4W

Was war. Was wird. (Enthaltend die Rätsel einer Sommernacht)

Zwischen Metpahern-Müllhaufen sucht Hal Faber den heiligen Gral der IT und denkt an den Tag, als Elvis starb. Auch sonst will er wieder viel wissen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 111 Kommentare lesen
Lesezeit: 10 Min.
Von
  • Hal Faber
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

Bild 1 [150 x 148 Pixel @ 13 KB]

Vergrößern

*** Willkommen, Freunde des Sommerrätsels! Willkommen in der norddeutschen Tiefebene. Tja, so sieht ein geglückter, origineller Einstieg in eine Wochenschau aus. Hätte ich "Willkommen, Rätsel-Bataillone" geschrieben oder von den "Suchern des heiligen Grals der IT" gefabert, hätte sicher irgendwo ein kleines semantisches Aufpasserchen Alarm geschlagen und den Mitschnitt gestartet. Man muss es wirklich so sehen: die kleinste Bemerkung im WWW und noch die harmloseste Mail kann bombengefährlich sein. In Schleswig hat ein Prozess begonnen, der nach Aussagen aller beteiligten Pilotcharakter hat. Verhandelt wird auf der Basis von 512.000 Dateien, aus denen ein Stichwortsuchprogramm rund 300.000 Dateien belastendes Material gefischt hat. Die Dateien selbst wurden ganz ohne raffinierte Online-Durchsuchungsmethoden auf Festplatten gefunden oder via DSL mitgeschnitten. Das Besondere daran: Die Bildung einer terroristischen Vereinigung namens "Batallion von al-Habash" (das ist Arabisch für Abessinien, heute Äthiopien genannt) hat sich ausschließlich im virtuellen Raum abgespielt.
[anchor frage1]Frage 1[/anchor]: Was zeigt dieser Bildausschnitt für einen lustigen Spielcomputer?

*** Der Angeklagte, dem Journalisten dieses Verlages als sexuelle Müllabfuhr noch extra eine Gehässigkeit verpassen, soll auf der Basis von Chat-Protokollen dieses Bataillon mit zwei weiteren Personen gegründet und seine Logistik diskutiert haben. Was nach Aussagen des Anwalts "nicht einmal im Stadium eines Versuches" gewesen sein soll, mithin eine Reihe von Chats, das soll bereits die zentrale Straftat sein. Das große Sommertheaterthema Online-Durchsuchung lässt grüßen. "Wir müssen vor der Verschlüsselung auf der Festplatte sein", das geflügelte Wort des BKA-Chefs steht in Schleswig auf dem Prüfstand. Die Polizei war auf der Festplatte und lauschte am DSL-Anschluss, als diskutiert wurde. Wenn mit einer einfachen Stichwortsuche Recht gesprochen werden kann, ziehen neue Zeiten auf.
[anchor frage2]Frage 2[/anchor]: Wie heißt das Programm, mit dem das Bataillon von al-Habash aufgespürt wurde?

Bild 2 [150 x 141 Pixel @ 7,8 KB]

Vergrößern

*** Bis dahin wühlen wir uns durch alte Zeiten, denn der zweite Teil des Sommerrätsels wartet. Im Feuilleton der Süddeutschen Zeitung, die Scherzkekse zum Qualitätsjournalismus rechnen, ist ein Artikel über Windows Vista erschienen, der in der gedruckten Fassung mit dem seltsamen Titel "Der Englebart-Altar" das erste halbe Rätsel liefert. Hat die Süddeutsche wirklich keinen Lektor, der den Namen von Douglas Engelbart nachschlagen kann? Ganz abgesehen davon, dass die These vom Memex, das teilweise an der Stagnation von Windows Vista Schuld sein soll, ziemlich gewagt ist. Aber es kommt noch steiler. Mit den Knochen von Vannevar Bush errichtete Douglas "Engle" Engelbart einen Altar, vor dem wir bis heute niedersinken und an den heiligen Norton beten, er möge uns die gelöschten Dateien widergeben.
[anchor frage3]Frage 3[/anchor]: Bei diesem formschönen Gebilde ist die Frage unweigerlich: Ist es Teil der sexuellen Müllabfuhr oder gar ein Tribut an den Meister? Was ist es?

