Doomsday Clock wird nachgestellt

Wie nah stehen wir vor dem "Day After", durch Atomwaffen, Klimawandel, Cyber-Kriege, andere Katastrophen? Am Donnerstag wird die symbolische Uhr neu gestellt.

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Doomsday Clock wird nachgestellt
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Andreas Stiller
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Am Donnerstag, dem 24. Januar um 10 Uhr EST (16:00 MEZ), wird die Leiterin des Bulletins of the Atomic Scientists, Rachel Bronson, den neuen Stand der Doomsday Clock – in Deutschland als Atomkriegsuhr bekannt – veröffentlichen. Diese Uhr gibt an, wie nah wir nach Meinung des Wissenschafts- und Sicherheitskomitees des Bulletins an einer nuklearen Katastrophe sind.

Die seit über 70 Jahren gepflegte Uhr steht derzeit auf dem bislang dramatischsten Wert von nur 2 Minuten vor Mitternacht, just so wie 1953 nach der Explosion der ersten sowjetischen Wasserstoffbombe. Die Frage ist jetzt, ob das Komitee die Lage nun als noch bedrohlicher einschätzt oder ob die zarten Annäherungsversuche zwischen US-Präsident Trump und dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un für eine leichte Entspannung sorgen konnten.

In Entspannungsphasen wurde die Atomkriegsuhr auch zurückgestellt, nach der Unterzeichnung der SALT-Verträge gar auf 17 Minuten vor 12. Das sieht jetzt alles viel bedrohlicher aus.

(Bild: Fastfission)

Andererseits haben die erst kürzlich wiederholten Ankündigungen Trumps zum geplanten Ausbau der weltraumgestützten Raketenabwehr die Situation wieder verschärft. So hat der Executive Chair des Bulletins, der 92jährige William Perry – früher Verteidigungsminister unter Clinton – Trumps Ankündigung als Stimulation für Russland eingestuft, noch größere und bessere Offensivwaffen zu entwickeln. Für die fast 300 Milliarden Dollar, die die USA seit 1983 allein in die Raketenabwehr gepumpt haben, hätte Trump ja gut 50 Mauern zu Mexiko bauen lassen können …

Auch William Perry twittert und problematisiert "Trumps administration's dangerous nuclear policy" und verlinkt unter anderem auf einen Bericht im Bulletin zum 35. Jahrestag eines der meistgesehenen Filme aller Zeiten : "The Day After" aus dem Jahre 1983.

Das Bulletin berücksichtigt inzwischen aber zusätzlich auch andere Risiken, insbesondere durch den Klimawandel [--] den es ja für Trump gar nicht gibt – sowie durch Disruptive Technologies, darunter auch Cyber-Angriffe. So wies das Bulletin vor kurzem darauf hin, inwieweit der aktuelle Government Shutdown das Risiko durch Cyber-Angriffe auf Nuklear- oder andere Anlagen erhöht, da auch die US-Cybersecurity vom Shutdown betroffen ist.

Aber nicht nur die US-Nuklearstrategie steht im Visier des Bulletins, auch die der anderen Atommächte Russland, China, Großbritannien, Frankreich, Indien, Pakistan, Nordkorea, Israel … Zuletzt erschien ein Bericht über die nuklearen Anstrengungen unseres Nachbarlandes Frankreich, das zwar die Zahl der etwa 300 Atomsprengköpfe seit längerem nicht erhöht hat, sie aber laufend verbessert. Immerhin rund 25 Milliarden Euro lassen sich das die Franzosen in den nächsten drei Jahren kosten; und auch Frankreichs schnellster Supercomputer, der Tera 1000-2, nutzt seine 23 PFlops Rechenleistung vorrangig zur Simulation von Nuklearexplosionen.