Cebit

AMDs zweite Phenom-Generation tritt gegen Intels Quad-Cores an (Update)

Neue Phenom-II-X4-Prozessoren aus der Dresdner 45-Nanometer-Fertigung von AMD liefern deutlich mehr Performance als ihre 65-nm-Vorgänger.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 195 Kommentare lesen
Lesezeit: 7 Min.

AMD Phenom II X4 940 Black Edition

Mit den beiden Quad-Core-Prozessoren Phenom II X4 940 Black Edition (3,0 GHz Taktfrequenz) und Phenom II X4 920 (2,8 GHz) tritt AMD jetzt gegen Intels Core-2-Quad-Baureihe an. Die beiden Neulinge haben dank 45-Nanometer-Fertigung einen im Vergleich zu ihren 65-nm-Vorgängern von 2 auf 6 MByte vergrößerten L3-Cache und erreichen höhere Taktfrequenzen. Trotz nominell gleicher Thermal Design Power (TDP) von 125 Watt arbeiten sie unter Volllast sparsamer als der bisher schnellste Phenom X4 9950 Black Edition mit 2,6 GHz Taktfrequenz.

Während sich der Phenom X4 9950 von der Rechenleistung her bereits einem Intel Core 2 Quad Q9300 geschlagen geben musste und deshalb nur Straßenpreise um 150 Euro erzielt, die auf dem Niveau von Intels Core 2 Quad Q8200 liegen, rückt der Phenom II X4 940 nun dicht an den rund 300 Euro teuren Core 2 Quad Q9550 heran. In manchen Benchmarks wie dem Cinebench R10, die alle vier Kerne von Vierkern-Prozessoren voll auslasten, übertrumpft der Phenom II X4 940 den Core 2 Quad Q9550 sogar leicht. Messungen mit der Benchmark-Suite SPEC CPU2006 und SSE3-Code der Intel-Compiler in Version 11.0 zeigen den AMD-Neuling beim Gleitkomma-Durchsatz in Führung, beim Ganzzahl-Durchsatz liegt weiterhin Intel vorne. Im Windows-Benchmark BAPCo SYSmark 2007, der mit einem Mix aus etwas älteren Office-, Internet-, Grafik- und Videoprogrammen arbeitet, können die AMD-Vierkerne nicht so gut mit den Intel-Quads mithalten.

Genau wie beim Opteron-Kern Shanghai konnte AMD die Volllast-Leistungsaufnahme des 45-nm-Deneb-Kerns für den Phenom II im Vergleich zum 65-nm-Vorgänger (Agena) erheblich senken. Die Effizienz vergleichbar leistungsfähiger Intel-Quads erreicht AMD indes nicht – ein Testsystem mit Phenom II X4 940 nahm netzseitig (inklusive Mainboard, Festplatte, RAM und Grafikkarte) unter Volllast rund 50 Watt mehr auf als ein sehr ähnlich bestückter Rechner mit Core 2 Quad Q9550, im Leerlauf (On/Idle) mit aktivierten Cool'n'Quiet- (CnQ-) beziehungsweise EIST-Stromsparmodi war das Intel-System um 25 Watt sparsamer. Je nach Ausstattung des Systems variieren diese Werte.

(Update:) Die hier genannten Leistungsaufnahmedifferenzen wurden mit den Asus-Mainboards M3A79-T Deluxe (Phenom) und P5E3 Premium/WiFi-AP gemessen; es hat sich aber gezeigt, dass das M3A79-T Deluxe mit dem jüngsten BIOS 0602 den Phenom II X4 940 offenbar nicht korrekt mit Kernspannung versorgt – obwohl er in der CPU-Kompatibilitätsliste steht. Im CnQ-Sparmodus liegt die Spannung aber deutlich zu hoch, weshalb das System mit Phenom II X4 940 und einer AMD Radeon HD 4550 96 Watt im Leerlauf zieht.

Mit einem Asus M3N72-D oder dem MSI DKA790GX Platinum arbeitet der Testaufbau im Leerlauf deutlich sparsamer, nämlich mit dem M3N72-D (mit Onboard-Grafik) und einem 80-Plus-Netzteil mit lediglich 58 Watt und mit dem DKA790GX Platinum mit Radeon HD 4550 und demselben Netzteil wie bei den anderen Tests mit 75 Watt. Damit braucht das Phenom-II-Testsystem lediglich 4 bis 6 Watt mehr als eines mit Core 2 Quad Q9550 oder Q8200. Unter CPU-Volllast liegt die Leistungsaufnahme der Systeme mit Phenom II X4 und den drei erwähnten AM2+-Boards jeweils eng beieinander, also deutlich höher als bei einem vergleichbaren System mit Core 2 Quad Q9550.

