»Zeitalter der Quanteninformation«

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"Ein Quantencomputer mit nur 300 Atomen kann mehr Zustände auf einmal darstellen, als es Atome im Universum gibt", erklärt Zoller. Und der Wettlauf für Computer mit mehr Qubits ist in vollem Gang: Als die Innsbrucker im April 2005 über ein erfolgreiches Experiment mit sechs Qubits berichteten, machte sich auch David Wineland vom amerikanischen National Institute of Standards daran. Das IQOQI legte auf acht nach, beide Gruppen verständigten sich dann darauf, ihre Ergebnisse zeitgleich Anfang Dezember im Fachblatt "Nature" zu veröffentlichen.

"Hier gibt es eine kritische Masse an guten Forschern aus allen Generationen", versucht sich Geschäftsführer Blatt an einer Erklärung für den Vorsprung. Neben seiner Arbeitsgruppe und den Theoretikern Zoller und Hans-Jürgen Briegel erforscht in Innsbruck ihr Kollege Rudolf Grimm die Quantenphänomene von ultrakalten Superatomen, den Bose-Einstein-Kondensaten. Kombiniert mit so genannten optischen Gittern, etwa aus speziell justierten Laserstrahlen, gelten sie als Kandidaten für Quanten-Speicher. Der Erfolg überzeugt offensichtlich auch die Geldgeber. So investierte die öffentliche Hand in Österreich etwa 15 Millionen Euro in das 2003 gegründete IQOQI. Derzeit verlagern die Quantenforscher ihre aufwendig justierten Experimente in den Neubau des Instituts. Doch bis alle Linsen, Vakuumkammern und Laser wieder an ihrem rechten Platz sitzen, vergehen möglicherweise noch bis zu drei Jahre. Daher pendeln die Forscher heute noch zwischen Uni-Institut und Neubau. Auch die EU setzt mit dem Projekt "Quantum Information Processing and Communication" (QIPC) einen Forschungsschwerpunkt auf die Quanteninformatik. Schon im 6. Forschungsrahmenprogramm flossen erste EU-Gelder in diesen Bereich. Selbst die Vereinigten Staaten halten Blatts Forschungen für förderungswürdig. Über die ARDA (Advanced Research and Development Activity), die Grundlagenforschung auch schon mal über die US-Staatsgrenzen hinaus fördert, erhält Blatt über drei Jahre rund eine Million Dollar. "Es gibt überhaupt keine Auflagen", versichert der Physiker, "sonst hätte ich es nicht gemacht. Die wollen einfach auf dem Laufenden bleiben."

"Wir sind gerade erst bei Konrad Zuse angelangt", dämpft Blatt allerdings die Erwartungen. Der Vergleich mit dem Frühstadium heutiger Computer trifft: Konrad Zuse konnte 1938 mit seiner mechanischen Rechenmaschine Z1 gerade mal einige Zahlen multiplizieren. Wie und ob sich daraus leistungsstarke Computer für die unterschiedlichsten Anwendungen entwickeln würden, war damals überhaupt noch nicht abzusehen. Dieses Mal wird immerhin die Bedeutung früh gesehen: "Stand im letzten Jahrhundert die Elektrotechnik im Mittelpunkt, wird das 21. Jahrhundert das Zeitalter der Quanteninformation", sagt Blatt voraus.

(Text entnommen aus Technology Review Nr. 1/2006; das Heft können Sie hier bestellen.) (wst)