20 Jahre Firefox: Happy Birthday, kleiner Panda!
Firefox steht für das Web der offenen Standards: Gut, dass es den Browser gibt. Allerdings rutscht er in die Bedeutungslosigkeit.
Am 9. November 2004 hat die Mozilla Foundation die Version 1.0 seines Browsers Firefox veröffentlicht. Eigentlich hätte er Phoenix heißen sollen: Wie ein Phönix aus der Asche seines Urahnen Netscape Navigator sollte ein neuer, schlanker und schneller Browser hervorgehen und den Kampf um die Browser-Vorherrschaft – wieder – aufnehmen.
Netscape Navigator war in der Mitte der 90er Jahre der meistgenutzte Browser. Nachdem Microsoft die strategische Bedeutung von Browsern erkannt hatte, startete es den sogenannten Browser-Krieg, um seinen Internet Explorer in den Markt zu drücken. Diese Zeit war geprägt von proprietären Erweiterungen der Browser, etwa ActiveX-Controls und Netscape-Plugins, die Websites für den einen oder anderen Browser weniger gut funktionieren ließen – ein Fluch gleichermaßen für Entwickler wie Anwender. Microsoft gewann den Wettstreit letztlich, Internet Explorer hatte Marktanteile von mehr als 80 Prozent.
Netscape legte 1998 den Quellcode seines Browsers und der dazu gehörenden Programme, der Netscape-Communicator-Suite, offen. Die Entwicklung eines Nachfolgers ließ Netscape durch die dafür neu gegründete Mozilla-Stiftung steuern. Mozilla 1.0 erschien im Juni 2002. Aber diese Mozilla Application Suite, wie ihr vollständiger Name lautete, war wie der Netscape Communicator ein Programmpaket. Außer dem Browser enthielt es auch einen Mail-Client, einen HTML-Editor und weitere Programme.
Im Zuge der Neuentwicklung war nicht jeder Mozilla-Entwickler damit einverstanden, ein derart komplexes, träges und wartungsaufwändiges Paket zu unterhalten. Einige Entwickler strebten die Veröffentlichung einzelner, voneinander unabhängiger Komponenten an, die ressourcenschonender und flotter agierten.
Alles neu im Jahr 2002
So entstand ab 2002 unter dem Projektnamen "Phoenix" ein eigenständiger Browser. Phoenix 0.1 erschien am 23. September 2002. Der flinke, schlanke Browser wurde unter Betatestern schnell beliebt. Seinen Namen durfte er aber nicht behalten. Der BIOS-Hersteller Phoenix legte auf Basis des Markenrechts Einspruch ein. Auch der zweite Name, den man dem Baby gab – Firebird – wurde kassiert, weil ein gleichnamiges Datenbank-Projekt existierte, dessen Mitglieder massenhaft protestierten.
So wurde es als Firefox, der rote Panda. Mozilla hat die Entwicklung der Application Suite, aus der Firefox hervorgegangen ist, im Jahr 2006 eingestellt. Sie lebt im Seamonkey-Projekt weiter, das bis heute von einer Entwicklergemeinschaft gepflegt wird.
Man kann die Geschichte von Firefox nicht erzählen, ohne die Bedeutung von Mozilla hervorzuheben. Die Stiftung hat sich 2001 mit dem Mozilla 1.0 Manifest den Kampf für ein offenes Internet auf die Fahnen geschrieben: Es hält als wesentliches Ziel fest, dass der Browser Standards besser einhalten soll als jeder andere Wettbewerber. In einem 2007 veröffentlichten Update verpflichtet sich die Stiftung, das Internet generell als offene Plattform zu erhalten und zu einem noch besseren Ort zu machen.
Diese Haltung und die damalige Vormachtstellung des Quasimonopolisten Microsoft mit dem proprietären Internet Explorer erklären, warum Mozilla den Start seines Browsers so aufwendig inszeniert hat: Auf mehreren Kampagnen-Websites wurden Spenden gesammelt. Damit wurde Geld für ganzseitige Anzeigen in mehreren Tageszeitungen gesammelt, darunter die New York Times und die FAZ, in der auch nicht netzaffine Menschen über den neuen Browser informiert wurden.
Firefox war lange Jahre ein großer Erfolg, der dem Internet Explorer tatsächlich beständig Marktanteile weggeknabbert hat. Bei seinem zehnjährigen Geburtstag lag Firefox in den Nutzungsstatistiken vor allen anderen Browsern. Der Internet Explorer ist bis heute immer noch aus Kompatibilitätsgründen als eine Art Zombie in den Untiefen von Windows versteckt. Der Browser ist aber längst irrelevant. Microsoft hat seine Unterstützung abgekündigt und setzt auf seinen neuen Browser Edge.
In den 2010er Jahren entstand aufgrund des großen Erfolgs von Firefox die Idee, auf Basis des Browsers ein eigenes Betriebssystem zu schaffen, Firefox OS. Das 2013 mit viel TamTam vorgestellte System konnte sich aber nie gegen iOS und Android durchsetzen, sodass Mozilla es 2017 wieder begrub.
2017 war der Stern von Firefox bereits im Sinken begriffen, oder wie es Andreas Gal, ehemaliger Technikchef von Mozilla, ausdrückte: "Chrome hat den Browser-Krieg gewonnen". Google hatte 2008 begonnen, einen eigenen Browser zu entwickeln. Im Laufe der Zeit hat Chrome dann Firefox als den am weitesten verbreiteten Browser abgelöst. Die Chrome zugrundeliegende Technik des Projekts Chromium verrichtet zudem in vielen weiteren Browsern ihre Arbeit, etwa Microsoft Edge, Vivaldi oder Brave.
Nur noch eine Nebenrolle
Mit einem zwanzigsten Geburtstag hat Firefox die maximale Lebenserwartung seines Namensgebers übertroffen. Und es ist auch nicht so, dass man den Mozilla-Browser bereits wie den kleinen Panda aus Fleisch und Blut auf die Liste der bedrohten Arten nehmen muss. Aber der riesige Erfolg aus der Vergangenheit ist längst passé, sein Marktanteil schrumpft.
International hat der Browser nur noch einen Marktanteil von unter drei Prozent, hierzulande kommt er immerhin noch auf gut zehn Prozent. Der einzige Browser, der mit einem Marktanteil von rund 20 Prozent Chromium und seinen Derivaten ein wenig Paroli bieten kann, ist Apples Safari (alle Zahlen von Statcounter).
Dabei braucht ein gesundes Browser-Ökosystem Vielfalt, damit nicht eines Tages ein Unternehmen allen Menschen vorschreiben kann, wie sie im Internet unterwegs zu sein haben. Das hatten wir schon einmal, und es ist nicht gut gelaufen. In diesem Sinne: Happy Birthday, Firefox, mögest Du noch viele Geburtstage erleben!
(jo)