40.000 US-Dollar Strafe in Filesharing-Verfahren

Wegen der Manipulation von Beweismaterial erklärte der vorsitzende Richter den Beklagten in einem Filesharing-Verfahren auf Antrag der Musikindustrie kurz vor Eröffnung der Hauptverhandlung für schuldig.

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Die US-Musikindustrie hat in einem von tausenden Verfahren gegen mutmaßliche Filesharer einen weiteren Sieg errungen. Ein Richter des Bundesgerichts Arizona sprach dem klagenden Label im schriftlichen Verfahren gegen Jeffrey Howell mit Urteil vom Freitag Schadensersatz in Höhe von 40.500 US-Dollar (27.700 Euro) für die unberechtigte Verbreitung von geschützten Musikstücken zu. Zusätzlich muss Howell, der sich selbst verteidigte, 350 US-Dollar Gerichtskosten tragen. Das Verfahren gegen Howells inzwischen geschiedene Frau wurde eingestellt.

Damit ist das Verfahren kurz vor Eröffnung der Hauptverhandlung beendet worden. Das vorzeitige Ende hatte sich bereits in der vergangenen Woche angekündigt, nachdem Richter Neil Wake in einer Anhörung am vergangenem Montag dem Antrag der Kläger auf Bestrafung des Beklagten stattgegeben und ein Urteil angekündigt hatte. US-Verfahrensregeln geben dem Richter das Recht, eine Partei in Fällen von Beweismanipulation oder anderen verfahrensrelevanten Zuwiderhandlungen zu sanktionieren oder ein Urteil ohne Verhandlung zu fällen. Die Anwälte des US-Verbandes der Musikindustrie (RIAA) hatten ein Urteil gegen den Beklagten gefordert, weil er Beweismaterial manipuliert und vernichtet habe.

Dem folgt Richter Wake in seiner Begründung. Howell habe "dreist" und in voller Absicht wichtiges Beweismaterial zerstört und dem Verfahren damit jegliche Grundlage entzogen. Der Beklagte, so heißt es in der sieben Seiten langen Begründung (PDF-Datei), habe unter anderem seine Festplatte formatiert und mit einem Programm zur endgültigen Datenlöschung behandelt sowie das Betriebssystem neu aufgespielt, obwohl die Klage bereits zugestellt und ihm im die Vorwürfe bekannt gewesen seien.

Das Verfahren gegen Howell hatte im April für Aufsehen gesorgt, als Richter Wake in einer Entscheidung gegen die Kläger deren Standard-Argumentation in Frage gestellt hatte, dass die Bereithaltung von Musik im "Shared"-Ordner eine Kazaa-Programms alleine schon eine Urheberrechtsverletzung darstelle. Mit seiner Abweisung des Antrags auf ein Urteil im schriftlichen Verfahren hatte Wake die Zeichen auf eine Verhandlung gestellt, die nun nicht mehr stattfinden wird.

Howell muss die Strafe zum höchstrichterlich festgesetzten Zinssatz von 2,12 Prozent abstottern. Angesichts der Tatsache, dass der Beklagte kein Geld für einen Anwalt hatte, scheint es fraglich, dass die RIAA viel von der Strafe haben wird. Hätte Howell einen fachkundigen Rechtsbeistand gehabt, wäre das nicht passiert, meint die Electronic Frontier Foundation (EFF), die als interessierte Partei an dem Verfahren beteiligt war. Wertvoller ist für die Musikindustrie das Urteil an sich. In dem bisher einzigen verhandelten Filesharing-Fall, der mit einem Schuldspruch und eine Strafe von 222.000 US-Dollar endete, stehen die Zeichen nach einem vom Richter eingeräumten Verfahrensfehler deutlich auf Wiederaufnahme.

Mit der Gesamthöhe des Schadensersatzes bleibt der Richter bei seinem ersten Urteil vom August 2007, das er nach Einspruch des Beklagten zunächst widerrufen hatte. Für jeden der von den Klägern ursprünglich eingeforderten 54 Songs in Howells Kazaa-Ordner hatte Wake die gesetzliche Mindestsumme von 750 US-Dollar angesetzt. Im Laufe des Verfahren hatte sich die Zahl der möglicherweise justiziablen Songs jedoch auf zwölf verringert, weil die Ermittler der RIAA nur für diese einen Download nachweisen konnten. Ob das grundsätzlich ausreicht, um eine Urheberrechtsverletzung gerichtsfest zu belegen, wird in diesem Verfahren nun nicht mehr entschieden. (vbr)