Bild 3 [150 x 157 Pixel @ 10,9 KB]

Vergrößern

*** Immerhin ist so ein "Englebart-Altar" bei allem feuilletonistischen Halbwissen einem richtigen Guru gewidmet und nicht einer der Sorte von Altaren, die auf dem Metaphern-Müllhaufen der Politiker gezimmert werden. Es sind vollkommen merkbefreite Politiker, die davon schwadronieren, dass wir auf dem "Altar der Toleranz" ausbluten werden wie ein geschächtetes Tier, wenn wir es nicht zulassen, dass unsere sozialen Räume heimlich durchsucht werden dürfen. Zu einem richtigen Altar gehören heilige Sachen, die verehrt werden können und natürlich die Heiligengeschichten. Während Jesus auf dem Wasser ging, vollbrachte Engelbart etwas viel Schwierigeres: er demonstrierte die Zukunft ohne Powerpoint-Vorlage. Seitdem sind wir in seinem WIMP-Bann und können uns das Computern ohne Maus, grafische Oberfläche und Powerpoint nicht vorstellen.
[anchor frage4]Frage 4[/anchor]: Im Bildausschnitt ist ein Irrweg zu sehen, verfolgt von einer religösen Splittergruppe. Aus welchem Jahr stammt das Bild und wie nannte sich das System, das vergebens die Welt zu verändern suchte?

*** Es gibt natürlich noch ganz andere Theorien, die nicht Vannevar Bush und Douglas Engelbart oder Ada Lovelace dafür verantwortlich machen, dass wir heute in einem Computerstaat (Video) leben, der ohne Online-Durchsuchung in einer Orgie des Terrors versinkt. So hat ein bekannter Computertester und Journalist die steile These aufgestellt, dass der PC mit allen Folgen schlicht ein Drogenunfall ist, eine Folge von Pillen, die in falscher Reihenfolge eingeworfen wurden. Seitdem sind wir in einem Wahnsinn gefangen, aus dem wir nicht einmal mit Alt-F4 herauskommen.
[anchor frage5]Frage 5[/anchor]: Seine These verbreitete dieser Autor in einem Buch, das als Titel eine Zeile aus einem Lied zitiert, das vor vierzig Jahren ein Sommerhit wurde. Wie heißt die Droge, die die Band konsumierte und welcher EDV-Begriff verbindet sich heute mit dem Namen?

Bild 4 [150 x 57 Pixel @ 5 KB]

Vergrößern

*** Besagter Sommerhit endete übrigens in der Aufforderung, seinen Verstand zu gebrauchen, auch mit bewusstseinserweiternden Drogen. Damit sollte der Verstand geschärft werden. Die Methode hatte bekanntlich Erfolg: ohne LSD hätte es ein so erfolgreiches Unternehmen wie Apple niemals gegeben. Jetzt braucht Apple keine Drogen mehr, da reichen iPods und iPhones völlig aus, ein klitzekleines Strompatent inklusive. Auch Apple und sein leopardenartiges Betriebssystem opfert mit dummer Maus und schlichter Klickgrafik auf dem benamsten "Englebart-Altar", hat aber ab und an das bessere Design zu bieten.
[anchor frage6]Frage 6[/anchor]: Im Ausschnitt ist ein Rechner abgebildet, der von einem bekannten Apple-Designer gestaltet war und viele Preise einheimste. Dennoch floppte der Computer. Um welchen Rechner und welchen Designer handelt es sich?

