Wenn Moleküle laufen lernen

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Auf Grundlage dieser Entdeckung könnte nun ein Konzept aus den 90er Jahren wieder aktuell werden. Damals hatten Forscher von IBM versucht, mithilfe von Molekülen einfache Berechnungen durchzuführen. Diese speziellen molekularen Rechenchips sollten so ähnlich arbeiten, wie eine uralte Rechenmaschine, der Abakus: Ein Abakus besteht üblicherweise aus einem Holzrahmen, in dem sich mehrere parallele Stäbe befinden. Auf diesen Stäben kann man kleine Kugeln nach oben oder unter verschieben. Jeder Stab repräsentiert dabei einer Ziffer der darzustellenden Zahl (sind vier Kugeln nach oben geschoben, hat man es also mit einer 4 zu tun usw.). Durch geeignetes Verschieben der Kugeln lassen sich nun auf recht einfache Art und Weise Zahlen darstellen und auch Rechenoperationen durchführen.

Die Idee, die man bei IBM damals hatte, war ebenso einfach. Man wollte anstelle von Kugeln einzelne Moleküle auf Nanostäben verschieben. Diese Miniaturrechenbretter würden natürlich nur einen Bruchteil des Platzes einnehmen, den man für "herkömmliche" Chips benötigte. Damals scheiterte das Projekt daran, dass die Stäbe, auf denen die Moleküle gleiten sollten, nicht nah genug aneinander fabriziert werden konnten. "DTA benötigt keine derartigen Stäbe, um sich geradeaus zu bewegen und würde also einen viel einfacheren Weg der Produktion molekularer Speicher darstellen. Derartige Bausteine wären dann 1000mal kleiner als die gegenwärtig Gebräuchlichen," fasst Bartels die Möglichkeiten zusammen, die seine Technologie in Verbindung mit den alten Plänen der IBM-Forscher bieten könnte.

In Wissenschaftlerkreisen scheint man sich über die Bedeutung seiner Arbeit indes noch nicht ganz einig zu sein. So zeigt sich beispielsweise Flemming Besenbacher, Leiter des "Interdisciplinary Nanoscience Center" an der Universität Aarhus (Dänemark) nur wenig beeindruckt. Es handele sich zwar um eine "nette Arbeit", aber schon andere Forscher hätten sich auf diesem Gebiet verdient gemacht. Allerdings benötigte man in früheren Versuchen jeweils Oberflächen, die den Molekülen ihre Richtung - ähnlich wie Schienen - vorgaben. Insofern stellen die Ergebnisse des Teams aus Riverside doch einen Fortschritt dar. Das sieht auch Robert J. Celotta, Physiker am "National Institute of Standards & Technology (NIST)" in Gaithersberg, Maryland, der sich mit ähnlichen Versuchen (allerdings mit einem Kobald-Atom) beschäftigt hat, so. Er zeigt sich von den Ergebnissen seiner Kollegen begeistert: "Es stellt eine wunderbare Methode dar, um die Grundlagen der Bewegung von Molekülen besser verstehen zu können." Wie wertvoll die Arbeit des Teams aus Riverside nun wirklich ist, wird sich nicht zuletzt dann zeigen, wenn die Arbeiten am "Miniatur-Abakus" wieder aufgenommen werden.

Von Jürgen Brück (wst)