Silicon Valley vs. Trump: Über 100 IT-Konzerne wenden sich vor Gericht gegen Einreise-Verbot
In seltener Einigkeit appellieren die großen Konzerne des Silicon Valley an das Berufungsgericht, das Einreise-Verbot für Menschen aus sieben Ländern für rechtswidrig zu erklären. Das Vorgehen gegen Einwanderung schade der IT-Industrie und den USA.
[Update] Deutlich mehr als [/Update] 100 Unternehmen aus dem Silicon Valley appellieren in einem gemeinsamen Antrag an das zuständige US-Berufungsgericht, das vorerst gestoppte Einreise-Verbot von Donald Trump für illegal zu erklären. Wie die Washington Post unter Berufung auf eine fast fertige Version des sogenannten "Amicus Curiae Brief" (etwa: Eingabe von Freunden des Gerichts) berichtet, bezeichnen die Unterzeichner um Apple, Microsoft, Facebook, Google und Intel das Einreise-Verbot als diskriminierend. Mit einer solchen Äußerung Dritter können an einem Verfahren Unbeteiligte dem Gericht Argumente liefern und auf eine bestimmte Entscheidung drängen, sofern das Gericht die Eingabe zulässt. In diesem Fall hatten zunächst 97 Unternehmen aus der IT-Branche unterzeichnet – eine äußerst seltene Einigkeit.
[Update 7.2., 1:47 h] Inzwischen liegt die finale Version des Antrags auf Zulassung der Eingabe, samt Text der Eingabe, vor (siehe Downloadlink unten). Außerdem haben sich inzwischen über 30 weitere IT-Unternehmen angeschlossen, womit die Gesamtzahl aktuell bei 129 liegt. Weiterer Zulauf ist nicht ausgeschlossen. Zu den neuen Unterstützern zählt auch Uber, dessen Chef nach Kundenprotesten auf die Mitarbeit in einem Beratergremium Trumps verzichtet hat.
Insgesamt weist der Gerichtsakt mehr als 40 Anträge diverser Organisationen, Bundesstaaten und Unternehmen auf, die auf der einen oder anderen Seite des Konflikts dem Gericht Ratschläge erteilen möchten. Eine erste, einstündige mündliche Verhandlung ist für Dienstagnachmittag (Ortszeit) angesetzt. Sie wird als Telefonkonferenz stattfinden.[/Update]
Siehe dazu:
- Gericht lehnt Eil-Antrag ab
- Bundesrichter stoppt Trumps Einreisebann, Weißes Haus aufgebracht
- "Statistisch gesehen": Der US-Tech-Sektor baut auf Migration
- Technische Organisationen befürchten Behinderungen durch Einreise-Bann
- Kuschelkurs vorbei? US-Konzerne schießen gegen Trumps Einreiseverbot
- Nach Protesten: Uber-Chef verlässt Beratergremium von Donald Trump
- #DeleteUber: Uber verärgert Kunden mit Streikbruch-Aktion
- Wie das Silicon Valley auf Einreiseverbot reagiert
- Google ruft Angestellte in die USA zurück
- US-Richterin hebelt Trumps Einreise-Bann teilweise aus
Appell an das Berufungsgericht
Der neue US-Präsident Donald Trump hatte vor etwas mehr als einer Woche mit einer sogenannten Executive Order ein 90-tägiges Einreise-Verbot für Menschen aus den vorwiegend muslimischen Staaten Syrien, Iran, Irak, Sudan, Somalia, Libyen und Jemen angeordnet. Nach einer Klage des US-Bundesstaats Washington hatte ein US-Bundesrichter diese Anordnung vorläufig außer Kraft gesetzt – und sich damit den Zorn von Trump zugezogen. Dessen Regierung war daraufhin vor ein Berufungsgericht gezogen, hatte mit dem Eil-Antrag auf eine Aufhebung der Entscheidung aber keinen Erfolg. Das vereinte Silicon Valley drängt nun darauf, dass die Berufung auch in der endgültigen Entscheidung scheitert.
Die IT-Unternehmen argumentieren in der Eingabe, die USA seien ein Land von Einwanderern. Die präsidiale Anordnung markiere deswegen einen erheblichen Umbruch in der Geschichte des Landes. Sie diskriminiere auf der Basis der Herkunft beziehungsweise der Religion und verschließe die US-Grenze vor den verletzlichsten Menschen, wie etwa Kriegsflüchtlingen. Außerdem formuliere sie willkürliche Einreise-Regeln auch für jene, die seit Jahren rechtmäßig in diesem Land leben. Die Unterzeichner der Eingabe seien als Unternehmen davon betroffen, weil das Einreise-Verbot sie daran hindere, die besten Talente anzuheuern, und es ihnen erschwere, im globalen Wettbewerb zu bestehen.
Vom Wert der Einwanderer
In der mehrseitigen Eingabe weisen die Unternehmen auch daraufhin, dass 200 der 500 umsatzstärksten Konzerne von Einwanderern beziehungsweise Kindern von Einwanderern gegründet wurden (beispielsweise General Electric, AT&T, Boeing und Google).
In den USA zeigten Einwanderer einen deutlich größeren Unternehmergeist als geborene US-Bürger. Durch sie wachse das Bruttosozialprodukt und die Einkommen aller Einwohner stiegen an. Für das Silicon Valley gilt das in besonderem Maß, wie die Analysten von Joint Venture jüngst berechnet haben: 37,4 Prozent aller Mitarbeiter der IT-Industrie südlich von San Francisco sind ihnen zufolge im Ausland geboren.
- Tech Companies Amicus Curiae Brief in State of Washington v. Trump , US Court of Appeals for the Ninth Circuit, Case No. 17-35105
(mho)