Wie PVC zum Brandschutz für E-Auto-Akkus werden soll

Akkubrände sind ein Horrorszenario für Elektroautos. Sekisui Chemical hat einen Hartfaserverbundwerkstoff entwickelt, der Gewicht spart und Feuer verhindert.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 56 Kommentare lesen

(Bild: P5h / Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Martin Kölling

Die Entwicklung von Elektrofahrzeugen ist die Kunst des Kompromisses. Fahrleistung, Sicherheit und Gewicht müssen mit der gewünschten Reichweite und dem Preis austariert werden. Gewichtseinsparungen, und wenn es nur um geringe Prozentsätze geht, sind daher noch wichtiger als bei Verbrennungsmotoren.

Ein Beispiel für eine idealtypisch wirkende Innovation hat nun ein japanischer Chemiekonzern vorgestellt: Sekisui Chemical hat einen neuen Insassenschutz für Akkubrände entwickelt, der nicht nur 30 Prozent leichter als die bisher eingesetzten Aluminiumplatten mit eingefügten anorganischen Material ist, sondern auch besser schützen und weniger kosten soll.

Masahiko Yamagata, ein führender Entwicklungsingenieur des Projekts, erklärt das Verfahren: "Die größte Herausforderung ist die Verhinderung einer Brandexplosion durch die Lithium-Ionen-Zelle." Als Hersteller von chloriertem Polyvenylchlorid kam das Unternehmen nun auf die Idee, das Polymer mit einer Glasfaserplatte zu einer hochflammhemmenden Abdeckplatte für Akkus zu verschmelzen.

Dabei musste das Unternehmen das Problem lösen, das Thermoplast mit einem hohen Faseranteil zu einem leicht verarbeitungsfähigen Produkt zu verbinden. Mit dem Ergebnis der Entwicklung will Sekisui Chemical nun die bisherigen Alu-Platten ersetzen, die über den Lithium-Ionen-Batterien angebracht werden, um bei einem Akkubrand das Übergreifen von Flammen auf den Fahrgastraum zu verlangsamen.

Post aus Japan

Japan probiert mit Elektronik seit jeher alles Mögliche aus - und oft auch das Unmögliche. Jeden Donnerstag berichtet unser Autor Martin Kölling an dieser Stelle über die neuesten Trends aus Japan und den Nachbarstaaten.

Ein Argument für das eigene Produkt ist, dass der Verbundwerkstoff nicht nur besser gegen Feuer isoliert als die bisherigen Verfahren, sondern auch das gefürchtete punktuelle Durchbrennen der Schutzschicht verhindert. Der zweite Vorteil ist für den Entwickler Yamagata die Gewichtseinsparung und der dritte die leichtere Verarbeitung: "Ich denke, dass die Kunden Produktionsschritte und damit Gesamtkosten senken können."

So müssen beim derzeitigen Brandschutz organische Platten in Aluminiumblech eingeschlossen werden. Das neue japanische Material kann hingegen mit einer Presse schnell in die gewünschte Form gebracht und auch leicht recycelt werden.

Mit genauen Angaben zum Herstellungsprozess und den Kosten geizt das Unternehmen allerdings noch. "Wir befinden uns jetzt im letzten Entwicklungsstadium", wirbt Yamagata um Verständnis. Derzeit evaluieren die Kunden, ob das Produkt die Versprechen des Chemiekonzerns und die Anforderungen der Autobauer erfüllt.

Dies ist eine der wichtigsten Hürden in der Entwicklungsarbeit, an der die Kommerzialisierung guter Ideen immer noch scheitern kann. Sollten die Akku- und Autobauer den Brandschutz irgendwann gutheißen, hat das Unternehmen bereits weitere Märkte im Visier, in denen Batterien sich ausbreiten. Ausdrücklich nennt Sekisui Chemical stationäre Batterien für Gebäude, die Strom aus erneuerbaren Energiequellen zwischenspeichern, sowie Gehäuse von Batteriesystemen in Flugzeugen und Solarkraftwerken.

Einen Zeitplan verrät Entwickler Yamagata allerdings nicht. Die großen Sprünge, die sein Unternehmen bei einem kleinen Bauteil verspricht, zeigen jedoch eines: Die Entwicklung von Elektroautos steht noch ganz an ihrem Anfang. In diesem Jahrzehnt können wir daher Durchbrüche in der Batteriechemie, der Effizienz von Elektromotoren und der Sparsamkeit der Rechnersysteme und vielen anderen Bereichen erwarten.

(jle)