es wurden nur eine Reihe von Prinzipien aufgestellt", sagt Johnson.

Während diese Diskussionen laufen, könnte es zu zahlreichen weiteren Mondmissionen kommen, die uns in eine neue Ära der Raumfahrt führen könnten. "Mit der Internationalen Raumstation ISS haben wir gelernt, wie man in einer niedrigen Erdumlaufbahn lebt und arbeitet", sagt Kuratorin Muir-Harmony. "Jetzt haben wir die Möglichkeit, zu lernen, wie man das auf einem anderen Himmelskörper macht, und dann zum Mars zu reisen – und vielleicht zu anderen Orten im All."

(jle)