18 neue Funde: Sterne werden doch häufiger von Schwarzen Löchern zerrissen

Alle 50.000 Jahre sollte pro Galaxie ein Stern von einem Schwarzen Loch zerrissen werden. Bisher wurden aber viel zu wenige gefunden – weil sie versteckt waren.

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Acht unterschiedliche aussehende Galaxien

Galaxien, in denen Sterne zerstört werden

(Bild: Courtesy of Megan Masterson, Erin Kara, et al)

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Mit einer ungewöhnlichen Methode hat eine Forschungsgruppe gleich 18 Sterne entdeckt, die von einem Schwarzen Loch zerrissen werden. Damit hat sich die Zahl der uns bekannten Tidal Disruption Events (etwa "Gezeiten-Sternzerrissereignis") auf einen Schlag mehr als verdoppelt, denn bislang waren lediglich etwa ein Dutzend entdeckt worden. Gefunden wurden die 18 bis dato unsichtbaren Ereignisse in einem ungewöhnlichen Spektrum, erklärt das Massachusetts Institute of Technology (MIT), und zwar im infraroten Band. Die jetzt vorgestellte Liste zeigt demnach, dass sich solche Sternenzerstörungen in den unterschiedlichsten Galaxien ereignen und wohl doch so häufig sind, wie es die Theorien vorhersagen. Auch mehrere Rätsel seien damit gelöst, ist das Team überzeugt.

Als Tidal Disruption Event (TDE) wird in der Astronomie die besonders nahe Begegnung eines Sterns mit einem Schwarzen Loch bezeichnet, durch die ein Teil des Sterns regelrecht herausgerissen wird. Bislang wurde das vergleichsweise selten beobachtet, offenbar wurde gewissermaßen falsch danach gesucht. Fündig wurde das Team um die Astronomin Megan Masterson vom MIT nun im infraroten Spektrum, während Spuren solcher Ereignisse bislang nur optisch oder im Röntgenspektrum entdeckt wurden. In vergleichsweise staubreichen Galaxien werden diese Signale aber verschluckt, wodurch sich der interstellare Staub und das Gas jedoch selbst erhitzten. Dabei entstehende infrarote Signale können dann durchaus als Spuren solcher Sternenzerstörungen benutzt werden, zeigt das Team jetzt.

Durchsucht hat das Team die Daten des Infrarot-Weltraumteleskops WISE der NASA nach vorübergehend aufleuchtenden Infrarotquellen. Die seien dann mit Datenbanken zu Galaxien abgeglichen worden, um alle auszusortieren, die mehr als 600 Millionen Lichtjahre entfernt ihren Ursprung haben müssen. Aus den verbleibenden habe man dann weiterhin jene aussortiert, die mit bekannten Objekten oder Ereignissen zusammenhängen, also etwa aktiven Galaxienkernen oder Supernovae. Beim Rest habe man nach dem typischen Signalverlauf gesucht, der auf ein TDE hinweist. Auf diesem Weg habe man 18 "klare" Signale solcher Sternenzerstörungen gefunden. Die ereignen sich demnach in allen Galaxientypen und nicht nur in einer, wie es bisherige Beobachtungen nahegelegt haben.

Dass Tidal Disruption Events bisher nur in einem bestimmten Galaxientyp entdeckt wurden, war für die Astronomie ein Rätsel. Masterson und ihr Team sagen jetzt, dass die typischen Signale anderswo einfach vom interstellaren Staub verschluckt werden. Anhand der neuen Funde hat das Team nun ermittelt, dass sich solch eine Sternzerstörung pro Galaxie etwa einmal alle 50.000 Jahre ereignen muss. Das passe viel besser zu den Theorien und mache eine ganze Reihe von ziemlich exotischen Erklärungsversuchen für fehlende Nachweise überflüssig. Außerdem hatte es bislang den Anschein, als ob ein Teil der bei solch einem Ereignis freigesetzten Energie verschwindet. Auch das könne durch die jetzt nachgewiesene Absorption erklärt werden. Vorgestellt werden die Funde im Fachmagazin The Astrophysical Journal.

(mho)