Fachkräfteeinwanderung und Beschäftigungsduldung: Zuzug wird geregelt
CDU, CSU und SPD einigen sich auf zwei Gesetzentwürfe, die qualifizierte Arbeitskräfte ins Land locken und Geduldeten Perspektiven eröffnen sollen.
Nach einer Reihe von Änderungen in letzter Minute hat sich die Bundesregierung auf ein Konzept für die Zuwanderung von Fachkräften geeinigt. Das Kabinett wird laut Bundesinnenministerium den Entwurf für ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz wie geplant an diesem Mittwoch verabschieden. Die SPD hatte im Frühsommer durchgesetzt, dass dieses Gesetz noch in diesem Jahr auf den Weg gebracht wird. Manche Unionspolitiker hoffen allerdings in einigen Punkten noch auf nachträgliche Veränderungen im parlamentarischen Verfahren – vor allem was Bleibeperspektiven für abgelehnte Asylbewerber mit festem Job angeht.
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Um eine Vermischung von Arbeitsmigration und Asyl zumindest formal zu verhindern, wird beides nun in zwei Gesetzen geregelt, die zeitgleich beschlossen werden sollen: Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz und das Beschäftigungsduldungsgesetz. "Wir begrüßen die Regeln für die Fachkräfteeinwanderung", sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Mathias Middelberg (CDU). Das Asylrecht dürfe aber nicht zu einem "Ersatzeinwanderungsrecht" werden.
Qualifizierung und "Spurwechsel"
Umstritten war bis zuletzt unter anderem, wie viel Zeit Fachkräfte erhalten sollen, um fehlende Qualifikationen nachzuholen. Die Union wollte außerdem unbedingt verhindern, dass die neue "Beschäftigungsduldung" für abgelehnte Asylbewerber zu einer Abkürzung auf dem Weg zu einer dauerhaften Niederlassung wird. Innenpolitiker von CDU und CSU hatten außerdem bis zuletzt darauf beharrt, dass Geduldete, die bewusst ihre Identität verschleiern, von dieser Art der Duldung ausgeschlossen werden müssten. "Personen, die uns im Asylverfahren zielgerichtet über ihre Identität getäuscht haben, sollten nicht in den Genuss eines Bleiberechtes kommen", sagte Middelberg.
Die Wirtschaft sehnt Erleichterungen beim Zuzug von Arbeitskräften herbei. Noch vor wenigen Tagen warnten die Spitzenverbände Innenminister Horst Seehofer (CSU), Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) in einem gemeinsamen Schreiben vor einer Verschärfung der geplanten Regeln.
Denn der deutschen Wirtschaft fehlen qualifizierte Arbeitskräfte, besonders im Mittelstand. Nach einer Untersuchung der Förderbank KfW wollen zwei Drittel aller mittelständischen Betriebe in den nächsten drei Jahren Fachkräfte neu einstellen. Davon befürchten 65 Prozent, dass die Stellen nur mit Abstrichen, verzögert oder überhaupt nicht besetzt werden können. Die KfW befürchtet einen flächendeckenden Fachkräftemangel, wenn ab etwa 2025 die Baby-Boomer in Rente gehen. Deutschland brauche in den kommenden Jahren viel mehr qualifizierte Zuwanderer als zuvor, argumentierte KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner.
Langsame Zuwanderung
Nach einer aktuellen Studie der Bertelsmann Stiftung steigt die Zahl der Fachkräfte, die aus Nicht-EU-Staaten nach Deutschland kommen – allerdings auf niedrigem Niveau. 2017 sind demnach fast 545.000 Menschen aus diesen Drittstaaten gekommen, darunter rund 118.000 Geflüchtete. Herkunftsländer waren vor allem Indien, Bosnien-Herzegowina, USA, Serbien und China. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung ging zuletzt von insgesamt 1,24 Millionen offenen Stellen aus, Fachkräfte eingeschlossen.
Bislang konnten nur Ausländer mit Hochschulabschluss ohne einen Arbeitsvertrag in der Tasche nach Deutschland kommen. Sie dürfen jetzt schon kommen, um sechs Monate lang auf Jobsuche zu gehen. Allerdings nur wenn sie einen deutschen oder einen vergleichbaren ausländischen Hochschulabschluss haben. Außerdem müssen sie nachweisen, dass sie für ihren Lebensunterhalt in diesem halben Jahr selbst aufkommen. Arbeiten dürfen sie in der Zeit nicht. Da der Fachkräftemangel aber auch nicht-akademische Berufe betrifft, wird dieser Kreis jetzt erweitert.
"Beschäftigungsduldung"
Knackpunkt war bis zuletzt der "Spurwechsel" für abgelehnte Asylbewerber aus dem Asyl- ins Aufenthaltsrecht. Seit die Koalition sich im Oktober auf Eckpunkte geeinigt hat, benutzte zwar keiner mehr diesen Begriff, das Dilemma aber blieb. Ein neuer Status, die so genannte Beschäftigungsduldung, soll unqualifizierten abgelehnten Asylbewerbern den Aufenthalt in Deutschland ermöglichen, wenn sie längere Zeit einer Beschäftigung nachgegangen sind.
Bei der Zuwanderung von Fachkräften sei die Anerkennung ihrer Abschlüsse das größte Problem, sagte der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Detlef Scheele. "In Wahrheit ist die Frage der Anerkennung das Hindernis", sagte Scheele der dpa. Die Frage sei im geplanten Fachkräfteeinwanderungsgesetz nicht abschließend geklärt.
Details des Gesetzentwurfs wollen die Koalitionäre am Mittwoch nach der Kabinettssitzung bekanntgeben. (jk)