Windenergie und Photovoltaik: Hartnäckige Mythen im Faktencheck
Seite 3: Photovoltaik
Mythos: "Die Herstellung von Solarzellen erfordert mehr Energie, als sie jemals erzeugen kann."
Falsch. Eine PV-Anlage in Deutschland produziert unter optimalen Bedingungen nach wenigen Jahren die Energie, die fĂĽr ihre Produktion aufgewendet wurde.
In einer ausführlichen Studie des Umweltbundesamtes zum Thema Ökobilanzen von Windenergie- und Photovoltaikanlagen [PDF] verglichen die Forscher mehrere moderne Photovoltaik-Anlagensysteme miteinander. Sind die Solarmodule aus polykristallinen Wafern gebaut, rentiert sie sich etwas schneller als zum Beispiel monokristalline Solarmodule, die aufwendiger und unter mehr Energieeinsatz produziert werden. Ein Produktionsland wie China ist aufgrund der Produktionsbedingungen wie zum Beispiel der hohen Kohleverstromung in der Produktion negativer in der Umweltbilanz und weist daher einen schlechteren Wert auf. Somit benötigt eine in Deutschland installierte, polykristalline PV-Anlage chinesischer Bauart in der Berechnung nur etwa zwei Jahre, um den Energieeinsatz wieder rauszuholen.
Selbst unter weniger guten Bedingungen (wie etwa einen schlechter zur Sonne ausgerichteten Standort) erzeugt eine Solaranlage noch immer in wenigen Jahren die in die Produktion gesteckte Energie.
Wenn Sie die Zeit für die Energierückgewinnung Ihrer PV-Anlage berechnen möchten, bietet das Umweltbundesamt den Ökobilanz-Rechner für Photovoltaik-Anlagen an.
Mythos: "Eine Solaranlage ist viel zu teuer, um sich zu rechnen. Sie spielt die Gesamtkosten niemals ein."
Falsch. Eine bedarfsgerecht und effizient geplante PV-Anlage kann unter guten Bedingungen die Kosten wieder einspielen.
2006 kosteten Anlagen im Schnitt noch 5000 Euro pro Kilowatt Peak (kWp), sind sie bis 2021 auf 1200 bis 1500 Euro pro kWp gefallen. kWp steht für Kilowatt Peak = Spitzenleistung unter Idealbedingungen. Im Schnitt wäre das in Deutschland etwa 800 bis 1000 Kilowattstunden erzeugter Strom pro Jahr.
Doch wie berechnet man die Zeit, bis die PV-Anlage rentiert? Zunächst rechnet man sämtliche Investitionskosten zusammen, abzüglich staatlicher Förderung. Das Ergebnis dividiert man durch die jährlichen Einnahmen aus Einspeisevergütung, plus Stromkostenersparnis durch Eigennutzung. Das Ergebnis ist die Anzahl an Jahren, bis sich die Kosten wieder eingespielt haben.
heise online befragte Alexander Steinfeldt, Energie-Experte der gemeinnĂĽtzigen Beratungsgesellschaft co2online. Er gab folgende fiktive Beispielrechnungen an:
 | Beispiel 1 | Beispiel 2 | Beispiel 3 |
Haushalt | Einfamilienhaus, 2 Personen, Gasheizung | Einfamilienhaus, 2 Personen, Gasheizung | Einfamilienhaus, 2 Personen, Wärmepumpe |
Leistung in kWp | 4 | 10 | 10 |
PV-Fläche in m² | 24 | 60 | 60 |
Kosten Förderkredit (KfW 270) | 9.240 € | 23.230 € | 23.230 € |
Stromkosten vor Installation in Euro | 1.110 € | 1.300 € | 3.060 € |
Stromkosten nach Installation abzgl. Einspeisevergütung, inkl. Betriebskosten) | 660 € | 540 € | 1.650 € |
jährliche Einsparung der Stromkosten | 450 € | 760 € | 1.410 € |
Amortisierung in Jahren (bei aktuellem Strompreis) | 20,5 | 30,5 | 16,5 |
Amortisierung in Jahren (bei steigendem Strompreis) | 15,0 | 23,5 | 11,5 |
Beispiel 1 steht für ein durchschnittliches Einfamilienhaus, das mit Gas heizt. Da reiche eine kleine Photovoltaikanlage mit weniger als 10 kWp aus. Beispiel 2 zeigt, dass eine größere PV-Anlage durch höhere Investitionskosten im Gegensatz zu den eingesparten Stromkosten zu hoch für eine Amortisierung innerhalb von 20 Jahren (siehe Beispiel 2) – zumindest beim aktuellen Strompreis. Ist aber in Zukunft die Anschaffung eines E-Autos oder einer Wärmepumpe geplant, ist auch eine größere PV-Anlage lohnend. Am schnellsten gelänge die Amortisierung mit einer 10 kWp PV-Anlage für ein durchschnittliches Einfamilienhaus mit Wärmepumpenheizung (Beispiel 3).
