Windenergie und Photovoltaik: Hartnäckige Mythen im Faktencheck

In der Diskussion um Wind- und Solarenergie sind zahlreiche Mythen und Legenden im Umlauf. Doch was steckt wirklich dahinter? Wir haben die Fakten geprüft.

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(Bild: Shutterstock)

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Inhaltsverzeichnis

Die Energiewende von fossiler Energieerzeugung hin zu erneuerbaren Energien wird hitzig diskutiert. Immer wieder geistern Behauptungen, Halbwahrheiten und urbane Legenden um erneuerbare Energieträger durchs Netz. Unser Hintergrundartikel prüft solche Behauptungen zu den Themen Windkraft sowie Photovoltaik auf ihre Plausibilität.

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Wir prüfen insgesamt neun Mythen, die immer wieder in Diskussionen auftauchen, auf ihren Wahrheitsgehalt und stellen ihnen Fakten gegenüber. So erlangen Sie das Rüstzeug, um in der nächsten Diskussion faktenbasiert gegenargumentieren zu können.

Bisher unbelegt. In wissenschaftlichen Studien wurden Infraschall-Emissionen durch Windräder in verschiedenen örtlichen Abständen untersucht und bisher keine nennenswerten Effekte nachgewiesen.

Infraschall ist eine sehr tiefe Schallart, die unterhalb von 20 Hertz liegt. Menschen können in diesem Bereich keine Tonhöhen voneinander unterscheiden. Erst bei einer sehr hohen Lautstärke (gemessen in Dezibel) ist Infraschall wahrnehmbar – als Brummen oder Druck im Ohr. Dieser wahrnehmbare Infraschall ist für den Organismus ähnlich schädigend wie lauter höherfrequenter Schall, zum Beispiel eines Konzerts. Das Umweltbundesamt listet dazu Folgendes auf: Schädigungen des Gehörs, Herzmuskelzellen oder Herz-Kreislaufsystem, Schlaflosigkeit, Ermüdung und Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit.

Infraschall ist im Alltag präsent und kann viele Ursachen haben: Straßen- oder Bahnverkehr, der Betrieb technischer Anlagen und Naturphänomene wie böiger Wind. An Windanlagen entsteht das impulsartige Signal durch die drehenden Rotoren um den Turm.

In den vergangenen Jahren entzündete sich eine Diskussion, ob die Infraschallemissionen von Windanlagen gesundheitsschädlich für Anwohner in der Nähe sein können. Das lag auch daran, dass in einer 2005 veröffentlichten Studie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) die Windanlagen-Schallemissionen falsch berechnet wurden. Die Studie gab die Infraschall-Emission mit 100 Dezibel in an, während der wirkliche Wert bei 64 Dezibel und damit 36 Dezibel niedriger lag. In der Akustik sind das Welten: Bei hochfrequenten Tönen wäre 64 Dezibel in etwa vergleichbar mit einem Fernseher in Zimmerlautstärke, 100 Dezibel dagegen mit einem Lautsprecher in einer Diskothek. Im Niedrigfrequenten ist 64 Dezibel unterhalb der Wahrnehmungsschwelle, während 100 Dezibel wahrnehmbar und auf Dauer gesundheitsschädlich wäre. Nach viel Kritik korrigierte sich die BGR erst im Jahr 2021. Das brachte den damaligen Wirtschaftsminister Altmaier dazu, sich für den Fehler seiner unterstellten Behörde zu entschuldigen.

Wie ist es denn mit der Gesundheit? Die bayrischen Landesämter für Umwelt und Gesundheit beschäftigten sich mit der Frage nach möglichen gesundheitlichen Gefahren und veröffentlichten gemeinsam eine Broschüre zu Windenergieanlagen, Infraschall und Gesundheit [PDF]. Sie betrachteten verschiedene Studien zum Thema und kamen zum Fazit, dass viele sorgfältige, wissenschaftliche Studien existieren, bisher ohne einen Nachweis, dass die Infraschallemissionen von Windkraftanlagen einen schädlichen Effekt aufweisen. Dennoch sei die Forschung bemüht, mögliche Restrisiken auszuschließen und erforscht die Problemstellung weiterhin.

Und wie ist es mit den Abständen von Windkraftanlagen? In einer Messreihe hat die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg von 2013 bis 2015 die Infraschall-Emissionen von Windkraftanlagen verschiedener Hersteller gemessen. Geprüft wurden Windkrafträder verschiedener Hersteller und einem Leistungsspektrum von 1,8 bis 3,2 Megawatt und einer Nabenhöhe von 86 bis 140,6 Metern. Die Messungen erfolgten jeweils aus 120, 300 sowie 700 Metern Entfernung zur Anlage. Die Ergebnisse veröffentlichten die Forscher im Informationsblatt Tieffrequente Geräusche inkl. Infraschall von Windkraftanlagen und anderen Quellen [PDF]. Ihr Fazit: In den Messungen blieben die Emissionen selbst im Nahbereich von 130 Metern stets deutlich unterhalb der Wahrnehmungsschwelle. Ab 700 Metern seien zudem die gemessenen Infraschall-Emissionen von Windkraftanlagen kaum von anderen Infraschallquellen, wie zum Beispiel Wind, zu unterscheiden gewesen.