Wie Cyberkriminelle arglose Jobsucher rekrutieren

Seite 4: Schadensbegrenzung

Inhaltsverzeichnis

Franziska E. wandte sich direkt an N26, um Schlimmeres zu verhindern. Dort stand ihr aber lediglich ein Livechat zur Verfügung. Ob es bei N26 ein Konto auf ihren Namen und ihre Anschrift gebe, wollte sie dort wissen; sie sei Opfer eines Identitätsdiebstahls geworden. Mitarbeiter "S." riet ihr knapp, sich an die Polizei zu wenden. Erst als Franziska E. im zweiten Anlauf konkret darauf hinwies, dass mit ihrer Identität und einer fiktiven Mailadresse ein Girokonto eröffnet worden sei, bat Mitarbeiter "V." sie um eben jene Mailadresse. Weitere Auskünfte bekam sie nicht.

Bei der Polizei ihres Wohnortes ließ man Franziska E. auf Nachfrage zunächst wissen, dass man nichts machen könne, solange ihr kein Schaden entstanden sei. Daraufhin wandte sie sich an uns. Auf unseren Rat hin fuhr Franziska E. unverzüglich zur nächsten Polizeiwache und erstattete wegen des Identitätsdiebstahls und -missbrauchs Anzeige. Fünf Tage darauf beschwerten sich die Täter in einer letzten Mail, dass sie entgegen der "Richtlinien" Kontakt zur Bank aufgenommen habe – und bestätigten damit indirekt, dass N26 das Konto geschlossen hatte.

Haben Sie festgestellt, dass Sie selbst oder jemand anderes Opfer dieser Masche geworden sein könnte, handeln Sie schnell. Andernfalls drohen besagte straf- und zivilrechtliche Konsequenzen. Sichern Sie alle Daten wie Telefonnummern und Mailadressen sowie alle Chatverläufe und Mails. Machen Sie Screenshots von Stellenanzeigen, Homepages und Livechats. Mit diesem Material bringen Sie den Identitätsdiebstahl zur Anzeige.

Sie haben das Recht auf eine Anzeige, und zwar auch dann, wenn ein materieller Schaden noch nicht eingetreten ist. Die Behörden veranlassen dann, dass die Bank das Konto schließt. Sie müssen nicht einmal eine Polizeidienststelle aufsuchen, sondern können die Onlinewache Ihres Bundeslandes nutzen; Ihre Rechte können Sie in der sogenannten "Opferfibel" (PDF) nachlesen. Ab dem Zeitpunkt der Anzeige sind sie vor Ansprüchen dritter Geschädigter sowie Strafverfolgung weitgehend geschützt.

Nutzen Sie am besten die Onlinewache, um Anzeige zu erstatten: Sie können Screenshots und Dateien hochladen und bekommen am Ende eine Vorgangsnummer, genau wie auf dem Revier.

Geben Sie zu Protokoll, dass Sie über den Ausgang des Verfahrens informiert werden möchten, und stellen Sie außerdem Strafantrag. Normalerweise bietet die Polizei Ihnen beides an. Sie können dies aber noch bis zu drei Monate nach der Anzeige tun. Zum einen informieren Sie Polizei und Staatsanwaltschaft dann über den weiteren Verlauf und Abschluss des Verfahrens. Zum anderen kann ein Rechtsanwalt über den Strafantrag optional Akteneinsicht verlangen.

Zusätzlich sollten Sie Mailadressen beim Mailprovider (beispielsweise Hotmail) und die Stellenanzeige bei der Jobbörse melden. Sie können außerdem versuchen, über eine WhoIs-Abfrage (bei DE-Homepages über die Denic) den Nameserver/Provider einer Website herauszufinden und sie diesem anzuzeigen. Auch wenn die Täter wahrscheinlich schnell eine neue Homepage und Stellenanzeige online haben, kann man ihnen so zumindest ein paar Steine in den Weg legen. (mon)