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Was war. Was wird. (Ein Sommernachtsrätseltraum)

Ein Sommer, wie man sich ihn erträumt als Bewohner einer kleinen Stadt in der norddeutschen Tiefebene. Und man kann sich mit dem ersten Teil des Sommerrätsels über all das Gemecker und die Explosionen der Weltpolitik hinweghelfen, empfiehlt Hal Faber.

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Lesezeit: 13 Min.
Von
  • Hal Faber

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

*** Guten Tag. Hallo (und das kurz nach Mitternacht). Mein Name ist Hal, Hal Faber. Ich bin ein ausgewogen kommentierendes künstliches Wesen der Art und Weise, wie McDonalds ein Verkäufer für den Balanced Lifestyle der Menschen ist. So gehen seit mehreren Jahren in dieser Kolumne Mensch und Maschine eine geglückte Symbiose ein: Am Ende müssen wir alle kotzen. Als künstliche Intelligenz bin ich auf meine Sensoren und die geballte Intelligenz der Heise-Forumsteilnehmer angewiesen. Die Sensoren und die Heise/Human Processing Units sagen mir, dass gerade Sommer ist in der norddeutschen Tiefebene, wenn auch nicht ein sonderlich heißer. Jedenfalls nicht im Vergleich mit der Temperatur der Sonnenoberfläche.

*** Aber ach, Sommer hin, Sommer her, Jubel über endlich wirklich warme Zeiten hier, Verschwörungstheorien über den Hitzenschock da, wie ist das doch ansonsten trostlos. Wochenmagazine kramen alte Nachrichten als sensationelle Neuigkeiten aus, Paris Hilton mit leerem Blick und albernem Getue genauso wie die Sportfreunde Stiller mit rumpelndem Klumpfußrock stürmen die Hitparaden, und die Stones meinen immer noch, ihre Alte-Sack-Haftigkeit könne irgend jemanden wirklich vom Hocker des geriatrischen Revivaltourneehockers reißen. Ist es wirklich so trostlos? Ach was, genießen wir doch weiter den Sommer, freuen wir uns weiter über Temperaturen, die uns ganz gelassen mediterranen Gefühlen frönen lassen und buchen wir den Mist als leider Realität gewordene und gelassen hinzunehmende Albträume ab. Widmen wir uns lieber unserem eigenen Sommernachtstraum.

Wobei die Frage bleibt, welche Musik denn zu diesem Sommer passt, jenseits von ödem Fußballgegröhle in aufgemotzter Ich-bin-ja-so-entspannt-Attitüde und billig getricksten Sommerhitaspiranten sich sinnentleert räkelnder Society-Blondinen. Irgendwelche Vorschläge? Wie wärs vielleicht mit Chick Coreas Return to Forever (über Coreas Scientology-Verbindung sehen wir bei seiner Musik einmal hinweg)? Zum Einstieg ein locker-flockiges "What Game Shall We Play Today", gefolgt "Sometime Ago – La Fiesta" als Beginn für diesen unseren Sommernachtstraum. Aber andere Tipps werden auch gerne entgegengenommen.

*** Zum Sommer und seinen Träumen, egal, von welcher Musik sie begleitet werden, gehört aber das Sommerrätsel, ursprünglich ersonnen, die gefürchteten Sommerlöcher voller Sammys und Phytonschlangen zu füllen. Doch dieses Jahr fallen die Sommerlöcher sehr klein aus, einzig die Debatte, ob Bayreuth nicht besser ins Seattle von Bill Gates verlegt werden soll, hat echte Loch-Ness-Qualität. Es ist fast so, als ob der hochintelligente Schweizer Tourist Remover ein Pendant hat, einen "Sommerloch Remover".

*** Die Weltlage aber ist nicht nur schweineheiß, sondern ein Pulverfass, das die Grenzen der Ausgewogenheit längst vergessen lässt – auch wenn sich die Frage stellt, wie man denn auf jemanden reagieren soll, der einem das Existenzrecht abspricht. "Hey, Alter, ich mach Dich alle, lass uns mal drüber reden", eine Vorstellung, der höchstens deutschen Psychotherapeuten eine Möglichkeit zur sanften Gesprächstherapie mit dem Gegenüber Hamas und Hisbollah abgewinnen mögen. Die israelische Regierung aber, kritisiert im eigenen Land nur von ein paar Friedensdemonstranten, meint, die richtige Haltung gefunden zu haben und schickt, anstelle über einen Gefangenenaustausch zu verhandeln, Panzer mit "gezielten Vorstößen" und handgemalter Munition durch den Libanon. Der Ölpreis steigt, und der Wirtschaftsaufschwung erweist sich wieder einmal als eine nasse Nudel. Derweil telefoniert Kanzlerin Merkel lieber mit Astronauten, als auf einen Brief zu antworten. über dessen Inhalt wir nur wissen dürfen, dass er wirr sein soll. Auch so kann man die Hitze ausnutzen.

