European XFEL: Die schnellste Kamera der Welt

In Hamburg geht am 1. September mit dem European XFEL offiziell ein Teilchenbeschleuniger in Betrieb, der die stärksten und kürzesten Röntgenblitze der Welt erzeugen kann. Mit ihnen sollen sich chemische Prozesse auf Molekülebene filmen lassen.

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Knapp 3,4 Kilometer ist das neue Wunderwerkzeug der Physik lang. Im Vergleich zum LHC in Genf (26,7 Kilometer) ist der "European XFEL" in Hamburg zwar immer noch ein Winzling. Dafür aber kann er die weltweit stärksten und kürzesten Röntgenblitze erzeugen. Sie dauern weniger als 100 Femtosekunden (0,0000000000001 Sekunden). In dieser Zeit durchquert Licht gerade einmal ein menschliches Haar.

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Mit ihnen können Forscher beispielsweise ultraschnelle Vorgänge filmen, etwa die Bildung chemischer Verbindungen bei der Photosynthese. Sie wollen die Struktur von Biomolekülen entschlüsseln oder extreme Drücke und Temperaturen erzeugen, um die Zustände im Erdinneren zu simulieren. Aber die Möglichkeiten sind so vielfältig, dass die Forscher selbst noch ausloten müssen, was genau sich alles anstellen lässt.

Im Oktober vergangenen Jahre wurde der XFEL nach siebenjähriger Bauzeit eingeweiht. Nun startet er am 1. September in den offiziellen Betrieb. Entwickelt wurde die Anlage vom Hamburger Forschungszentrum Desy mit zahlreichen europäischen Partnern. Elf Länder haben sich an der Finanzierung beteiligt. Die größten Teile der Baukosten von 1,22 Milliarden Euro steuerten Deutschland (58 Prozent) und Russland (27 Prozent) bei.

Und so funktioniert der XFEL: Ein konventioneller Ultraviolett-Laser schlägt zunächst Elektronen aus einer Cäsiumtellurid-Elektrode heraus. Mikrowellen beschleunigen diese über eine 1,7 Kilometer lange Strecke in sogenannten Resonatoren. Dies sind Rohre mit Ausbuchtungen wie ein Baumkuchen.

Ein Teil von ihnen besteht aus dem Metall Niob und wird von flüssigem Helium auf minus 271 Grad gekühlt. Das Niob wird dann supraleitend, verliert also seinen elektrischen Widerstand. Haben die Elektronen annähernd Lichtgeschwindigkeit erreicht, werden sie durch Magnete, die Undulatoren, auf eine Slalomstrecke gezwungen. In jeder Kurve geben die Elektronenpakete dabei einen Teil ihrer Energie in Form von Röntgenstrahlen ab, die sich zu einem laserartigen Blitz verstärken. Mit ihnen lässt sich dann Materie durchleuchten.

Der XFEL nutzt fünf verschiedene, bis zu hundert Meter lange Undulatoren, um unterschiedliche Röntgenstrahlungen mit Wellenlängen von 0,05 bis 4,7 Nanometer zu erzeugen. Die Strahlen werden dann auf zehn Messplätze geleitet, an denen Forscher unterschiedliche Experimente machen können.

XFEL - Die schnellste Kamera der Welt (9 Bilder)

Die ultrakurzen und ultrahellen Röntgenlaserbiltze am European XFEL ermöglichen die Untersuchung von ultraschnellen Prozessen, zum Beispiel in der Chemie. Mit dem Röntgenlaserstrahl synchronisierte optische Laser (rot) setzen den Prozess in Gang und aktivieren die Probe, hier in einer Flüssigkeit gelöst dargestellt. Die Untersuchung mit dem Röntgenlaserstrahl (blau) erfolgt direkt darauf, das gestreute Röntgenlicht wird im Detektor aufgenommen (rechts). Aufeinanderfolgende Pulse nehmen verschiedene Phasen der chemischen Reaktion auf. Die Bilder können anschließend zu einem Zeitlupen-Molekülfilm zusammengesetzt werden. (Bild: European XFEL / Rey.Hori)

(grh)