FAQ: iPhone-6s-CPU von TSMC oder Samsung?
Seit einigen Tagen herrscht Verwirrung: Ein Nutzer behauptete, der Akku von iPhone-6s- und 6s-Plus-Modellen mit Samsung-Prozessor halte weniger lang durch als der in Geräten mit TSMC-Chip. Apple widersprach, doch mancher zweifelte die Aussage an. Mac & i bringt Licht ins Dunkel.
Ich höre ständig von irgendwelchen Unterschieden zwischen den Akkulaufzeiten neuer iPhones. Was ist da überhaupt los?
Apple lässt die A9-SoCs (Systems-on-Chip), die unter anderem den Haupt-, den Grafikprozessor und den Bewegungscoprozessor M9 in sich vereinen, in den neuen iPhones 6s und 6s Plus (siehe ausführlichen Test in Mac & i Heft 5/2015, S. 18) bei zwei unterschiedlichen Herstellern fertigen, nämlich bei Samsung und bei TSMC. Ein Reddit-Nutzer hat vergangene Woche Ergebnisse aus Geekbench veröffentlicht, die annehmen lassen, dass das Gerät mit TSMC-A9 im Akku-Test des Benchmark-Tools 1:45 Stunden länger durchhält, und damit für einige Aufregung bei iPhone-Besitzern und Medien gesorgt. Wir haben uns mit der Berichterstattung zurückgehalten, bis wir uns einen eigenen Eindruck verschaffen konnten.
Was sagt Apple zu den Vorwürfen, die Akkulaufzeit der Geräte unterscheide sich?
Apple hat in einer Stellungnahme gegenüber dem US-Blog Techcrunch betont, derartige Testläufe, die den Prozessor durchgehend vollständig auslasten, seien irreführend und nicht repräsentativ für die Akkulaufzeit im Alltagseinsatz. Die Akkulaufzeit von iPhone 6s und iPhone 6s Plus variiere zwischen einzelnen Geräten derselben Modellreihe unter Berücksichtigung "variabler Komponenten-Unterschiede" um lediglich 2 bis 3 Prozent. Diese Werte basieren auf Apples eigenen Tests sowie Daten von iOS-Nutzern. Apple erhält diese, sofern man der Frage des Einrichtungsassistenten nach der Übertragung der Daten zugestimmt hat. (Im Nachhinein lässt sich dies in den Datenschutz-Einstellungen unter "Diagnose & Nutzung" an- oder abschalten.)
Welche Akkulaufzeiten verspricht Apple?
Apple gibt auf den Produktseiten zu den technischen Daten folgende Zahlen zum iPhone 6s an:
Sprechdauer: bis zu 14 Std. mit 3G
Internetnutzung: bis zu 10 Std. mit 3G, bis zu 10 Std. mit LTE, bis zu 11 Std. mit WLAN
HD Videowiedergabe: bis zu 11 Std.
Audiowiedergabe: bis zu 50 Std.
Standbydauer: bis zu 10 Tage
und zum 6s Plus:
Sprechdauer: bis zu 24 Std. mit 3G
Internetnutzung: bis zu 12 Std. mit 3G, bis zu 12 Std. mit LTE, bis zu 12 Std. mit WLAN
HD Videowiedergabe: bis zu 14 Std.
Audiowiedergabe: bis zu 80 Std.
Standbydauer: bis zu 16 Tage
Das Messverfahren, mit dem diese Werte ermittelt wurden, erläutert Apple recht ausführlich.
Welche Laufzeiten schaffen die Geräte in der Praxis?
Wir haben diverse praxisnahe Tests auf zwei unterschiedlichen iPhone-6s-Modellen gemacht. Das eine hatte einen TSMC-A9, das andere einen Samsung-A9. Ansonsten waren sie identisch. Beide hatten iOS 9.0.2, 64 GByte Flash-Speicher und beide enthielten exakt dieselben Daten, Apps und Einstellungen. Um das sicherzustellen, haben wir auf dem einen das Backup des anderen Geräts eingespielt. Dementsprechend liefen auch jeweils die gleichen Hintergrunddienste.
Für unsere Messungen stellten wir auf beiden Geräten weitestgehend identische Verhältnisse her: die Display-Helligkeit auf 100 % (Auto-Helligkeit war abgeschaltet), die Lautstärke auf lautlos, "Hey Siri" auf an. Die Hintergrundaktualisierung und die iCloud-Synchronisierung waren abgeschaltet. Beide befanden sich im Flugmodus oder waren in dasselbe WLAN und in das Mobilfunknetz der Telekom eingebucht, wenn das für die Tests erforderlich war. Beide Geräte hatten wir zu Beginn der Untersuchung zu 100 Prozent aufgeladen.
Für die Tests haben wir jeweils die gleiche Aktion gleichzeitig gestartet. Dieses Szenario ist wesentlich realistischer und praxisnäher als ein synthetischer Benchmark wie Geekbench. Wir spielten unter anderem das aus dem iTunes Store gekaufte Video "Kokowääh" in Apples eingebautem Video Player bis zum Ende durch und legten anschließend das Gerät ein paar Minuten zur Seite. Dann öffneten wir auf beiden parallel identische E-Mails und diktierten zwei E-Mails per Siri – alles gleichzeitig. Wir luden in Safari jeweils dieselben Webseiten und starteten das in Sachen CPU- und GPU-Beanspruchung relativ aufwendige 3D-Spiel Asphalt 8. In diesem öffneten wir denselben Level, der ohne unseren Einfluss automatisch durchlief. Anschließend spielte die App auf beiden Geräten noch mehrere Minuten dieselben Animationen ab.
Schließlich luden wir noch zwei Apps aus dem App Store herunter, darunter ein weiteres Spiel, das wir eine Viertelstunde lang auf beiden Geräten synchron ausprobierten. Wir scrollten durch unsere Facebook-Timeline und bewegten uns durch die 3D-Ansicht von Berlin in Apples Karten-App. Die Gesamtnutzung betrug 4 Stunden und 46 Minuten. Danach zeigte das iPhone 6s mit TSMC-A9 noch 38 Prozent Akkukapazität an, das mit Samsung-A9 40 Prozent. Der von Apple angegebene Unterschied von 2 oder 3 Prozent ist also realistisch; wobei das Gerät mit TSMC-Chip anders als in dem Geekbench-Ergebnis sogar weniger Akkukapazität übrig hatte. Nicht auszuschließen, dass die Ergebnisse bei einem anderen Testszenario umgekehrt ausfallen. Die Unterschiede dürften sich aber auf einem ähnlichen Niveau bewegen.
Warum lässt Apple überhaupt bei zwei unterschiedlichen Herstellern fertigen?
Sicherlich zuallererst, um der riesigen Nachfrage gerecht zu werden. Die letzten Jahre war jede iPhone-Generation erfolgreicher als die zuvor und Interessenten mussten zum Teil wochenlang warten, bis sie ihr Gerät erhielten – selbst, wenn sie es unmittelbar ab Beginn der Bestellmöglichkeit direkt bei Apple geordert haben. Das frustrierte viele. Vermutlich wollte Apple dieses Mal alles richtig machen und die große Anfrage von Anfang an bedienen können. Das gelang auch, die Geräte wurden deutlich schneller ausgeliefert (Mac & i hat berichtet).
Apple kann aber auch andere Gründe dafür haben, sowohl Samsung als auch TSMC mit Millionenaufträgen zu versorgen. Auch bei den Macs wechselt das Unternehmen bekanntlich regelmäßig zwischen Zulieferern für bestimmte Komponenten, wohl unter anderem auch, um die Konkurrenzsituation zu fördern.