50 Jahre PAL-Farbfernsehen – eine Grabrede zum Geburtstag

Seite 2: Aufregung bei Aktivierung des ersten Farbsignals

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Letztlich setzten sich Bruch und sein – anfangs gar nicht begeisterter – Arbeitgeber Telefunken aber durch: Auf der Internationalen Funkausstellung 1967 drückte der damalige Regierende Bürgermeister von West-Berlin Außenminister und Vizekanzler Willy Brandt einen symbolischen Schalter zum Start des Farbfernsehens in Westdeutschland. Die Wenigen, die einen der damals zwischen 2350 und 2700 D-Mark teuren Empfänger besaßen, konnten sehen, dass der Techniker, der tatsächlich das Farbsignal aktivierte, vor lauter Aufregung schon vor Willy Brandt auf Bunt schaltete. Live von der IFA startete das ZDF mit dem "Goldenen Schuß" ins Color- Zeitalter.

Die Diskussion übers richtige Farb-TV-System war damit aber keineswegs beendet. Denn etwa gleichzeitig mit Bruch hatte Henri de France in Frankreich an Secam (Séquentiel couleur à mémoire) gearbeitet. Mit Rückenwind durch die französische Regierung wollte man es überall dort durchsetzen, wo es noch kein NTSC gab – also praktisch überall außer Nordamerika und Japan.

Die Farbschwankungen des amplitudenmodulierten NTSC-Farbträgers sollte der Wechsel auf Frequenzmodulation vermeiden. Die benötigt aber fürs selbe Nutzsignal mehr Bandbreite, die im Spektrum des TV-Signals rar ist. Der FM-Träger begrenzt zudem die Detailtreue und Schärfe des Schwarzweißsignals. Und: Damals wurde in TV-Studios mit dem kompletten ("Composite"-) Farbsignal gearbeitet. Secam lässt sich aber nicht mischen. Auch in Ländern, die sich letztlich für Secam entschieden, war intern PAL Standard. Der den damaligen Ostblock dominierenden UdSSR verkauften die Franzosen Secam mit dem Versprechen, eine Fabrik für neuartige Farbbildröhren mit Streifenmaske zu errichten. Die ging nie in Betrieb. Jahre später brachte Sony das Prinzip unter dem Namen Trinitron zur Serienreife. Trotz der Röhren-Pleite sendete die ehemalige DDR auf Druck des Großen Bruders ab 1969 in Secam.

Letztlich war Bruch, der immer nur mit Technikern und ohne Regierungsabordnungen reiste, mit seinem System erfolgreich. Ein Großteil der Welt setzte von Anfang an auf PAL. Mit dem Fall der Mauer schwenkten auch viele Ostblockstaaten auf sein System. Den tatsächlichen Umstieg erlebte er nicht mehr – er starb am 5. Mai 1990 in Hannover.

Zur Zeit, als es entwickelt und in den Markt eingeführt wurde, war PAL definitiv das beste System – wenn auch nicht frei von Schwächen. Durch die Mittelung über zwei Zeilen sinkt die vertikale Farbauflösung gegenüber NTSC um die Hälfte.

1989 sollten die deutschen TV-Sats und die französischen TDF-Satelliten mit ihrer analogen Komponentenübertragung (MAC, Multiplexed Analogue Components) das Ende von PAL und Secam einläuten. Aber das Sonnensegel des ersten TV-Sat entfaltete sich nicht, die MAC-Empfänger wurden mit Verspätung fertig und kosteten mehr als erwartet. 1988 starte zudem SES seine Astra-Satellitenflotte – mit PAL. Da die MAC-Technik einmal mehr mit dem Staat in den Markt gedrückt werden sollte, entstand als Gegenbewegung PALplus – maßgeblich bei Grundig unter Federführung von Prof. Dr. Michael Silverberg sowie beim Münchner Institut für Rundfunktechnik (IRT).

PALplus erlaubt kompatible Übertragung anamorpher 16:9-Bilder und Komponentenqualität. Nebenbei sahen auch Signale im damals noch vorherrschenden 4:3-Format nie besser aus als mit PAL-plus-Encoder auf der Senderseite.

Dennoch: 1996 startete DF 1, Deutschlands erstes digitales Fernsehen. Anfangs war die Qualität unter der eines guten PAL-Bildes, die digitalen Set-Top-Boxen mit 1000 D-Mark exorbitant teuer. Aber: Datenreduktionsverfahren wurden immer besser, die Hardware billiger.

Schon 2001 war wurde das Ende für PAL über terrestrische Sendemasten eingeleitet, 2012 endete die PAL-Satellitenübertragung. Der Kabelbetreiber Unity Media zog der analogen PAL-Übertragung in diesem Juli den Stecker, die letzten deutschen Kabelbetreiber stellen den Dienst im nächsten Jahr ein. Im Vergleich zu Digital-TV frisst PAL zu viel Bandbreite, schon bei der konventionellen TV-Auflösung ("SD", Standard Definition) zeigen sich mit Farbflimmern in Karomustern die Schwächen der PAL-Übertragung. An HDTV mit PAL ist nicht zu denken – fürs Zeitalter riesiger Flach-TVs war das System nie gemacht. (nij)