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Was war. Was wird. Gaia, Pacha Mama, oder nur ein Brocken voller Kotzbrocken?

Sind die Linken immer die Guten? So mancher behauptet das gegen die Rechten. Aber weit gefehlt, befürchtet Hal Faber angesichts abscheulicher linker Verirrungen

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Wer mag in diesen Zeiten noch an den Klimawandel denken, wo alle Welt über hohe Energiepreise jammert. Und sich unsere Geistesgrößen von FDP und CSU nicht zu blöde sind, Spritpreise gegen die sozialen Verwerfungen weiter senken und Atomkraftwerke gegen den Gasmangel am Netz lassen zu wollen. Ach, möge die Hitze ihnen auf die Sprünge helfen. Und selbst wenn's mal ein paar Tage etwas kühler wird oder gar ein paar Starkregen gibt, so bleibt die Trockenheit bis in tiefe Bodenschichten - da hilft es auch nix, wenn sich ein breitbeiniger Bayer über Benachteiligungen beschwert, die er und seine Kumpane selbst verschuldet haben.

(Bild: Dmitry Rukhlenko / Shutterstock.com)

Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Hal Faber

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

*** Ist das heiß! Die Erde schwitzt. Und die Erde trauert: An seinem 103. Geburtstag ist James Lovelock gestorben, der Umweltdenker, der in den 60er-Jahren zusammen mit Lynn Margulis die Gaia-Hypothese von der Erde als einem symbiotischen Planeten formulierte. Kein toter Brocken Stein, der um die Sonne schwirrt, sondern ein selbstregulierendes System mit Millionen von Organismen, die sich zusammen mit der Erde in einem Prozess der Co-Evolution weiter entwickeln.

Was Lovelock von seiner Position aus in aller Schärfe sah, waren jedenfalls die Schäden, mit denen die Menschen das Gesamtsystem Erde traktieren, die immense Umweltverschmutzung, die Zerstörung der Ozon-Schicht und die Gefahr der Erderwärmung. Als Lovelock seine Thesen veröffentlichte, erregte er den Zorn sowohl der Hardcore-Darwinisten, die nur die Entwicklung der Arten im "survival of the fittest" gelten ließen, wie derjenigen, die das Dasein auf dem großen Brocken durch die Gnade höherer Wesen erklärten. "Der Planet, auf dem wir leben, braucht nur einmal zu zucken, um einige Millionen Tote zu hinterlassen. Doch das ist nicht verglichen mit dem, was bald passieren könnte, wenn wir die Erde weiter so missbrauchen, dass sie sich in den heißen Status zurück verwandelt, in dem sie vor 55 Millionen Jahren existierte. Wenn sie das tut, werden wir alle und unsere Nachkommen sterben." Ganz abseits der Gaia-Hypothese entwickelte Lovelock Sensoren und technische Systeme, um die Belastung der Umwelt messen zu können. Bekannt wurde er mit seinem Elektroneneinfangdetektor (ECD), der die FCKW-Konzentration in der Atmosphäre messen und damit das Ausmaß des Ozonloches bestimmen konnte. Auch der Nachweis von Pestiziden in der Landwirtschaft war mit dem Gerät durch Gaschromatografie möglich. Im Jahre 2007 erregte Lovelock mit dem Vorschlag Aufsehen, die Algenproduktion in den Ozeanen anzukurbeln, damit diese wiederum die CO2-Emissionen in der Atmosphäre reduzieren. Außerdem vertrat er energisch den Ausbau der Kernenergie zur Rettung der Erde. Das hinderte die Grünen lange Zeit daran, seine Gaia-Hypothese anzunehmen. Schließlich gehörte er zu den ersten Forschern, die sich in den fünfziger Jahre mit dem Einfrieren und Auftauen von Lebewesen beschäftigte und gilt daher auch als Ahnherr der Kryoniker. Seine Gaia-Hypothese führte schließlich zu Experimenten wie Biosphere.

*** Gestorben ist auch David Warner, der die böse Software Sark in Tron spielte. In Deutschland als Titanic-Bösewicht wahrgenommen, dabei spielte er auch den Bösewicht in "Time Bandits" und trat in den Star-Trek-Filmen V und VI auf sowie in zwei Folgen TNG. Und natürlich nicht zu vergessen den Wing Commander, wo er ausnahmsweise auf der Seiten der Guten (Menschen) gegen die Katzen-Kilrathi auftauchte. In der Holocaust-Serie Die Geschichte der Familie Weiss spielte er den SS-Führer Reinhard Heydrich, der mit der "Endlösung der Judenfrage" beauftragt wurde.