Zudem helfe ein erhöhter Eigenverbrauch wie durch eine Wärmepumpe oder ein E-Auto bei der Amortisierung. Speichersysteme wie Batteriespeicher ermöglichen es, selbst erzeugten Strom auch in den Tageszeiten zu nutzen, in denen nicht die Sonne scheint. Das erhöht ebenfalls den Eigenverbrauch.
Mythos: "Panels herzustellen ist sehr umweltschädlich und deren Entsorgung ist problematisch."
Unwahr. Solarzellen verwenden in der Produktion gängige Stoffe wie Silizium und Glas. Außerdem sind heutige Produktionsverfahren ressourcenschonender als früher. Solarpanels sind zudem kein Sondermüll und recyclebar.
Solarmodule bestehen zumeist aus Silizium, Aluminium, Glas sowie unterschiedlichen Kunststoffen. In den gängigen Bauarten können pro Solarmodul geringe Mengen an Blei und Cadmium enthalten sein. Moderne Systeme kommen ohne Blei aus, sie sind allerdings noch kostenintensiver als die herkömmlichen Module.
Solarzellen sind kein Sondermüll. Eine private Hausdachanlage kann wie ein Elektrogerät beim Wertstoffhof abgegeben und recycelt werden. Dank optimierter Produktionsverfahren wie dünneren Siliziumschichten oder weniger Abfall beim Zusägen von Solarzellen ist die Herstellung ressourcenschonender als noch vor einigen Jahren.
Mythos: "Die Aufstellung von PV-Anlagen zerstört ökologischen Boden und nimmt Agrarfelder weg."
Falsch. PV-Anlagen werden zumeist ohnehin auf versiegelten Flächen wie Hausdächern installiert. Auf dem Feld können sie Biodiversität fördern.
Auf Dächern sind die ökologischen Aspekte einer PV-Anlage unbedenklich. Auf dem Acker bietet eine PV-Anlage möglicherweise Vorteile. Laut dem Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE) nimmt die Biodiversität grundsätzlich zu, wenn eine zuvor bewirtschaftete Fläche zu einer PV-Freiflächenanlage umgestaltet wird. Außerdem müssen die Anlagen Abstände einhalten, um sich nicht gegenseitig zu beschatten.
Zudem profitieren Moorflächen von PV-Nutzung, indem eine darauf installierte PV-Anlage durch Beschattung der Austrocknung entgegenwirke, so das Fraunhofer-Institut. Der Naturschutzbund Deutschland hat dazu mit der Solarwirtschaft Kriterien für eine schonende Moor-Bebauung ausgearbeitet. Zudem gibt es bereits Ansätze, landwirtschaftlichen Boden sowohl zur Nahrungsmittelproduktion als auch zur Stromerzeugung zu nutzen. Dazu wird eine Solaranlage so auf einem Feld errichtet, dass es sich noch mit Pflanzen bewirtschaften lässt, die weniger Licht benötigen. In einem Versuchsfeld lieferten im Hitzesommer 2018 mit Sellerie, Winterweizen und Kartoffeln sogar drei von vier angebauten Pflanzensorten einen höheren Ertrag gegenüber einem Referenzfeld ohne Solaranlage.
Sicherlich ist die Konkurrenz zwischen landwirtschaftlichen Flächen und PV-Anlagen eine Herausforderung. Sie bietet bei richtiger Anwendung auch Chancen, zumal die Bestückung von Dächern mit PV-Anlagen noch lange nicht ausgereizt ist.