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Was war. Was wird.

Der Mai ist gekommen. Der Mai wird gehen. Vielleicht muss die Osterweiterung des alten Europas noch viel weiter gehen, damit sich einige nicht als Herrenmenschen aufspielen, fragt sich Hal Faber.

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Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Hal Faber

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Merhba .mt, witamy .pl, vitejte .cz, wo man feiert und trauert. Hallo .ee, .lv, .lt, .hu .sk, .si und .cy. Europa wird größer, bunter und hoffentlich ein wenig angstfreier. Nur die harten Verschwörungstheoretiker werden es als Nachweis finsterer Pläne sehen, dass die fünfte Osterweiterung Europas ausgerechnet an einem Gründungstag Wirklichkeit wurde. Deutschland öffnet sich und muss sich noch viel weiter öffnen. Die harten Fußballer wird es freuen, wenn Daniel Cohn-Bendit die CDU und ihre Blockade beim Staatsbürgerrecht für das desolate Gekicke verantwortlich macht und aus Deutschland ein zweites Katar machen will. Darauf eine Kinnie. In Katar soll Saddam Hussein gefangen gehalten werden. Was jetzt aus dem Irak zu hören und zu lesen ist, lässt Schlimmes befürchten. Vielleicht muss die Osterweiterung des alten Europas bis nach Bagdad gehen, damit die Besatzer sich nicht als Herrenmenschen aufspielen. Auf jeden Fall wäre dann eine andere Flagge fällig, mit dem islamischen Grün, dem Rot/Schwarz der alten Kalifate und einem Stern beim Halbmond, nicht das amerikanische Design.

*** Heute vor 71 Jahren wurden in Deutschland die Gewerkschaften verboten, gestern sind sie wieder marschiert und haben Peer SteinbrĂĽck enerviert, doch selten wurde dabei an den Blutmai vor 75 Jahren erinnert. Man hat andere Probleme. Etwa bei eBay, wo jedes Telefonat, jede Mail und jeder Web-Besuch der Mitarbeiter vom Activity Manager aufgezeichnet wird. Die Arbeit auf der Resterampe des Kapitalismus ist kein Zuckerschlecken, die Kommunikation ĂĽber die Zumutungen aber auch nicht, wie die von der Gewerkschaft georderten Spezialisten wissen. "Reality is what we make it" heiĂźt es bei ihnen in bestem Denglisch. Na denne: Brothers to sun, to freedom!

*** Es ist wirklich schwierig, dieses Englisch. Da melden sich christlich betroffene Leser beim Pastor ihres Vertrauens und stellen die Gewissensfrage. Heißt es nun "Ruhter" oder "Rauter", wenn man auf die verdammte Kiste schimpfen will und sündige Wünsche aufkommen, weil das Internet nicht funzt. Die Antwort kommt frisch vom Markt: "In der direkten Ansprache des Gemüses verwende dann auch ich deren vertrautes Idiom." Na denne: "Ich schäle dich, du lahme Gurke", das dürfte jedes Routers Herz zum Pochen bringen. Bleiben wir bei eBay. Dort hat Tobit Software einen ganzen Zug für einen ganzen Tag ersteigert. Beschallt mit ClipInc wird er auf die Route/Ruhte/Raute geschickt, vielleicht mit Heinz Rudolf Kunze und Klaus Doldinger an Bord, die als Sachverständige die Bundesregierung beim Musikdownload beraten. Marillons Musik-Spammer, die Street Teams, passen auch noch rein. Auf eBay verkaufen sie die Musik der Zukunft.

*** Man könnte natürlich einwenden, dass Tobit Software so einen Zug oder halt auch das Kleid von der echten Verona Feldbusch für einen guten Zweck ersteigert. Es ist wirklich so, dass sich die Verträglichkeit von Profit und Moral sicherstellen lässt, wie es der Deutsche Ethikverband vorlebt. Ein Gründungsmitglied der ehrenwerten Gesellschaft ist beim Inspire Award wählbar, über den im WWWW der vorigen Woche bereits gelästert wurde. Nun wurde unter der Woche das Bewertungssystem verändert, damit die 50.000 Euronen nicht einfach mit Sperrfeuer ergattert werden können, mit drastischen Auswirkungen, die die Jäger der Bobos und die Rächer der Entlassenen auf ihrer Website dokumentieren. Ungluablich? Aber nicht doch. Ethik, so könnte man die Wikipedia ergänzen, ist die Frage nach dem Guten, Gerechten und Bezahlbaren. Übrigens übt sich auch der Erfinder der hohen Auszeichnung in ethischem Verhalten. Nachdem das Dauerklicken der Fans abgeschaltet ist, heißt es bei der T-COM: "Bitte geben Sie jetzt Ihre E-Mail-Adresse ein, damit wir Ihnen einen Bestätigungslink zur Wertung Ihrer Stimme schicken können. Auf diese Weise möchten wir sicherstellen, dass jeder Nutzer -- aus Gründen der Fairness -- nur einmal abstimmt." Ethisch fair mal auf die Schnelle ein Dutzend Mail-Adressen generieren, das ist doch wohl profitverträglich.