Der Fehler mit der Cool'n'Quiet-Funktion des zum Test verwendeten Asus-Boards ist indes kein Einzelfall – ähnliche Probleme sind auch beim Test des Dual-Cores Athlon X2 7750 aufgetreten und kommen immer wieder auch nach der Einführung neuer CPU-Steppings seitens AMD vor. Hier müssen die Boardhersteller beim BIOS-Code sorgfältiger arbeiten.

Für den Phenom II X4 940 Black Edition nennt AMD einen Listenpreis von 275 US-Dollar, also 9 Dollar mehr als Intel laut Preisliste für den Core 2 Quad Q9400 verlangt; dessen Straßenpreis liegt bei 240 Euro. Den Phenom II X4 920 siedelt AMD mit 234 US-Dollar preislich 10 Dollar oberhalb des neuen Core 2 Quad Q8300 an. Erste Angebote von Phenom II X4 940 und 920 auf Preisvergleichs-Webseiten deuten auf Preise von 260 beziehungsweise 240 Euro hin; erfahrungsgemäß erscheinen aber kurz nach der offiziellen Produkteinführung von Prozessoren, die in diesem Fall anlässlich der CES erfolgt, deutlich billigere Offerten.

Mit diesen CPU-Preisen zielt AMD auf gut ausgestattete Desktop-Rechner für Privatkäufer im Preisbereich um 700 Euro, also ähnliche Konfigurationen wie den letzten Aldi-PC. Viele Elektro-Fachmärkte und andere Händler verkaufen solche Rechner, die zurzeit sehr oft mit Intels billigsten Quad-Cores bestückt sind, eben dem Core 2 Quad Q8200 oder auch noch dem älteren 65-nm-Prozessor Core 2 Quad Q6600. Zu diesen Intel-Prozessoren liefert AMD nun schnellere Alternativen. Je nach verbauter Grafikkarte fällt dabei der höhere Leistungsbedarf der AMD-Quads nicht so stark ins Gewicht. Im Verbund mit Mainboards, auf denen bestimmte AMD-Chipsätze der Serie 700 sitzen, verspricht AMD mit dem Tool Overdrive einfaches Übertakten, warnt aber gleichzeitig vor Schäden beim Betrieb der Hardware jenseits ihrer Spezifikationen.

Die beiden ersten Phenom-II-Versionen stecken noch in Gehäusen für Mainboards mit der CPU-Fassung AM2+ und DDR2-SDRAM-DIMM-Slots. Schon bald sollen auch AM2+-kompatible AM3-Prozessoren erscheinen, die auf passenden Mainboards schnelleren (aber auch teureren) DDR3-Hauptspeicher anbinden. AM3-Mainboards werden ungefähr ab der CeBIT 2009 erwartet. In der zweiten Jahreshälfte dürften neue AMD-Chipsätze der Serie 800 erscheinen.

Die 45-nm-Technik bleibt nicht den Phenom-Quads vorbehalten. Nach Spekulationen sollen auch Triple-Cores sowie Quad-Cores mit kleinerem L3-Cache sowie später auch welche ganz ohne L3-Cache erscheinen. Letztere dürfte AMD unter dem Namen Athlon verkaufen (Athlon X4, X3, X2). Außer den Quad-Cores mit 125 Watt TDP sind auch langsamere Versionen mit 95 und 65 Watt geplant. Laut der aktuellen Roadmap will AMD die 45-nm-Phenoms weitgehend unverändert bis Ende 2010 fertigen; mit Übertaktungs-Vorführungen – ausgewählte Journalisten durften in den USA einen mit flüssigem Stickstoff gekühlten Phenom II X4 940 Black Edition bei fast 6 GHz Taktfrequenz bewundern – deutet AMD an, dass der Deneb-Kern noch deutlich höhere Taktfrequenzen erreichen kann.

Weitere Details zum Phenom II stehen in der kommenden c't-Ausgabe 3/09, die am Montag, 19. Januar erscheint. (ciw)