Parkgebühren: Es gibt keine sozialen Gründe, SUV-Besitzer zu schonen

Höhere Parkgebühren für raumfressende SUV fordert die Deutsche Umwelthilfe. Gregor Honsel stimmt zu, weil diese Autos noch ein Stück unsozialer sind als andere.

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(Bild: diy13/Shutterstock.com, Bearbeitung heise online)

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Wer mehr von einem knappen öffentlichen Gut in Anspruch nimmt, sollte auch mehr dafür zahlen. Dieser Logik sollten sich eigentlich Menschen quer durchs Parteienspektrum anschließen können – von links bis libertär. Ebenso konsensfähig dürfte die Feststellung sein, dass Straßenraum in Innenstädten ein knappes öffentliches Gut ist. Man kann den Platz gut gebrauchen – etwa für Fahrradwege, Bänke, Bäume, Blumenbeete.

Wenn trotzdem die meisten Straßen in den Innenstädten beidseitig zugeparkt sind, ist das ein klarer Missstand. Denn nur eine Minderheit von Menschen in den Städten besitzt überhaupt ein Auto. Trotzdem okkupieren sie einen großen Teil des öffentlichen Raums und zahlen dafür gar nichts oder lächerlich wenig. Dass sie glauben, darauf ein Anrecht zu haben, beruht auf einem Missverständnis: Es handelt sich allenfalls um ein Gewohnheitsrecht. Und Gewohnheiten kann man ändern. Als Anregung forderte daher kürzlich die Deutsche Umwelthilfe, dass Städte höhere Parkgebühren für die immer größer werdenden SUVs erheben sollten.

Viele tun aber so, als wäre es ein fundamentales Menschenrecht, den eigenen Besitz rund um die Uhr direkt vor der Tür deponieren zu dürfen. Klar, jedem Menschen sollte ein Recht auf individuelle Mobilität zugestanden werden. Aber wenn das auf Kosten der Gesellschaft geht, müssen die Rechte abgewogen werden.

Oft werden soziale Gründe dafür angeführt, Parkplätze in Wohngebieten zu erhalten, etwa beim Fall der berühmten alleinerziehenden Krankenschwester im Schichtdienst. Das mag im Einzelfall durchaus berechtigt sein. Aber das Beispiel spricht nicht gegen den Grundsatz, für eine verstärkte Nutzung auch mehr Geld zu verlangen – im Gegenteil. Womit wir beim Thema SUVs wären.

SUVs (im Sinne von "Sinnlos Ueberdimensionierte Vehikel") sind eine gute Gelegenheit, einmal die Sache mit der Rechte-Abwägung durchzudeklinieren. Erstens sind SUVs noch einmal ein Stück unsozialer als normale Autos: Sie verdecken die Sicht, sind gefährlicher für potenzielle Unfallgegner, belasten Bordsteine und Gehwege, behindern Rettungsdienste und Müllabfuhr. Und freigegebene Einbahnstraßen sind für Fahrräder oft unpassierbar, wenn ihnen ein SUV entgegenkommt. Erzählt mir also bitte nicht, liebe SUV-Fahrerinnen und -Fahrer, die Wahl des Wagens sei Privatsache.

Ein Kommentar von Gregor Honsel

Gregor Honsel ist seit 2006 TR-Redakteur. Er glaubt, dass viele komplexe Probleme einfache, leichtverständliche, aber falsche Lösungen haben.

Zweitens sprechen keinerlei soziale Gründe dafür, SUVs zu schonen. Wer ihre Besitzer stärker zur Kasse bittet, trifft nicht die Ärmsten der Gesellschaft. Die Dinger muss man sich schließlich erstmal leisten können und wollen. Und niemand, der – aus welchen Gründen auch immer – zwingend auf ein Auto angewiesen ist, braucht ein SUV.

Der Deutsche Städtetag sieht die Sache ähnlich: "In engen Straßen urbaner Wohnviertel ist es ein Unterschied, ob am Fahrbahnrand Kleinwagen oder SUV geparkt werden. Der Platz in den Städten ist viel zu wertvoll, um nur als Parkplatz oder für Fahrspuren herzuhalten", meint Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy. "Da wäre es naheliegend, für große Fahrzeuge auch höhere Parkgebühren zu erheben." Aber der Bundespolitik fehle es an Mut, mehr Entscheidungsspielräume zum Parkraummanagement an die Kommunen abzugeben.

Das mussten einige Städte bereits erleben. So wurde in Frankfurt diskutiert, das Abstellen von Fahrzeugen über 2,8 Tonnen Gewicht an einigen Stellen komplett zu verbieten. Das scheiterte an der fehlenden rechtlichen Grundlage.

Ähnlich lief es im Breisgau. Eigentlich wollte Freiburg die Anwohnerparkgebühren nach Fahrzeuglänge gestaffelt kräftig auf 360 Euro bis 480 Euro im Jahr erhöhen – verbunden mit einem Sozialrabatt für Härtefälle. Doch diese Regelung hat das Bundesverwaltungsgericht im vergangenen Sommer gekippt. Nun hat Freiburg eine Jahresgebühr von 200 Euro beschlossen – allerdings ohne Sozialrabatt.

In Tübingen sind differenzierte Anwohnerparkgebühren bereits seit 2022 Realität. Parkplätze für Verbrenner über 1,8 Tonnen und E-Fahrzeuge über 2 Tonnen kosten dort 180 statt 120 Euro pro Jahr. Einen ähnlichen Weg will nun auch Paris gehen. Dort steht Anfang Februar ein Referendum über eine Verdreifachung der Parkgebühren für besonders massige Autos an. Betroffen sind Verbrenner über 1,6 Tonnen und E-Autos über 2 Tonnen. Für sie sollen die Parkgebühren im Zentrum auf 18 Euro und am Rand auf 12 Euro pro Stunde steigen. Laut Umfragen zeichnet sich eine Zustimmung von knapp 60 Prozent für dieses Vorhaben ab. Anders als in Tübingen soll der Sondertarif allerdings nur für Besucher gelten, nicht für Einwohner, Handwerker oder Pflegedienste.

Wie auch immer man das kontrollieren mag, wo auch immer man welche Schwellenwerte ansetzt, wie auch immer man zwischen Anwohnern und Besuchern differenziert, welche Ausnahmen man zulässt: Die SUVs härter anzugehen würde nicht nur dem Verkehr in den Städten dienen, sondern auch dem sozialen Ausgleich.

(grh)