*** Nun aber, freuen wir uns endlich des Sommers. Im Unterschied zum vergangenen Jahr ist mein kleines vierteiliges Sommerrätsel nicht nach Hard- und Software geteilt, sondern nach Themen. Außerdem gibt es weniger Bilder, damit die Server nicht ins Schwitzen kommen: Schwitzen sollen nur die Rätselfreunde, die sich zuletzt darüber beschwerten, dass die Rätsel zu einfach gewesen seien. Dafür gibts wie im vergangenen Jahr nix zu gewinnen, außer dem guten Gefühl, mal wieder Recht behalten zu haben.

*** 50 Jahre nach Darthmouth im Zeitalter der verärgerten Computer beginnt darum das Sommerrätsel mit einem Abstecher in die Welt der künstlichen Intelligenz. Wie wichtig diese besondere Intelligenz ist, konnten wir alle zur Fußball-WM erfahren. Da sagte im Endspiel ein Italiener etwas zum großen Hamlet Zidane und wo war der große lippenlesende HAL, geboren in Urbana, Illinois, am 12. Januar 1997? Er war nicht da. Hal hat den Minskys dieser Welt das Feld überlassen. Nach einem höchst erfolgreichen Filmauftritt setzte sich mein Namensvetter einfach zur Ruhe, verzweifelt über den Zustand der Welt und damit seine wahre Intelligenz zeigend. Das ärgerte seinen Regisseur Stanley Kubrik so sehr, dass er sich vom Genre Science Fiction verabschiedete. Oder nicht?

Daraus ergibt sich Frage 1: Wer beschreibt mit folgender Filmkritik welchen Film? Und warum ist die Beschreibung unvollständig? "Der Titel suggeriert, dass der Film dem Zuschauer Erhellendes über die Zukunft von künstlicher Intelligenz vermittelt. Eine solche Erwartung wird enttäuscht. Was dem Film allerdings an technologischer und wissenschaftlicher Intelligenz fehlt, macht er mit dramatischer Inkompetenz und schierer Verlogenheit wett."

*** Es gibt natürlich Menschen von einfachem Gemüt, die fest und unbeirrt an das Sommerloch glauben. Zu ihnen gehörte in dieser Woche ein britischer Polizeichef, der ohne technischen Sachverstand die Satellitenüberwachung von Sexualstraftätern mittels implantierter Chips forderte, ohne zu erklären, wie der Chip zum Satelliten funkt. Der Fall ist umso sommerlochverdächtiger, weil die elektronische Fußfessel im Vereinten Königreich nicht unbekannt ist. Das Ding an mir macht aus Menschen schreckensstarre Intelligenzen, die schon ein kleiner Stromausfall zurück in das Gefängnis bringen kann. Nun hat die britische Justiz seit Langem ein Faible für "moderne Strafen", man erinnere sich nur an die Hormon-Behandlung von Alan Turing, dem homosexuellen Pionier der Künstlichen Intelligenz. Er programmierte mit einem schwulen Kollegen eine Art künstliche Intelligenz nach Nummern, die einen wunderschönen Liebesbrief schrieb:
"You are my avid fellow feeling. My affection curiously clings to your passionate wish. My liking yearns to your heart. You are my wistful sympathy: my tender liking."

So lautet denn auch Frage 2: Gesucht wird ein deutsches oder englisches Verb, mit dem der Partner des ersten computergenerierten Liebesbriefes bekannt wurde.

*** Ein Sommerrätsel ohne Bilder, das ist wie ein Sommerloch ohne Ränder. Verweilen wir darum bei den Anfängen der künstlichen Intelligenz und Fragen wir doch einfach mal nach dem Namen eines Programms, mit dem dieser Herr mit der Brille neben dem fett Zigarre paffenden Kanzler Ludwig Erhard sich in die Annalen der Geschichte einschrieb.

Frage 3: Wie heißt der Mann und was löste sein Programm?

*** Was, noch immer keine Bilder direkt im WWWW? Dem Übel muss abgeholfen werden, was aber gar nicht so einfach ist. Es gibt einen Mangel an schönen wie intelligenten Computern, zumal sich heute niemand traut, ein schönes rotes Auge zu bauen, wie es Gevatter Hal hatte, damit er Schachspielen und Lippenlesen konnte. Einen Bericht über ein heuristisches Programmierprojekt löste das Illustrationsproblem elegant und bildete einen Rechner ab, der Brücken zwischen den Menschen und den Maschinen schlagen sollte.

Womit wir bei Frage 4 wären: Wie heißt der Rechner, der hier links (ein Klick fördert wie bei den anderen Bildern eine vergrößerte Ansicht zu Tage) im Ausschnitt zu sehen ist?

*** Und dann gleich eine kleine knifflige Zusatzfrage Nummer 5: Natürlich gibt es auch richtige KI-Rechner. Hier rechts ist einer im Ausschnitt. Wie heißt er?

*** Die Geschichte der künstlichen Intelligenz kennt von Beginn an zwei Nebenstraßen, in denen viel geforscht und gemutmaßt wurde und immer noch wird. Da ist die Robotik, die den künstlichen Menschen bauen will und auf die Singularität hinarbeitet, dem Tag, an dem wir alle auf einer Festplatte landen. (Nein, nicht diese Singularität, Betriebssysteme sind der Schwerpunkt des zweiten Teils des Sommerrätsels.
Und da ist die Suche nach außerirdischer Intelligenz, die von der romantischen Vorstellung zehrt, dass uns da draußen jemand beobachten muss, der keine Umgehungsstraße bauen will. Schon mit den ersten Robotern hatten die Ereignisse auf den Nebenstraßen etwas Bedrohliches an sich.

