Kommentar: Proteste gegen das Thirty Meter Telescope – ein Pro und Contra

Seite 2: Contra – Zieht nach La Palma um

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Es stimmt, die freie Wissenschaft ist eine der wichtigsten Grundlagen unserer Welt und wenn Wissenschaft gegen Religion steht, sind die Sympathien inzwischen zumeist klar verteilt. Aber der Konflikt auf Hawaii ist deutlich vielschichtiger und zeigt problematische Aspekte der westlichen Wissenschaft auf, die lange ignoriert wurden. Jetzt können sie aber immer seltener beiseite geschoben werden. Vor allem, wenn es um Nicht-Europäer geht, waren auch Forscher viel zu lange wenig zimperlich in der Wahl ihrer Methoden.

Das Thirty Meter Telescope wäre nicht das erste Teleskop im Mauna-Kea-Observatorium, aber mit Abstand das größte. Schon jetzt stehen dort mehr als zehn, die allesamt nach 1967 auf eigentlich geschütztem Territorium errichtet wurden, das für die hawaiianische Kultur von zentraler Bedeutung ist. Für die ersten beiden Teleskope gab es nicht einmal eine Genehmigung, erst zehn Jahre später erfolgte eine "nachträgliche Bewilligung". In ähnlicher Weise ging es weiter, das Misstrauen in der Bevölkerung wurde dadurch immer mehr vergrößert.

Nun soll auf dem Berg ein Teleskop errichtet werden, das so hoch ist wie ein 18-stöckiges Gebäude. Zwar sollen im Gegenzug andere abgebaut werden, aber das macht das Monstrum ja nicht weniger sichtbar. Außerdem gibt es noch wenige Anzeichen dafür, dass dieser versprochene Abbau kommt. Die Gegner sind nach friedlichen Protesten vor Gericht gezogen, konnten sich mit ihrer Forderung aber nicht durchsetzen. Spannend ist dabei aber die abweichende Meinung jenes Richters am Supreme Court, der sich der Mehrheitsentscheidung widersetzte.

Richter Michael Wilson weist darauf hin, dass die zuständige Behörde und seine Kollegen der Meinung seien, dass geschützte Areal sei ja schon "substanziell, signifikant und negativ" beeinflusst, was eigentlich nicht passieren dürfe. Nur weil das aber schon so ist, dürfe das Riesenteleskop nun gebaut werden. Das akzeptierte Argument ist also sinngemäß, wenn erst einmal alles kaputtgemacht wurde, könne man ja auch noch mehr kaputtmachen.

Das ist nur die jüngste Ungehörigkeit in einer ganzen Reihe von Respektlosigkeiten gegenüber dem geschützten Areal. Die Wut der "Beschützer" des Bergs ist deswegen nachvollziehbar und wenn sie von ihrem "heiligen Berg" sprechen, kann man das ganz ohne die religiöse Komponente des Begriffs als Ausdruck des großen Werts verstehen, den der Mauna Kea für sie hat. Ihnen wird einmal mehr vermittelt, dass ihre Interessen auch in ihrer Heimat weniger schwer wiegen als die Interessen von weit entfernten Institutionen. Dass der Standort nicht alternativlos ist, verdeutlichen auch Hunderte Wissenschaftler.

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Die fordern ihre Disziplin auf, die eigene Rolle zu überdenken: "Denkt an die Konsequenzen für uns als Gemeinschaft, wenn wir uns auf dem Land von Indigenen mit dem Militär und der Polizei verbünden und öffentlich behaupten, es gehe um Wunder und majestätische Entdeckungen." fordern sie mit Blick auf inzwischen verworfene Versuche, die Demonstranten zu vertreiben. Recht haben sie, Wissenschaft darf nicht um jeden Preis betrieben werden. Das Thirty Meter Telescope sollte nach La Palma umziehen, wo für die großen Entdeckungen viel weniger Schaden angerichtet werden würde. (mho)