*** "Fest steht: der Antisemitismus, enthalten im Anti-lsraelismus oder Anti-Zionismus wie das Gewitter in der Wolke, ist wiederum ehrbar. Er kann ordinär reden, dann heißt das 'Verbrecherstaat Israel'. Er kann es auf manierlichere Art machen und vom 'Brückenkopf des Imperialismus' sprechen, dabei so nebstbei allenfalls in bedauerndem Tonfall hinweisen auf die missverstandene Solidarität, die so ziemlich alle Juden, von einigen löblichen Ausnahmen abgesehen, an den Zwergstaat bindet." Das schrieb der dem Holocaust entronnene Jean Amery im Jahre 1969 über den ehrbaren Antisemitismus, der damals in Deutschland vor allem unter den Linken Oberwasser bekam. Amery bestand auf dem Existenzrecht von Israel: "Ich habe es niemals besucht, spreche seine Sprache nicht, seine Kultur ist mir auf geradezu schmähliche Weise fremd, seine Religion ist nicht die meine. Dennoch ist das Bestehen dieses Staatswesens mir wichtiger als das irgendeines Anderen." Man sollte diese Sätze, die 1969 in der "Zeit" erschienen, mit dem aktuellen Artikel in der "Zeit" vergleichen, in der Lea De Gregorio, ehemals Redakteurin des Amnesty Magazines, ihren Abschied begründet: Der nette Perlentaucher fasst es so zusammen: "Ihr wurde immer suspekter, wie intensiv die Organisation ihren Bericht 'Israel's Apartheid against Palestinians' feierte, der ein Rückkehrrecht für alle Palästinenser mit Flüchtlingsstatus fordert, aber nicht anerkennt, dass Israel ein Zufluchtsort für alle Juden ist." Das Bestehen von Israel ist es, das nicht nur von Amnesty, sondern auch von weiteren Künstlern auf der Documenta kritisiert wird. Da tritt eine Frau einem israelischen Soldaten ins Gemächt, während im Hintergrund ein gefesseltes Kind und eine Vergewaltigung zu sehen ist. All das wird in einer Stellungnahme so erklärt, dass das Bild zwar den palästinensisch-israelischen Konflikt thematisiert, aber keine Bebilderung von Juden "als solchen" enthalte.

*** Eisiges Schweigen und das bei dieser Hitze. Wenn ich mir mit diesen kunstunsinnigen Bemerkungen keine Freunde gemacht haben werde, wird es mit dem nächsten Thema sicher noch schlimmer. Denn es besteht kein Zweifel daran, dass der Sprachphilosoph und KI-Forscher John Searle sexuell übergriffig war und deshalb den Titel Professor Emeritus verlor. Dennoch wird der nunmehr totgeschwiegene Searle an diesem Sonntag 90 Jahre alt. Monat für Monat erscheinen Artikel über sein chinesisches Zimmer, selbst in Telepolis gibt es Gedanken (aus der Sicht der Hirnforschung, nicht der KI) zu diesem komischem Zimmer, das in keiner Geschichte der künstlichen Intelligenz fehlen darf. Andersherum gesagt: John Searle hat mit seinen Überlegungen anno 1980 überzeugend dargelegt, dass sich Alexa und Siri niemals verstehen werden. Was von seiner Sprachphilosophie bleibt und heute bitter aktuell ist, ist die Sprachakttheorie von 1969, die zeitgleich mit der Debatte um die Schreibtischtäter aufkam, also mit der Annahme, dass das Weitergeben von Befehlen kein Handeln sei. Glauben, Religionen, Ideologien sind für Searle keineswegs Bauten aus Tatsachen, sondern aus Sprechakten. Prediger aller Art sind reine Sprechaktexistenzen. Verschwörungstheorien finden allenthalben Gehör, Gerüchte schaffen Tatsachen, überhaupt habe ich eine Meinung, die unbelehrbar ist, basta – auch ein Sprechakt! Wer möchte, kann John Searle vor seiner Verbannung aus Akademien zuhören.

Wenigstens in Las Vegas ist es nicht heiß. Die Stadt kämpft mit den Wassermassen, die in die Casinos drücken und das Zocken behindern. Hacker wird das natürlich nicht beeindrucken, wenn die Black Hat Conference ihr 25-jähriges Bestehen feiert. In der Keynote wird ein Blick auf die nächsten 25 Jahre geworfen. Aktuell sieht es laut Kurzbeschreibung nicht gut aus: die geopolitischen Dynamiken und die Realitäten des globalen Marktes haben fast all unsere Geschäftspläne und nationalen Strategien über den Haufen geworfen, heißt es da. Die Rettung bringt buchstäblich die Rolltreppe: Bleibt sie stehen, kann sie dennoch als Treppe genutzt werden. "Maybe over the next twenty-five years we can build a safer, more resilient technological future where systems and infrastructure behave more like escalators: when they break, they turn into stairs." Treppen-Resilienz, das ist doch schon einmal ein Fortschritt, jedenfalls gegenüber einem Flugtaxi, das mit der Batterie eines Gabelstaplers irgendwo in Spanien fliegt. Jede Wette, dass das Ding nicht schnell zum Stapler umgebaut werden kann. Es braucht seine Zeit, wie mit diesen Waffenlieferungen in die Ukraine. Wobei der ökonomische Zusammenbruch des Aggressors vielleicht einen Frieden bringen könnte, nicht aber eine rosige Perspektive: "Wenn die russische Wirtschaft kollabiert, ist die Frage geklärt, was ein Anreiz sein könnte, zum Frieden zurückzukehren. Sollte Putin nämlich nicht einlenken, wird Russland zu einem zweiten Nordkorea. Ein ganz armes Land, das nur noch Atomwaffen besitzt."

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