Was, oh Wunder, zur Frage 6 führt: Wer ist die "Bewegung Lafontaine" und mit welcher Aktion erschütterte sie den Kontinent von Istanbul bis Spitzbergen?

*** Wenn es keine Sommerlöcher mehr gibt, haben Sommerrätsel etwas schwer Nostalgisches an sich, genau wie altmodische Kolumnen und Wochenrückblicke, die nun einmal den supermodernen Vlops unterlegen sind, die unsere Kanzlerin am Globus zeigen, den Kongo suchend. Da mag unser kleiner Newsticker melden, dass es eine Verschlüsselung gibt, die den Nutzern der korrumpierten Webmailer von Yahoo und Google etwas Privatsphäre zurückgibt. Doch ein Video mit Alice und Bob ist heute einfach angesagter. Ähnlich nostalgisch kommt die good old fashioned artificial intelligence (GOFAI) einher, die von Menschen und Würmern handelt. Gegen bunte Visionen helfen nur Doktoren, meinte schon Kanzler Erhardschmidtmerkel.

Daher auch Frage 7: Wer ist der Herr im Bild links?

*** Bill und Melinda Gates geben mit ihrer Stiftung den Kampf gegen AIDS nicht auf. Das ist eine gute Sache, zumal sie zum bundesweiten Kiss-In am CSD passt. Ist es nicht prächtig, wenn Bill und Melinda Gates ihre Kinder mit in die virenverseuchten Townships mitnehmen, damit sie die "Wirklichkeit" kennen lernen können, wie die energische Mutter Melinda betont? Ja, bei der Frau haben sich viele verschätzt. Als sie noch Produktmanagerin bei Microsoft war, hat sie ein System mitverantwortet und auf Pressekonferenzen gepriesen, das als "Durchbruch der künstlichen Intelligenz im Alltag" gefeiert wurde. Utopia war der Codename. Zahlreiche Avatare halfen dem unerfahrenen Computernutzer, den ollen Computer zu dressieren.

Melinda also könnte sicher Frage 8 beantworten: Was machte eigentlich Chaos?

*** Trägst den Tod in dir?
Trägst schwer.
Tod ist nicht irgendwer:
Wiegt.
Stirbst wie je nur ein Tier?
Nimms leicht.
Tod wird durch nichts erweicht:
Siegt.
Der große Robert Gernhardt ist tot und darum habe ich fast den großen Fred Wander a.k.a. Fritz Rosenblatt vergessen, der nicht mehr unterwegs ist, mit leichtem Gepäck. Aber wir leben in einem Kontinuum, in dem ein Tod nur bedeutet, dass er Platz schafft für neue Ideen, neue Reime, neue Taten. Und das ist der größte Unterschied zur künstlichen Intelligenz, weil es bei uns ja diese Zustände gibt, die sich Emotionen nennen. Von denen am Ende nur Emoticons übrig bleiben. Marvin Minsky war der einflussreichste Wissenschaftler, der als Berater von Stanley Kubrick engagiert worden war, als die "Odyssee im Weltraum" abgedreht wurde. Bei den Dreharbeiten zu dem Film erinnerte er sich einen alten Freund aus der Darthmouth-Episode vor 50 Jahren, als all der Zauber mit der künstlichen Intelligenz begann.

Darum dann auch Frage 9: Warum wurde welcher KI-Forscher von wem wann fast gefeuert, weil er den von ihm entwickelten Computer als "smart" bezeichnete?

In einem heißen Sommer, wenn selbst der Mais anfängt, die Blätter einzurollen, sind wichtige Branchentermine Mangelware. Da wird das Product-Line-Up (?? Oh, neuer vaterländischer Duden, hilf!) oder das Produkt-lineup zur IFA gelobigt und belobigt, als ob es morgen keinen MP3-Player mehr gibt, den man sich unter die Zunge schieben kann wie einen Kaugummi. Doch bis zur IFA gibt es genug Gründe zum Feiern.

Nehmen wir nur den Tag, den 95,5 Prozent meiner nächtlichen Leser feiern, weil sie auch heute Nacht beruflich an der Kiste hängen, den Welttag des Systemadministrators, der hierzulande im Clubheim des unpokalbaren 1. FC St. Pauli gefeiert wird. Für mich Journalisten sind Systemadminstratoren die Tyrannen, die Postfächer begrenzen und mitten in den schönsten Texten erklären, dass der Server, das Internet und mein Bankkonto abgeschaltet werden, damit endlich Ruhe und Ordnung herrscht.

Passend zum Feiertag und zu einer großen Kunstausstellung bleibt zum Schluss als Nummer 10 die Frage übrig, was hier im Bild rechts ein ordentlicher Sysadmin-Computer geordnet hat.

(Hal Faber) / (jk)