20 Jahre World of Warcraft: RĂĽckblick eines Azeroth-Bewohners
WoW feiert seinen 20. Geburtstag. Fast so lange, 18 Jahre, ist unser Autor dabei. Was fesselt ihn so lange an diesem Spiel?

Blizzard-Artwork zur ersten Version von "World of Warcraft" von 2004.
(Bild: Blizzard Entertainment)
WoW wird 20 Jahre alt. Es gibt kein anderes Spiel, mit dem ich auch nur annähernd so viel Zeit verbracht habe. Weit über 10.000 Stunden. Dabei bin ich bei meinem Start 2007 nicht einmal ein Pionier. Denn bis dahin machte ich mir nicht einmal etwas aus Rollenspielen. Freude hatte ich in den neunziger Jahren am "Diablo"-Klon "Darkstone"; später spielte ich rund 40 Stunden "Ragnarok Online". Aber das ist 2007 schon meine ganze Bilanz. So reizen mich weder die abendlichen Kneipen-Gespräche meiner Freunde, wie man als Ingenieur ein mechanisches Eichhörnchen baut, noch ihre Vorführungen des Spiels.
Der Auslöser für mich kommt mit der ersten Erweiterung zwei Jahre später, im Februar 2007: Ich sehe im MediaMarkt ein Paar um das letzte Exemplar der dicken Collector's Edition von "The Burning Crusade" tänzeln. Mit Artwork-Buch, Soundtrack-CD und Mauspad. Sie lassen es liegen – und mein Jagdinstinkt ist geweckt.
Ich nehme es kurzerhand mit und spiele es im Freimonat an. Mit einem Nachtelf-Krieger. Nachtelf wohl unter dem Einfluss von "Der Herr der Ringe". Und Krieger, weil ich denke: Das ist etwas Einfaches, Du schlägst schlicht mit dem Schwert zu. Ich nenne ihn Scartaris, nach einer Bergspitze im Buch "Reise zum Mittelpunkt der Erde". Ich löse Quests in einem kleinen Tal. Das ist unterhaltsam. Aber am Haken bin erst, als ich langsam einen Eindruck erhalte, wie groß Azeroth ist. Beim Mondfest gelange ich per Teleport in die herrliche Hauptstadt Sturmwind (und muss dann erst mal herausfinden, wie man regulär von Teldrassil aus dorthin reist – nicht so leicht). An der Anlegestelle bringt mich ein Schiff nach Dunkelküste und von dort ein weiteres zur Azurmythosinsel. Alles Gebiete, in denen ich leveln kann.
Jeder ist anfangs Fußgänger
Ich liebe es, die vielen Gebiete zu erforschen. Zunächst zu Fuß: Damals kann man erst mit Level 40 reiten. Mal Wald, mal Wüste, mal Schnee. Mal Flachland, mal Berge. Mal trocken, mal feucht. Ich schaue mir Landkarten an, um zu sehen, welche Orte ich gefahrlos durch Schwimmen an der Küste entlang erreichen kann. Das hat auch praktische Gründe: Nur Orte, die man zunächst per Fuß besucht, kann man später bequem mit dem Greifen-Taxi anfliegen.
Abenteuer in World of Warcraft aus dem Jahr 2007 (78 Bilder)

René Meyer
)Auch wenn ich nicht auf einem PVP-Server (Player versus Player) spiele, auf dem ich in der offenen Welt von Horde-Spielern angegriffen werden kann, ist die Gegner-Fraktion immer präsent. Nähert man sich einer Horde-Stadt, wird man von den Wachen angegriffen. Vorsichtig schlüpfe ich durch eine Holzmauer, die Eschental von Brachland trennt: zum ersten Mal auf Horde-Gebiet. Ich komme mir tapfer vor.
Gilden fordern Bewerbungsgespräche
Dennoch macht es mir eigentlich am meisten Spaß, mit anderen zu spielen. Man bildet Gruppen, um stärkere Gegner zu besiegen, fügt Partner zur Freundesliste und verabredet sich immer wieder.
Meine erste Herausforderung ist es, in eine Gilde aufgenommen zu werden. Heute genügt es wohl, wenn man dem Gildenleister "inv" zuflüstert, invite, lade mich ein. Damals ist ein regelrechtes Bewerbungsgespräch vonnöten. Ich kaufe mir ein Headset, installiere TeamSpeak und lasse aufgeregt die Fragen über mich ergehen. Mit Erfolg: Ich werde Mitglied von "Skydragon". Level-70-Offizier Doro "zieht" mich durch meinen ersten 5-Mann-Dungeon, hier Instanz genannt. Viele weitere mit der Gilde werden folgen.
Ich halte nichts davon, jederzeit im Sprachchat zu sein; doch alle paar Wochen gibt es ein Gildentreffen; meistens in Darnassus. Die Charaktere finden sich an einem bestimmten Ort ein, es werden ein Sonnenschirm aufgespannt und ein Picknick-Korb gereicht. Man schreibt im Gildenchat und ist im TeamSpeak. Kommunikation auf drei Ebenen.
Mit einer Spielerin verstehe ich mich besonders gut. Da sie viel häufiger online ist als ich, und wir nicht über eine längere Zeit vernünftig gemeinsam questen können, weil sie immer mehrere Level voraus ist, erstellen wir zwei neue Charaktere, diesmal Horde, diesmal PVP-Server, in meinem Fall eine bildhübsche Blutelfen-Hexenmeisterin namens Sibella. Wir vereinbaren, beide Charaktere nur gemeinsam zu spielen. Das macht viel Spaß – bis sie Weihnachten 2007 plötzlich verschwindet und nie wieder auftaucht. So eng und persönlich Beziehungen zu Online-Spielern werden können, so unverbindlich sind sie auch. Manche spielen Jahre, viele nur Wochen oder Monate. Sibella fasse ich nie wieder an.