*** Für meine Bemerkung über flatratetrinkende Kinder und den drogenverseuchten Radsport der Tour de France habe ich Kritik bekommen. Heute geht die Tour zu Ende, in der Doper und Lügner gezeigt haben, was sie alles im Köpfchen haben. Nach wie vor ist der Radsport bis in das Amateurlager eine ziemlich verseuchte Angelegenheit und schädlicher als Flatratetrinken. Aber warum Saufen. Es gibt doch die Pfadfinder und die feiern heute Geburtstag, weil heute vor 100 Jahren das erste englische Pfadfinderlager aufgebaut wurde. In Deutschland war man sogar etwas früher dran und machte später einen rechten Humbug aus dem Sippentum der Spurenleser und Kundschafter. Bezeichnenderweise ist der wichtigste Satz der Pfadfinder am Ende eines langen Pfadfinderlebens gefallen: "Versucht, die Welt ein bisschen besser zurückzulassen, als ihr sie vorgefunden habt." Ich habe schon einmal auf die kuriose Debatte verlinkt, mit der sich das Fähnlein Fieselschweif und die Freunde freier Software auf den gemeinsamen Nenner von be prepared/bit prepared einigen. Ob dafür die militante Grundhaltung beider Lager ausreicht, eine Bewegung für das nächste Jahrtausend zu bilden, ist schwer die Frage.
[anchor frage7]Frage 7[/anchor]: Gesucht wird ein deutscher Rechner, der als "Heimcomputer für das nächste Jahrtausend" beworben wurde, aber niemals erschien. Stattdessen erschien bei einem deutschen Plattenlabel eine Band mit dem Namen des Rechners und spielte zu Ehren von Gilles Deleuze, der die neue Art des Lesens propagierte.

Bild 5 [150 x 142 Pixel @ 11,2 KB]

Vergrößern

*** Im Kampf gegen den Terror feierte die britische Polizei nach versuchten Bombenanschlägen in Glasgow und London eine Reihe von schnellen Fahndungserfolgen im In- und Ausland, die auf die intelligente Videoüberwachung zurückgeführt wurden. Nun musste zumindest ein indischer Arzt in Australien nach peinlichen Fehlern frei gelassen werden. Die schlichte Tatsache, dass der Arzt mit einem in Glasgow verhafteten Mann verwandt ist und einmal in Großbritannien eine SIM-Karte verloren hatte, machte ihn zum Terroristen.
[anchor frage8]Frage 8[/anchor]: Das Bild ist ein Ausschnitt aus der intelligenten Videoüberwachung einer europäischen Großstadt, ein Tag vor dem Besuch unseres Bundespräsidenten. Es war sein erster Auslandbesuch in diesem Amt. Wie heißt die Stadt?

Was wird.

Bild 6 [150 x 111 Pixel @ 9,2 KB]

Vergrößern

Während das Sommerrätsel weiter geht, schlägt demnächst die Stunde der Besinnungsaufsätze. Das beliebte Thema der Feuilletonisten neben der unsäglichen Doofheit des Computers (und dem urbösen Internet im Computer) ist die Frage "Wo war ich, als Elvis Presley starb?" Da die meisten meiner Leser offenbar vor dem 17. August 1977 geboren wurden, möchte ich die Frage weiter reichen, ganz ohne Besinnungsaufsatz. In der Blogosphäre nennt man derartiges Tun "ein Stöckchen werfen". Schmeiß ich also einen Ast, damit nach den Sommerrätseln nicht nur das Sommertheater zur Online-Durchsuchung übrig bleibt, wo mittlerweile munter spekuliert wird, was BKA-Trojaner mit Computern machen, die mit einem Krankenhaus verbunden sind. Ja, das ist das schöne an diesen grauen Kisten. Auf der einen Seite sind sie Schrott auf dem Englebart-Altar der Fehlkonstruktionen, auf der anderen Seite laufen auf ihnen hochintelligente Suchprogramme, die galant den Kernbereich der privaten Lebensführung ausblenden, wenn sie etwa auf ein Fleisch-JPG stoßen.
[anchor frage9]Frage 9[/anchor]: So sieht es aus, wenn ein Computer mit dem Krankenhaus verbunden ist. Was zeigt das Bild?

Morgen knallen bei Microsoft die Sektkorken. Gefeiert wird ein Jubiläum, nämlich die bis heute wichtigste Firmenübernahme in der Geschichte des Unternehmens. Ein heutige weltbekannter Kryptologe gehört zu denen, die sicher nicht mitfeiern, ohne den es jedoch die Feier in dieser Form und mit diesem runden Jubiläum nicht geben würde.
[anchor frage10]Frage 10[/anchor]: Was wird bei Microsoft gefeiert und wie heißt der Mann, der nichts von der Party hat?

[anchor frage11]Bonusfrage[/anchor]: Und wo waren Sie, als Elvis starb?

(Hal Faber) /

(vbr)