Magnetschwebebahn in Berlin: Eine richtige Weichenstellung?

Seite 2: Wie andere Länder Pilotstrecken für Magnetbahnen bauen

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In anderen Ländern mit Pilotanlagen wurden keine Sparvarianten errichtet. So ist die Ecobee-Magnetschwebebahn in Südkorea (Incheon Airport Maglev) eine vollausgestattete zweispurige Magnetbahn mit sechs Stationen über eine Distanz von über fünf Kilometern. Dazu kommt das dahinter liegende Depot. Derzeit ist sie allerdings außer Betrieb und soll erst wieder 2024 in Betrieb genommen werden. Südkoreas Maglev-Projekt hat eine ungewisse Zukunft.

Gleiswechsel am Flughafen Incheon.

(Bild: Andreas Sebayang/Privat)

Das Linimo-System in Nagoya, Japan, hingegen ist nicht nur aktiv, sondern eines der ältesten Systeme. Auch hier sind Zugbegegnungen und ein hoher Takt möglich. Das Linimo-System besitzt an der Endhaltestelle sogar eine platzsparende, aber sehr aufwendige X-Weiche in der Kehranlage.

Endstation - Ein Linimo-Zug nutzt in der Kehranlage eine X-Weiche.

(Bild: Andreas Sebayang/Privat)

Die beiden Nahverkehrsmagnetbahnen S1 der Beijing Metro (Mentogou Line) und der Changsha Flughafenexpress sind ebenfalls vollausgestattete Magnetbahnen im Fahrgastbetrieb, auch wenn die Informationslage hier sehr dünn ist.

Eine Sonderstellung nimmt der Shanghai Maglev Train (SMT) ein. Auch dieser ist eine Pilotstrecke, allerdings mit dem Transrapid als Basis, der eigentlich ein Fernzug ist. In China wird er nur als Flughafen Express verwendet.

In anderen Ländern wird also prinzipiell ausgetestet, was in Sachen Last machbar ist, indem mehr Züge gekauft und die Strecken besser ausgestattet werden.

Der Bau der TSB-Magnetbahn könnte nach Genehmigung schnell erfolgen. Die CDU kündigte im Vorwahlkampf 2020 eine Bauzeit von nur zwei Jahren an, was Max Bögl schon vorher gegenüber dem Autor bestätigte, aber zugleich auf die davor planerischen Pflichten aufmerksam machte. Möglich ist der schnelle Bau, weil es sich um Fertigteile handelt, die aus dem Baukasten zusammengebaut werden. Sobald klar ist, wo sie hinmüssen, können die Stützen gebaut und die Fahrwegteile eingehängt werden.

Das demonstriert Max Bögl derzeit auch am Frankfurter Flughafen, wo ein neuer People Mover entsteht. Einige Abschnitte werden rasch “zusammengesteckt”. Komplizierter wird es freilich beim Bau der Bahnhöfe, denn die werden in bestehende Gebäude integriert. Wenn in Berlin das TSB nicht die Spree oder die Stadtautobahn queren muss, dann ist eine Bauzeit von zwei Jahren durchaus realistisch. Wie schnell solche Streckenteile gebaut werden können, hat Max Bögl auch schon in Hamburg während einer Messe, in China und am Firmensitz in Sengenthal gezeigt, wo kürzlich erstmals eine Weiche eingebaut wurde.

Doch Planung und Baukoordination ist in Berlin und Umgebung das größere Problem. Die Elektrifizierung und der zweigleisige Ausbau der 80 Kilometer langen Ostbahn soll etwa erst 2050 abgeschlossen sein, obwohl die Strecke dort schon existiert. Selbst das Verlegen von 1,2 Kilometer Straßenbahngleis hat am Berliner Ostkreuz bald acht Jahre Verspätung. Das lässt den Bau einer Pilotstrecke innerhalb von drei Jahren wie eine Utopie klingen.

Grundsätzlich ist eine Magnetbahn-Pilotstrecke zu befürworten, da dem TSB-System noch ein praktisches Testszenario fehlt. Es stellt sich aber die Frage, ob dies nicht eher Aufgabe des Bundes sein sollte, der sich auf die Wirtschaftsförderung konzentriert. Ein Bundesland ist mit der Finanzierung eines Forschungsprojektes hoffnungslos überfordert – insbesondere mit dem von der CDU veranschlagten Zeit- und Kostenrahmen. Mit 85 Millionen Euro kann man jedenfalls keine vernünftige Magnetbahnstrecke bauen. Man würde nicht einmal das Betriebsniveau der M-Bahn aus den 80er-Jahren erreichen, die einst in Berlin fuhr.

Hinzu kommt das Fehlen einer vorzeigbaren Trassenplanung. Derzeit rätselt die Stadt, wo die TSB gebaut werden soll. Die ursprüngliche Idee der CDU, die TSB bis zum Flughafen Berlin-Brandenburg zu führen, war zumindest noch nachvollziehbar. Seit der Festlegung auf eine U-Bahn-Verlängerung ist diese Möglichkeit aber vom Tisch.

Man muss sich auch fragen, welche Erkenntnisse der Minimaltest bringen soll, wenn das Budget nicht massiv erhöht wird. Denn mit der Infrastruktur, die für 85 Millionen Euro angeschafft werden soll, lassen sich keine komplexen Betriebsszenarien abbilden. Es wird wohl eher ein Hin- und Herfahren werden, wie man es früher von der Eisenbahn im Schaufenster der Apotheke kannte.

Einen reinen TSB-Test kann sich Berlin eigentlich sparen. Denn China testet das TSB bereits seit einiger Zeit in Chengdu und hat auch schon das erste TSB-Fahrzeug lokal produziert, wie magnetbahn.org berichtet. Die Wahrscheinlichkeit ist also hoch, dass Berlin das TSB-System noch in der Minimalausstattung testet, während in China das System bereits in der Praxis eingesetzt wird. Es sei denn, CDU und SPD erhöhen den Etat massiv, was angesichts knapper Kassen und der offensichtlichen Abneigung der SPD eher unwahrscheinlich ist.

(mki)