Computex

Gamer gehen Nvidia am Popo vorbei

Die Computex hat allzu deutlich gemacht, wie wenig sich Nvidia fĂĽr GeForce interessiert. Dahinter steht wirtschaftlicher Zwang, resĂĽmiert Mark Mantel.

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Nvidia Chef Jensen Huang während seiner Computex Keynote

Auf seiner Computex-Keynote wirkte Nvidia-Chef Jensen Huang zuweilen wie ein Dealer fĂĽr KI-Chips.

(Bild: Nvidia)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

Nvidias Chef Jensen Huang sieht seine Firma längst nicht mehr als einen Grafikkartenhersteller, sondern als "AI Company". Seine Keynote anlässlich der IT-Messe Computex vor wenigen Tagen machte das nur allzu deutlich.

Dass sich Nvidia zu einer KI-Firma entwickelt hat, sagte Huang nicht nur so dahin – nein, die Führungsetage kann gar nicht anders, als KI-Beschleuniger massiv zu priorisieren, und lässt in der Folge Gamer im Regen stehen. Spannende neue Grafikkarten für Spieler rücken in die Ferne.

Ein (noch aktueller) Hopper-Beschleuniger H100 kostet weit jenseits der 20.000 Euro und treibt Nvidias Nettomarge nah an die 80 Prozent. Beim Nachfolger B100 werden Preise von mindestens 60.000 Euro erwartet. Dagegen stehen GeForce-Grafikkarten, deren schnellste Versionen Nvidia mit Ach und Krach für 2000 Euro verkauft bekommt. Und die Fertigungskapazität des Zulieferers TSMC ist begrenzt.

Getreu der verschrobenen Logik von Jensen "je mehr du kaufst, desto mehr sparst du" Huang mĂĽsste es im Umkehrschluss heiĂźen "je mehr wir verkaufen, desto mehr Verlust machen wir". Jedes StĂĽck Silizium, das Nvidia als GeForce-GPU und nicht als KI-Beschleuniger fĂĽr Rechenzentren verkauft, macht weniger Gewinn.

Und das gefällt Investoren so gar nicht.

Nvidias Data-Center-Sparte wächst jedes Quartal um Milliardenbeträge. Sie machte zuletzt 87 Prozent des Firmenumsatzes aus. Die Nachfrage von Microsoft, Google & Co. ist derart hoch, dass Nvidia und dessen Chipauftragsfertiger TSMC bei der Produktion nicht hinterherkommen.

Hier beißt Spieler, dass Nvidia nicht wenigstens beim nächsten margenträchtigen KI-Beschleuniger Blackwell B100 auf einen 3-Nanometer-Prozess wechselt. Die GeForce- und Beschleunigersparten kämpfen bis auf Weiteres um dieselben Fertigungskapazitäten innerhalb TSMCs N4-Generation.

Schlimmer noch: Die GeForce RTX 5090 soll laut früheren Gerüchten aus zwei zusammengesetzten GB203-Chips auf einem Silizium-Interposer bestehen. Folglich würde Nvidia erstmals für eine GeForce-Grafikkarte 3D-Packaging-Kapazität benötigen, von der TSMC aber überhaupt nicht viel frei hat.

Nvidia könnte Gamer schlicht nicht stark genug melken, damit sich nennenswerte Produktionskapazitäten für eine GeForce RTX 5090 mit Multi-Chip-GPU lohnen würden.

Bei Notebook-Prozessoren soll Nvidia schon einen Ausweg aus dem Dilemma gefunden haben: Intel als Chipauftragsfertiger (Intel Foundry).

Uns würde nicht wundern, wenn die gegensätzlichen GPU-Gerüchte alle einen wahren Kern haben: So hieß es zunächst, die GeForce RTX 5090 könnte eine 600-Watt-GPU mit riesigem Kühler werden. Dann war von einer viel kompakteren Dual-Slot-Grafikkarte die Rede. Vielleicht schiebt Nvidia den Multi-GPU-Ansatz für eine Ti-Version oder Titan erst einmal auf.

Bittererweise muss man auch zugeben, dass Nvidia es gar nicht nötig hat, sich bei Grafikkarten anzustrengen. AMD stellt keine Bedrohung dar; innerhalb der Radeon-Serie RX 8000 sollen keine High-End-Modelle mehr erscheinen. Schon jetzt hat Nvidia 88 Prozent Marktanteil bei Desktop-Grafikkarten. Bei eigenständigen Notebook-Grafikchips sind Radeons eine Randerscheinung. Und auch Intels Arc spielt bisher keine wesentliche Rolle.

Ein Kommentar von Mark Mantel

Mark Mantel ist seit 2019 Redakteur bei heise online und c't. Er kümmert sich hauptsächlich um die Online-Berichterstattung rund um PC-Hardware.

Auf der Computex geht es – normalerweise – primär um Hardware für Privatleute. AMD hat mutmaßlich viel Geld ausgegeben, um die prestigeträchtige Eröffnungs-Keynote zu halten. Nvidia kümmerte das wenig und drängelte sich vor mit einer inoffiziellen Computex-Präsentation am Vorabend.

Fast zwei Stunden lang lieĂź sich CEO Huang in einer Sportarena wie ein lokaler Rockstar feiern. Substanzielle AnkĂĽndigungen gab es jedoch so gut wie keine. Am interessantesten war eine aktualisierte Data-Center-Roadmap mit Rubin-Beschleunigern und Vera-Prozessoren. Den Computex-Veranstaltern war das drei "Best Choice Awards" wert.

FĂĽr Gamer gab es nicht einmal den Hauch eines Teasers. Junge Leute wĂĽrden das "Blue Balling" nennen.

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