Abgas-Vergleich kostet VW in den USA bis zu 14,7 Milliarden Dollar

Vor einem Dreivierteljahr flog der Abgas-Skandal bei Volkswagen auf. Nach monatelangen Verhandlungen steht nun ein Entschädigungs-Paket für US-Kunden.

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VW, Passat, Clean Diesel
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  • dpa
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Volkswagen muss wegen des Abgas-Skandals in den USA voraussichtlich bis zu 14,7 Milliarden Dollar (13,3 Milliarden Euro) zahlen. Ein entsprechendes Paket sieht Rückkäufe, Entschädigungen und Strafen vor. Das geht aus einem Dokument hervor, das US-Kläger am Dienstag beim Gericht in San Francisco einreichten.

Die Wolfsburger verpflichten sich, die rund 480 000 von der Affäre betroffenen Dieselwagen in den USA zurückzukaufen oder umzurüsten. In dem Gesamtbetrag soll auch eine Zahlung von 2,7 Milliarden Dollar an einen Fonds enthalten sein, mit dem Umweltprojekte gefördert werden sollen. Außerdem soll VW 2 Milliarden Dollar in Infrastruktur zur Reduzierung von Emissionen investieren.

Der Vergleich ist noch nicht rechtskräftig. Zunächst muss US-Richter Charles Breyer dem Entwurf zustimmen. Bei ihm sind Klagen in den USA gebündelt. Bis zum Dienstag mussten der Konzern und die Gegenseite dort einen Vorschlag vorlegen.

Breyers endgültige Entscheidung wird für Ende Juli erwartet. Danach haben Kläger die Möglichkeit, das Vergleichsangebot anzunehmen. Außerdem woillen sich am heutigen Dienstag in Washington Vertreter des US-Justizministeriums und der Umweltbehörde EPA zur Einigung äußern.

Chronologie des Abgas-Skandals (78 Bilder)

Mitte September 2015:  Die US-Umweltschutzbehörde EPA beschuldigt den Volkswagen-Konzern, Diesel-PKWs der Baujahre 2009 bis 2015 mit einer Software ausgestattet zu haben, die die Prüfungen auf US-amerikanische Umweltbestimmungen austrickst. Zu ähnlichen Untersuchungsergebnissen ist auch das California Air Resources Board (CARB) gekommen. Beide Behörden schicken Beschwerden an VW. (Im Bild: Zentrale der EPA in Washington D.C.)
(Bild: EPA
)

Der VW-Konzern hatte nach Vorwürfen des US-Umweltamtes EPA zugegeben, in großem Stil bei Abgastests getrickst zu haben. Insgesamt hat VW bislang gut 16 Milliarden Euro (aktuell 17,6 Mrd US-Dollar) für die Folgekosten der Manipulationen zurückgelegt. Dabei geht es aber nicht nur um die Probleme in Amerika - weltweit sind elf Millionen Wagen betroffen. Im April hatte VW bereits eine Grundsatzeinigung mit Klägern in den USA erzielt, nun folgte die genaue Ausgestaltung.

Verbraucherschützer fordern Schadenersatz wie in den USA auch für europäische Kunden. Eine solche Lösung für Europa hatte VW aber unter Verweis auf die unterschiedliche Gesetzgebung wiederholt abgelehnt.

Für Volkswagen ist der Abgas-Skandal noch lange nicht ausgestanden. Es drohen Milliardenklagen von Anlegern wegen angeblicher Marktmanipulationen. Außerdem sind die Rückrufe der betroffenen Wagen noch nicht abgeschlossen.

Die Abgas-Affäre hatte VW in eine schwere Krise gestürzt und im vergangenen Jahr für den größten Verlust der Konzerngeschichte gesorgt. Volkswagen hat auch als Reaktion auf die Krise inzwischen eine neue Strategie vorgelegt. In der neuen "Strategie 2025" hatte VW-Chef Matthias Müller angekündigt, die Elektromobilität massiv auszubauen. Darüber hinaus will er Milliarden für neue Mobilitätsdienstleistungen wie Carsharing investieren.

Derweil sind deutsche, vom VW-Skandal betroffene Autokäufer wohl schlechter dran. Trotz Abgas-Schummelsoftware wird ein Audi-Käufer seinen Wagen wohl nicht zurückgeben können. Das Düsseldorfer Landgericht beschied dem Kläger am Dienstag wenig Aussichten auf Erfolg. Er habe dem Verkäufer keine Frist gesetzt, um den Mangel zu beheben, sagte Richter Joachim Matz.

Außerdem sei fraglich, ob ein so schwerer Mangel vorliege, dass eine Rückgabe gerechtfertigt sei. Schließlich könne er seinen Wagen praktisch ohne Einschränkungen nutzen. Zudem liege keine arglistige Täuschung vor: Es sei nicht erkennbar, dass der Händler, der ihm den Wagen vor vier Jahren verkauft habe, von den Manipulationen des Herstellers wusste (Az.: 6 O 413/15).

Der Kläger argumentierte, die Betroffenen hätten monatelang auf eine Rückrufaktion gewartet, weil keine genehmigte neue Software-Version existierte. Eine Fristsetzung sei daher überflüssig gewesen. Außerdem drohe der Entzug der Zulassung des Wagens für den Straßenverkehr, wenn er als Fahrzeughalter die neue Software nicht aufspielen lasse. Zudem mindere der Skandal den Wiederverkaufswert seines Wagens.

Der Anwalt des beklagten Autohauses verwies auf die vom Kraftfahrt-Bundesamt genehmigte neue Software für den Wagen, bei der keinerlei Verschlechterungen zu befürchten seien. Das Gericht will die Argumente noch einmal abwägen, bevor das Urteil am 16. August verkündet werden soll.

Die Rechtsprechung ist in der Sache bislang uneinheitlich. Das Landgericht Bochum und einige weitere hatten die Klagen von VW-Kunden zurückgewiesen, die ihre Wagen wegen der Abgasmanipulationen an den Händler zurückgeben wollten. Das Landgericht Lüneburg verurteilte dagegen einen Händler, einen VW Passat zurückzunehmen (Az. 4 O 3/16). Es könne nicht das Problem des Autokäufers sein, wenn es mehr als ein Jahr dauere, um die Manipulation zu beheben. (jk)