Geklautes MacBook Air: Ortung funktioniert, Dieb entkommt trotzdem

Ein Apple-Laden in Köln soll beim Auffinden eines gestohlenen Notebooks keine gute Figur gemacht haben. Dabei hatte die Ortung gleich zweimal geklappt.

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Geklautes MacBook Air: Ortung funktioniert, Dieb entkommt trotzdem

Der Apple Store im Einkaufszentrum Rhein Center in Weiden.

(Bild: Apple)

Lesezeit: 5 Min.
Inhaltsverzeichnis

Manche Räuberpistolen dauern etwas länger. So wie die Diebstahlgeschichte, die Sebastian Schroer in den vergangenen Monaten erleben musste. Am 27. April ließ der PR- und Marketingberater in der S-Bahn von Köln nach Hennef sein im März frisch erworbenes MacBook Air von Apple inklusive Koffer liegen. Zunächst dachte der Hamburger, das Gerät sei komplett verloren gegangen, nachdem viele Anrufe bei Bahn, Fundbüro und Polizei erfolglos blieben.

Doch die von ihm vor dem Verlust aktivierte iCloud-Funktion "Meinen Mac suchen" tat Anfang Mai dann ihren Dienst: Das Gerät hatte in Kreuzau in der Rureifel kurzzeitig Netzkontakt, weshalb eine ungefähre Position an Apple und dann an Schroer durchgegeben werden konnte. Allein, es half nichts: Die hinzugezogene örtliche Polizei – der Hamburger hatte mehrere Reviere durchgeklingelt – fand an der genannten Adresse nur eine verschreckte Familie vor, die von nichts wusste. Das kann passieren, schließlich verfügen Apple-Notebooks nicht über GPS-Chips und erkennen ihre Lokalität nur suboptimal via WLAN-Ortung. Immerhin: iCloud gab durch, dass der Rechner erfolgreich gelöscht worden sei, was Schroer zuvor über iCloud.com eingeleitet hatte.

Per E-Mail erfährt Schroer vom Standort seines MacBooks.

(Bild: Sebastian Schroer)

Im Juni wurde Schroers mittlerweile eingereichte Anzeige gegen Unbekannt wegen Unterschlagung beziehungsweise Diebstahl eingestellt – zu geringe Aussicht auf Erfolg, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Hier wäre die Geschichte wohl üblicherweise zu Ende gewesen. Allerdings scheint der Marketingfachmann an einen besonders dreisten – oder unwissenden – Dieb respektive Käufer von Hehlerware geraten zu sein.

Denn am 4. Juli wurde ihm bekannt, dass jemand für den kommenden Tag einen Termin im Apple-Laden im Kölner Rhein Center vereinbart hatte – möglicherweise mit der Seriennummer des Geräts, da Schroer an seine bei Apple hinterlegte Adresse eine entsprechende E-Mail erhielt. Nach einem Anruf bei Apple stellte sich heraus, dass der aktuelle "Besitzer" des MacBook Air vom Genius im Apple Retail Store gerne seinen Rechner entsperrt haben wollte – eine typische Reaktion auf den Löschvorgang mittels "Meinen Mac suchen", der dafür sorgt, dass sich die Maschine ohne Apple oder den korrekten Unlock-Code nicht mehr in Betrieb nehmen lässt.

Schroer gelang es, die zuständige Bundespolizei in Köln zu verständigen, die versprach, zum abgemachten Zeitpunkt im Rhein Center aufzumarschieren, um den Dieb respektive Käufer von Hehlerware dingfest zu machen. Mit vier Mann sollen die Vertreter der Staatsgewalt vor Ort gewesen zu sein. Und ab hier wird die Sache merkwürdig: Der Store Manager soll dem Einsatz zunächst zugestimmt, den Beamten nach Rücksprache mit einem Vorgesetzten dann aber den Zutritt verweigert haben, erzählte Schroer unter Berufung auf die Polizei. Warum, ist nicht überliefert – Apple Deutschland ließ die Frist für ein Statement verstreichen. Das Resultat dagegen schon: Die Person mit dem geklauten MacBook Air blieb von der Polizei unbehelligt und konnte entkommen. Ob das Gerät tatsächlich entsperrt wurde, ist unklar.

Apple soll zudem über die Daten dieser Person verfügen – über einen Namen und eine Telefonnummer, ob gefälscht oder nicht, ist nicht bekannt. Schroer hatte zuvor schon versucht, diese Informationen ausfindig zu machen, was Apple mit Hinweis auf den Datenschutz aber ablehnte. Auch ein langes Telefonat, das der Apple-Kunde mit mehreren Vertretern des Konzerns nach dem gescheiterten Aufklärungsversuch im Kölner Ladengeschäft führte, brachte keine Hilfe. Auf den Vorschlag, doch ein Ersatzgerät als Kulanz zu liefern, reagierte Apple abschlägig.

Anmeldebestätigung für einen Besuch im Apple-Laden Rhein Center.

(Bild: Sebastian Schroer)

Von der Staatsanwaltschaft Bonn, wo die Ermittlungen in der Diebstahlsache mittlerweile wieder angelaufen sind, hieß es auf Nachfrage von Mac & i, sie könne dieses Verfahren bestätigen, sich aber aus ermittlungstaktischen Gründen nicht näher zum Fall äußern. Gegen Apple vorgegangen – die Bundespolizisten aus Köln waren laut Schroer äußerst ungehalten über den Vorfall – wird derzeit von der Staatsanwaltschaft Bonn nicht.

Für das Opfer Schroer zeigt die Sache, dass es zwar toll ist, dass es solche Sicherheitssysteme wie "Meinen Mac finden" samt Ortung gibt. "Doch was hilft es am Ende, wenn Apple nicht hilft, dass man seinen Rechner zurückbekommt?" Wenn es ein Windows-Rechner wäre, wäre der einfach weg gewesen, erklärte Schroer Mac & i. "Nun hatte ich zweimal umsonst Herzflimmern."

[Update 12.07.17 12:04 Uhr:] Gegenüber Spiegel Online sagte die Polizei Köln nun, Beamte seien vor Ort gewesen, "doch ob der mutmaßliche Täter auch vor Ort war, könne man beim aktuellen Stand der Ermittlungen nicht mit Sicherheit sagen".

Die Staatsanwaltschaft Bonn teilte der Nachrichtenseite außerdem mit, der Manager des Apple Store habe die Herausgabe der Daten desjenigen, der den Termin vereinbart hatte, an die Ermittler verweigert – was wiederum Apples Datenschutzrichtlinien entspricht. Im vorliegenden Fall habe sich der Store-Manager korrekt verhalten.

Die Bundespolizei hofft laut Angaben von Spiegel Online nun darauf, Zugriff auf Videoaufnahmen aus dem Store zu erhalten. (bsc)