Kommentar zur Kryptoregulierung der EU: Ein Totalverbot wäre ehrlicher gewesen

EU-Parlamentarier wollen mit harten Regeln den Kryptowährungen zu Leibe rücken. Axel Kannenberg fragt sich, ob man Bitcoin & Co. damit nicht zu Tode reguliert.

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(Bild: Shutterstock)

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In einer Demokratie muss man nicht unbedingt verstehen, worüber man gerade abstimmt. Gerade wenn unsere Parlamente Regeln für die digitale Welt verabschieden, fällt das immer wieder auf. Auch die just von zwei EU-Parlaments-Ausschüssen durchgewunkenen Vorschläge zur Kryptogeld-Regulierung reihen sich da erstmal ein, bieten sie doch das Potenzial einer Totregulierung. Ich frage mich: Merken die das nicht oder ist das vielleicht doch Absicht?

Ein Kommentar von Axel Kannenberg

Axel Kannenberg durchforstet seit 2012 für heise online die unendlichen Weiten des Internets nach News, die noch nie ein Mensch zuvor gesehen hat. Beherrscht die edle Kunst des Beleidigungsfechtens. Hat 2013 einen Döner für umgerechnet mehrere Tausend Euro genossen (nach heutigem Bitcoinkurs).

Konkret versucht man irgendwie, Geldwäscheregeln aus der klassischen Finanzwelt in die Kryptowelt zu pressen. Die Parlamentarier haben sich dabei besonders auf die sogenannten "unhosted Wallets" eingeschossen. Die sind nichts anderes als die lokalen Anwendungen, die die Basis jeder Kryptowährung bilden. Jeder kann diese Software herunterladen, Teil des Netzwerks ohne Intermediäre werden und frei Transaktionen tätigen. Und weil jeder das ohne irgendwelche Identifikationsverfahren einfach so machen kann, ist es für die Behörden schwer zu wissen, wer was wann an wen überwiesen hat. Und das müsse sich jetzt ändern.

Transaktionen müssen nachvollziehbar werden, Nutzer identifizierbar. Deshalb sollen unter anderem alle Kryptobörsen und Dienstleister bei Überweisungen von Krypto-Vermögenswerten Informationen über deren Quelle und den Empfänger vorhalten. Bei Überweisungen an die selbstgehosteten Wallets müsse das dann den Behörden gemeldet werden. Und das auch schon bei Summen, bei denen man im normalen Bankwesen nicht einmal mit den Achseln zucken würde. Börsenbetreiber freuen sich sicher schon darauf, Wohnorte von Wechselgeldadressen ihrer Bitcointransaktionen im Feld 37b des Passierscheins A38 für die Kryptogeldnetzwerkdurchsetzungsgesetzdurchführungsbehörde vorzuhalten.

Aber wir reden nicht allein über bürokratische Kabinettstückchen. Meiner Ansicht nach werden hier Kernelemente der Kryptowährungen unter einen prinzipiellen Geldwäscheverdacht gestellt. Eine dieser Ideen heißt: "Not your keys, not your coins". Wer die privaten Schlüssel für eine Adresse besitzt, der besitzt wirklich das Geld, so wie Bargeld unter der Matratze. Das unterscheidet Kryptowährungen vom Geld auf der Bank, das lediglich ein Versprechen auf Zentralbankgeld ist.

Und genauso habe ich, wenn ich meine Coins auf der gehosteten Wallet einer Börse oder bei einem Dienstleister lagere, auch nur das Versprechen, dass ich über meine Coins verfügen kann. Suchen Hacker die Börse heim oder brennen die Börsenbesitzer mit den Coins ihrer Kunden spontan in eine Steueroase ohne Auslieferungsabkommen durch, dann kann ich mir auf diese Versprechen ein Ei braten. Doch die EU sagt im Grunde: Wenn du lieber ein zentrales Sicherheitsfeature nutzt und dein Geld von der Börse auf deine unhosted Wallet schickst, um deine Keys selber zu verwalten, dann ist das verdächtig.

Und wenn ich unhosted Wallets zum Verdachtsfall erkläre, stelle ich eben auch die Dezentralität der Kryptowährungen in Frage. Denn mit dieser Software kann jeder einen Full Node betreiben, der im Netzwerk die Blockchain durchrechnet, vorhält und an Peers weiterverteilt. Ohne unhosted Wallets gäbe es gar keinen Bitcoin.

Die gewünschten Transparenzauflagen bevorzugen im Grunde große Dienstleister. Die werden zwar über ausufernde Bürokratie klagen, können so etwas aber letztlich professionell abwickeln. So macht man dann also das Ident-Verfahren, eröffnet seine Wallet bei Kryptoknete24.com und darf dann mitspielen. Alles Ungehostete außerhalb der Dienstleister wäre dann nur noch für die Schmuddelkinder und Kriminellen, Finger weg von sowas.

Machen zentrale Dienstleister die Kryptowelt aus, hat man im Grunde nur die bestehende Finanzwelt noch mal in umständlich nachgebaut. Und die Blockchain als Ersatz für Intermediäre hat jeglichen Sinn verloren und kann dann auch weg.

So wird der eigentliche Zweck einer Technologie zu Tode reguliert. Wäre es nicht einfacher, klarer, konsequenter und aufrichtiger gewesen, liebe Parlaments-Abgeordnete, würdet ihr euch gleich für ein Totalverbot starkmachen, statt solchen Quatsch durchzuwinken?

(axk)