*** Ethik und Internet, da liegt der Name SCO auf der Zunge, gewissermaßen. Die amerikanischen Klagespezialisten meldeten sich in der Süddeutschen Zeitung zu Worte, die allen Ernstes von Plänen berichtet, dass SCO Klagen gegen Linux-Endanwender in Europa erwägt. Vielleicht nach dem Muster DaimlerChrysler, zu dem es in der Zeitung heißt: "Im Fall DaimlerChrysler vermutet SCO eine Verletzung der Unix-Rechte durch den Einsatz von Linux und fordert eine entsprechende Kontrolle". Eine skurrile Vermutung angesichts der Tatsache, dass der Autobauer Software aus dem SCO-Erbe vor sieben Jahren außer Dienst gestellt hat, wie er in einem Brief an die Unix System Laboratories schreibt. Damit sollte das Kapitel DaimlerChrysler für SCO geschlossen sein, doch vor Gericht und auf hoher See sind die Kurse selten gerade. Kommt die Sache durch, so wird daraus ein Musterprozess. Auch Microsoft möchte sicher gerne wissen, was aus all den Windows-Lizenzen geworden ist, wenn Firmen zu Linux wechseln. "Klein Kraut ist fein, groß Unkraut hat Gedeihn", reimte schon Shakespeare.

Was wird.

Der Mai ist gekommen, BASIC feiert Geburtstag, das Proggen flutscht nicht nur beim VCFE und die Konferenzen blühen auf. Bleiben wir bei Microsoft, so freut es alle Sicherheitsexperten, in Luxemburg bei der EICAR die letzten Neuigkeiten vom zukünftig sicheren Windows zu hören, besonders was den ISA Server anbelangt. Auch die gern diskutierten RFID-Chips und der Schutz der Privatsphäre vor den Dingern ist Thema im Großherzogtum.

Zur Sache soll es in Punkto RFID hingegen auf der Fachtagung des Handelsblatt gehen, zu der Datenschutzaktivisten eine Kundgebung veranstalten wollen. Dabei werden die Demonstranten freudig erwartet, damit man in einen kritischen Dialog treten kann. Ein runder Tisch voller Chips, die sich nach eingehender Debatte wie Jeannie -puff- in Luft auflösen, das wär' es schon, doch technisch leider ganz unmöglich. Sich selbst zerstörende Chips sind einfach viel zu teuer, als dass sie an eine Schale Frischkäse gebappt werden können.

Chips können sich vielleicht selbst zerstören, doch was sind sie gegen Multimedia-Appliances, die sich selbst organisieren? Die sich im Haus zusammenrotten, wenn die Weichware weg ist und etwas gegen die taktlose Langeweile unternehmen? Jawoll, am Dienstag wird berichtet, wie sie zu reinem Dynamite werden können. Rumms und wumms machen die Computerschwärme, die wie die Vandalen durchs Haus ziehen und von denen die Pressemitteilung ins Schwärmen gerät: "Wie schön wäre es, wenn der Personal Digital Assistant angesichts drängender Termine den Wecker frühzeitig informiert, wann er zu klingeln hat." Ja reicht es denn nicht einfach, den Wecker selbst zu stellen und notfalls ein Päckchen Knallfrösche frühzeitig in die Schaltung zu integrieren? Muss es denn gleich Dynamit sein? Nö. "Visionen und Trends für die menschenzentrierte Integration von Multimedia und Multimodalität" stehen auf der Tagesordnung. Wenn der Wecker einfach nur rechtzeitig klingelt, ist das natürlich eine unglaublich schwache menschenzentrierte Integration. Schwärme aller Länder, vereinigt euch! Ach, der 1. Mai ist schon vorbei. (Hal Faber) / (anw)