Die Woche: Das Aus für SCO?

Sieben Jahre lang hat die SCO Group versucht, mit endlosen juristischen Winkelzügen am Linux-Boom zu partizipieren. Jetzt könnte endlich Schluss sein.

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In den späten 80er und 90er Jahren war SCO (damals die Abkürzung für Santa Cruz Operation) mit SCO Unix, 1995 in OpenServer umbenannt, der wichtigste Hersteller von Unix für die x86-Plattform. Wie in der Unix-Welt üblich, verdiente das Unternehmen damit gutes Geld – Mitte der 90er Jahre zahlte man für den SCO OpenServer inklusive zehn Client-Lizenzen über 3.700 D-Mark. Den OS/2 LAN Server 4.0 und Windows NT 3.5 bekam man für gut die Hälfte davon. Im Vergleich zu anderen Unix-Versionen war der OpenServer trotzdem kein schlechter Deal, konnte man ihn doch auf billiger x86-Hardware einsetzen – statt die in der Unix-Welt sonst üblichen teuren RISC-Server kaufen zu müssen.

Aber dann kam Linux. Mitte der 90er Jahre etablierten sich mit Caldera, Red Hat und Suse erste kommerzielle Linux-Distributionen. Und Linux entwickelte sich rasant: 1996 brachte der Kernel 2.0 erste SMP-Unterstützung, 1999 lief Linux mit dem Kernel 2.2 auch auf großen Mehrprozessor-Servern mit viel RAM performant. 1998 portierte Oracle seine Datenbank auf Linux, 1999 präsentierte SAP eine Linux-Version von R/3, 2000 erklärte IBM, Linux auf allen Serverreihen bis zum Mainframe unterstützen zu wollen. Das "PC-Unix" war in den Unternehmen angekommen.

Parallel dazu ging es mit SCO Unix bergab: 1994 musste Linux 1.0 noch SCO-Binaries ausführen, um den Bestand an Anwendungen zu verbreitern; 1997 war es SCO, die einen Emulator zum Ausführen von Linux-Binaries entwickeln musste, und eine Briefaktion startete, um Linux-Anwender zu dem eigenen Unix zu bekehren. Im Sommer 2000 schließlich übernahm der Linux-Distributor Caldera das Unix-Haus.

Caldera fuhr zunächst eine zweigleisige Strategie mit OpenLinux und einem als Open Unix vermarkteten, weitgehend Linux-kompatiblen OpenServer. Aber es gelang weder, eine klare Strategie für die beiden Produkte zu entwickeln, noch das weitverzweigte Vertriebsnetz von SCO für den Vertrieb von OpenLinux zu nutzen (siehe SCO: Chance vertan). Und so waren letztlich weder OpenLinux noch Open Unix erfolgreich.

2002 benannte der neue Chef Darl McBride das Unternehmen in SCO Group um. Die Geschäfte liefen schlecht: Kaum jemand interessierte sich noch für Unix auf der x86-Plattform, und das eigene OpenLinux war weit hinter die Konkurrenz zurückgefallen. Ein Schuldiger für den Niedergang der Firma musste her: Das böse Linux hatte das schöne Unix-Geschäft kaputt gemacht. Und statt zu akzeptieren, dass sich die Zeiten ändern, sollte jemand dafür bezahlen.

Erst verklagte das Unternehmen IBM auf eine Milliarde US-Dollar Schadenersatz, weil der Konzern angeblich im Rahmen seines Linux-Engagements geistiges Eigentum von SCO gestohlen habe, um damit Linux aufzupäppeln. Dann versuchte das Unternehmen, Lizenzgebühren für Linux-Installationen anderer Hersteller zu fordern, die sogenannten Antidot-Lizenzen, eine Art Schutzgeld vor einer Klage durch SCO. Für den nötigen Nachdruck sorgten Klagen gegen einige prominente kommerzielle Linux-Anwender (bevorzugt solche, die vom eigenen SCO Unix auf Linux umgestiegen waren). Auch die Linux-Distributoren Red Hat und Novell zerrte man vor Gericht. In dem Prozess-Kuddelmuddel kristallisierte sich allerdings recht schnell die entscheidende Frage heraus: Wem gehört das Copyright an Unix?

Es zeigte sich nämlich schnell, dass die Rechtslage keineswegs so eindeutig war, wie SCO die Gerichte, Linux-Anbieter und -Anwender glauben machen wollte. Alle Klagen von SCO fußen darauf, dass das Unternehmen das Copyright an Unix besitzt – das will man Novell in den 90er Jahren zusammen mit Unixware abgekauft haben. Novell steht allerdings auf dem Standpunkt, das Unix-Copyright sei damals nicht mit verkauft worden; und die Gerichte schlossen sich immer wieder Novells Sicht der Dinge an.

SCO kassierte vor Gericht eine Niederlage nach der nächsten, das Geschäft mit Lizenzen für Fremd-Linuxe ging schnell auf Null, schließlich war das Unternehmen 2007 Pleite; seit letztem Sommer ist ein Konkursverwalter bestellt. Trotzdem gab SCO nicht auf, ging in Berufungen, strengte neue Klagen an, feilte an seiner Argumentation, machte immer neue Eingaben bei Gericht – bis ein Geschworenengericht im März Novell das Copyright an Unix zuerkannte. Die Einwände von SCO gegen das Urteil hat Bundesrichter Stewart jetzt endgültig abgelehnt – und Novell sogar ausdrücklich das Recht eingeräumt, den Prozess, den SCO gegen IBM führt, zu beenden.

Also alles vorbei jetzt? Nicht ganz – noch ist der Weg durch die Instanzen nicht zu Ende. Und schon nach dem Urteil der Jury im März deutete Konkursverwalter Edward Cahn, ein ehemaliger Richter, bereits eine Änderung in der Argumentation an: IBM habe mit dem angeblich in den Linux-Kernel eingebrachten Unix-Code vielleicht nicht SCOs Urheberrechte am Unix-Code verletzt, wohl aber die Geschäfte des Unternehmens geschädigt. Dafür müsse Big Blue Schadenersatz leisten.

Droht also schon die nächste Klage? Bislang gibt es kein Statement von SCO, wie es weitergehen soll; und schon den Prozess vor dem Geschworenengericht konnte das Unternehmen nur mit einem kurzfristig organisierten Kredit durchstehen, den das Konkursgericht genehmigen musste. Aber SCO ist schon so oft totgesagt worden... (odi) (odi)