Wie Pinguinen ihre engen Kurven unter Wasser gelingen

Pinguine sind extrem wendige Schwimmer. Japanische Wissenschaftler haben ihre Wendemanöver mit Unterwasserkameras und 3D-Modellen untersucht.

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Ein Eselspinguin an Land

Die Eselspinguine waren nicht nur Untersuchungstiere der Studie, sondern stehen für gewöhnlich Pate für Gentoo Linux.

(Bild: Wikimedia Commons / Marinha do Brasil / cc by-sa 2.0)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Martin Kölling

In Tiershows und Zoos sind diese flugunfähigen Vögel längst große Stars: Pinguine. Mit ihrem Watschelgang, ihrem familiären Zusammenhalt und ihren beeindruckenden Schwimmfähigkeiten haben sie auch längst in der Popkultur einen festen Platz: So machten sie der animierte Film "Happy Feet" aus dem Jahr 2006 und 2011 sowie die Filmreihe "Madagaskar" zu Kinohelden. Und nicht zuletzt stehen die Eselspinguine Pate für die Linux-Distribution Gentoo Linux. Auch die Forschung kommt an den putzigen Schwimmern nicht vorbei. Nun ist es Wissenschaftlern in Japan gelungen, den Tieren unter Wasser das Geheimnis ihrer wendigen Kurven zu entlocken.

Natsuki Harada und Hiroto Tanaka vom Tokyo Institute of Technology schlossen gerade mit der Veröffentlichung ihrer Forschungsergebnisse im "Journal of Experimental Biology" eine Lücke in der Pinguinforschung: Bisher habe sich die Wissenschaft vor allem mit der Schnelligkeit der Pinguine im Wasser beschäftigt, aber nicht mit ihrem Kurvenverhalten, begründeten sie die Wahl ihres Forschungsgegenstandes.

Dabei gingen sie von der These aus, dass bestehende Studien zum Wendeverhalten fliegender Vögel hier keinen Aufschluss geben können. Denn Wasser ist 800-mal dichter als Luft, die Mechanismen unterscheiden sich also vom Fliegen. Als Untersuchungstiere wählten die Forscher Eselspinguine im Pinguin-Aquarium von Nagasaki. Denn diese sind mit einer Spitzengeschwindigkeit von etwa 35 km/h die schnellsten Schwimmer unter den Pinguinarten.

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Diese These bestätigten die Forscher mit ihrem Versuchsaufbau: Mit verschiedenen Unterwasserkameras filmten sie die Manöver der Versuchstiere, die an Flügeln und Körper Tracking-Markierungen trugen. Die Aufnahmen wurden anschließend dreidimensional ausgewertet, um mit den Daten ein mathematisches 3D-Modell zu erstellen.

Dieses Modell beinhaltete die Ausrichtung und Winkel des Körpers, die verschiedenen Positionen und Bewegungen der Flügel bei jedem Schlag, die damit verbundenen kinematischen Parameter und hydrodynamischen Kräfte sowie verschiedene Rotationsmetriken. Das überraschendste Ergebnis: Anders als Vögel oder Flugzeuge beim Fliegen drehen Pinguine ihren Bauch nicht nach außen weg vom inneren Kurvenradius, sondern leicht nach innen.

Dabei gleiten sie entweder mit ruhenden Flügeln durch die Kurve oder beschleunigen bzw. verkleinern den Radius durch Schlagen. Durch eine Aufwärtsbewegung des Flügels können sie dann die Kurvenfahrt beschleunigen oder den Radius verkleinern. So spielerisch die Forschung klingt, so nützlich ist sie in den Augen der Wissenschaftler.

Insgesamt tragen die Ergebnisse dazu bei, besser zu verstehen, wie sich Pinguine beim Schwimmen drehen, heißt es in der Mitteilung der Universität. Dies sei sowohl aus biologischer als auch aus technischer Sicht wichtig. Es ist vorstellbar, dass solche Erkenntnisse Fortschritte und Ideen in anderen technischen Bereichen befördern. So gibt es eine Studie über die Funktion des speziellen Gefieders beim schnellen Schwimmen, dessen ähnliche Mechanismen sich der moderne Schiffbau zu Nutze gemacht hat, um den Wasserwiderstand zu verringern.

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Einige Forscher haben sich sogar die Pinguine zum Vorbild genommen. Ein deutsches Forscherteam stellte 2014 ein Mini-Tauchboot vor, dessen Form einem Pinguinkörper nachempfunden ist. Und wer weiß, vielleicht findet die Wissenschaft im patentfreien geistigen Eigentum der Evolution noch mehr Nachahmenswertes. Professor Tanaka bemerkt: "Die Mechanismen verschiedener anderer Manöver der Pinguine, wie die schnelle Beschleunigung, das Auftauchen und Abtauchen und das Herausspringen aus dem Wasser, sind noch unbekannt."

(jle)