Porträt: Die Part Time Scientists

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Karsten Beckers Büro an der TU Hamburg-Harburg sieht aus wie Kraut und Rüben. (Er sei eben einer der angewandten Informatiker, entschuldigt er sich, die anderen Büros sähen nicht so aus.) Das meiste, was hier herumliegt, geht auf das Konto der Part Time Scientists: Diverse Versionen der Platinen, des Rovers Innereien. In der Mitte des Raumes verdrängt eine taillenhohe massive Holzkiste die Luft. Darauf hockt, leidlich zerrupft, etwas aus Alu mit profilierten Rädern so groß wie Honigmelonen, das entfernt wie ein Mini-Quad aussieht, wo sich ein Kind reinsetzen und den ganzen Tag fröhlich durch brockige Erdfelder düsen könnte. Anders betrachtet steht da Hardware im Wert von 250.000 Euro und sechs Jahren Entwicklungsarbeit. Auf dem Mond wird es fahren, und zwar ferngesteuert von der Erde aus. (Ohne Kind.)

Der Übungsrover dient dazu, die Steueralgorithmen zu prüfen (und Gäste damit fahren zu lassen).

(Bild: Anika Kehrer, rtfinem.de)

Die Hardware des Projekts besteht aus einem Mond-Rover, einer hochauflösenden Kamera und einem Landemodul. Rover und Kamera sind originäre Eigenentwicklungen des Projekts. (Die Rakete, die all das transportiert, baut das Team ja ausnahmsweise nicht selbst.) Das Landemodul ist im Frühjahr 2014 als Entwurf in die Hände des studentischen Space Teams an der TU Wien gewandert, das als Kooperationspartner zeichnet, weil bei den Part Time Scientists die Ressourcen nicht gereicht haben.

Eine Besonderheit des Rovers, erklärt Becker, sei die Fähigkeit zum seitlichen Fahren, falls die Sonneneinstrahlung quer zur Fahrtrichtung verläuft. Seine Energie bezieht der Rover auf dem Mond nämlich aus einem Solarpanel, das er auf dem Rücken trägt. Das Panel ist auch verantwortlich für die Größe des Gefährts. Seit etwa 2012 sind sie bei der Version R3 gelandet. Sollten sie feststellen, dass das Panel wieder nicht reicht, kann das fatale Folgen haben: "Wir müssten das Panel vergrößern", erkärt Becker, "also den Rover vergrößern. Und dann müssten wir die nächstteurere Rakete kaufen. Die kostet dann statt 20 Millionen 100 Millionen."

An dieser offenen kurzen Seite des Rovers sind die Rad-Federungen zu sehen. Die beiden aufrechten Schrauben in der Mitte sind hingegen dafür da, den Rover in der Höhe verstellen zu können.

(Bild: Anika Kehrer, rtfinem.de)

Im Moment frickelt das Team an der Elektronik. Daher ist auch der Kamerakopf gerade nicht da (er ist bei Arne Reiners). Für die Videoverarbeitung evaluiert das Team gerade einen Nvidia Tegra K1, mit dem sie die Daten im H.265-Codec übertragen könnten (im Moment arbeiten sie mit JPEG 2000). Durch die höhere Kompression könnten die Kameras ihre Aufnahmen in fast voller Auflösung übertragen. Außerdem hat sich das Team dafür entschieden, den Rover-Bauch mit einer Backplane zu durchziehen, auf die die einzelnen Platinen aufgesteckt werden anstatt sie mit Kabeln zu verbinden. Auf die Art können sie einfach eine Platine auswechseln, wenn zum Beispiel ein Motortreiber kaputt geht. Auf die Frage, ob die feste Montage via Steckkarten nicht anfälliger für die Vibrationen sei, sagt Becker, dass bei Kabeln dafür andere Probleme auftreten: Da lockern sich dann die Stecker. Die Platinen hingegen würden fest verschraubt.